Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tod des V-Manns Corelli: Zuckerschock im NSU-Komplex
> Ein Fremdeinwirken beim Tod des V-Manns „Corelli“ sei doch möglich, sagt
> ein Rechtsmediziner. Der Leichnam soll nun neu untersucht werden.
Bild: Rattengift kann auch Menschen töten. Ob das in diesem Fall passiert ist,…
BERLIN taz | Man kann sagen: Wenn sich einer auskennt, dann er. Werner
Scherbaum, Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 30
Jahren Behandler von Diabetes, Autor von mehr als 600 Fachartikeln,
Chefherausgeber der Zeitschrift Der Diabetologe.
Scherbaum hat also viel gesehen im Bereich der Zuckerkrankheit. Im April
2014 aber hatte es der 69-Jährige auch für seine Verhältnisse mit einem
besonderen Fall zu tun: der Leiche von Thomas Richter – besser bekannt als
„Corelli“, bundesweit vernetzter Neonazi und 18 Jahre lang Top-Spitzel des
Verfassungsschutzes.
Richter lag plötzlich tot in seiner Geheimwohnung in Paderborn, die ihm der
Verfassungsschutz nach seiner Enttarnung vermittelt hatte. Scherbaum prüfte
Blutwerte, dann entschied er: Hyperglykämie, ein Koma aufgrund einer
unerkannten Diabetes. Kein Zweifel, kein Fremdeinwirken.
Nun sollte Scherbaum dazu im NSU-Untersuchungsausschuss NRW sprechen – und
sorgte für helle Aufregung. Denn jetzt sagte er: Nach seinen neusten
Recherchen sei ein Fremdeinwirken zwar weiter extrem unwahrscheinlich –
aber doch möglich. Durch „Vacor“, Rattengift. Das lähme erst die
Bauchspeicheldrüse, führe dann zu einer Übersäuerung des Blutes und
letztlich zum Tod.
## Corelli stand auf der Kontaktliste des NSU
Eine Kehrtwende, die Scherbaum noch nicht oft hingelegt hat in seiner
Karriere. Und die den Fall „Corelli“ erneuert befeuert. Schon länger steht
der V-Mann steht im Verdacht, dem NSU näher gestanden zu haben als bisher
bekannt. Er stand auf einer Kontaktliste des Trios, übergab dem
Verfassungsschutz schon 2005 eine CD mit dem Titel „NSU/NSDAP“. Zuletzt
geriet das Amt in Erklärungsnot, weil dort plötzlich ein Handy und
Sim-Karten des Spitzels auftauchten.
Der neuerliche Wirbel sei ihm egal, sagt Scherbaum. Es gehe ihm um
wissenschaftliche Akkuratesse. Und er bleibe ja dabei: Die Todesumstände –
die offenbar über Tage währenden Beschwerden Richters vor seinem Ableben –
sprächen nicht für eine akute Vergiftung. „Hätte ihn jemand auf diesem Weg
töten wollen, hätte er eine höhere Dosis gegeben“, sagt Scherbaum. Aber:
Ganz ausschließen lasse sich der Mord eben nicht.
Die Staatsanwaltschaft Paderborn forderte Scherbaum nun auf, eine neue
Stellungnahme einzureichen. Liegt diese vor, soll der Leichnam „Corellis“
nochmals untersucht werden. Tiefgefrorene Gewebeproben lägen noch vor. An
der neuen Untersuchung wird Scherbaum nicht mehr beteiligt sein: Diese soll
ein Toxikologe machen. Bis dahin gedeiht der Mythos „Corelli“ weiter.
9 Jun 2016
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Rechter Terror
Verfassungsschutz
Corelli
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Diabetes
Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Rechter Terror
V-Leute
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Erkenntnisse zum Fall Corelli: Die Handy-Vermehrung
Immer mehr Handys des verstorbenen V-Manns tauchen auf. Inzwischen sind es
23. Der Verfassungsschutz gerät weiter in Erklärungsnot.
Haftbefehl gegen rechten V-Mann: Faule Fahndung
Der umstrittene Ex-Spitzel Ralf Marschner wird gesucht. Dabei ist sein
Aufenthaltsort bekannt. Das bringt die Sicherheitsbehörden in
Erklärungsnot.
NSU-Untersuchungsausschuss: Verfassungsschutzchef ist „explodiert“
Seine Behörde fand bisher verschlampte Beweismittel. Nun musste Hans-Georg
Maaßen im Bundestag aussagen und räumte „Schlamperei“ ein.
V-Mann „Corelli“ im NSU-Komplex: Erst ein Handy, jetzt vier Sim-Karten
Der Verfassungsschutz findet bei sich erneut Unterlagen des Ex-Spitzels
„Corelli“. Er gehört zu den strittigsten V-Leuten im gesamten Fall.
Neue NSU-„Panne“: Eine Blamage mehr
Der Verfassungsschutz findet ein Handy eines V-Manns aus dem NSU-Umfeld in
einem Schrank – der angeblich schon vier Mal durchsucht wurde.
Grüner über V-Leute bei der NPD: „Ein herausragender Grenzfall“
Der Politiker Jerzy Montag untersuchte den Fall des Top-V-Manns Thomas
„Corelli“ R. Gespräch über eine ernüchternde Bilanz, Regeln und Aktenles…
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.