# taz.de -- UN-Klimaschützerin für klaren Fahrplan: „Regierungen allein sch… | |
> Die neue Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats Patricia Espinosa | |
> warnt vor einem Rückfall ins „business as usual“. Klimaschutz sei | |
> Teamwork. | |
Bild: Ausgetrocknet: In Vietnam herrscht die längste Dürre seit 90 Jahren | |
taz: Frau Espinosa, auf der Halbjahres-Klimakonferenz in Bonn haben sich | |
die Länder wie eh und je in Kämpfen um die Tagesordnung verstrickt. Sind | |
die Delegationen nach dem Erfolg von Paris wieder im Normalbetrieb | |
angekommen? | |
Patricia Espinosa: Ich beginne meine Arbeit am 18. Juli und werde erst dann | |
den aktuellen Stand der Verhandlungen kommentieren. Aber auf eine gewisse | |
Weise ist es natürlich, dass wir nach der großen politischen Mobilisierung | |
von Paris jetzt in eine Phase kommen, wo wir sehr technische Fragen klären | |
müssen. Bei vielen Delegierten gibt es deshalb das Gefühl, wir seien wieder | |
zurück zum Business as usual. Aber ich bleibe optimistisch. Die politische | |
Führung in so vielen Ländern hat sich bewusst zum Klimaschutz verpflichtet, | |
schon jetzt haben 175 Länder das Pariser Abkommen unterschrieben. Aber es | |
ist natürlich eine Herausforderung, die technischen Probleme anzugehen: Wir | |
brauchen die gleichen Regeln und vergleichbare Standards bei der Messung | |
von Emissionen, Anpassung an den Klimawandel, Finanzen. Das sind Themen, | |
über die manche Ländern noch nicht in aller Tiefe nachgedacht haben. | |
Was sind die wichtigsten Themen, die jetzt anstehen? | |
Wir brauchen bei der Konferenz in Marrakesch im November einen klaren | |
Fahrplan, was wir in den nächsten Monaten und Jahren machen müssen. Welche | |
Werkzeuge brauchen wir, welches sind die besten Regeln für Transparenz? | |
Und: Wie erhalten wir das Vertrauen der Länder untereinander? | |
Was ist das Schwierigste? | |
Eine große Herausforderung sind immer die Finanzen. Auf der einen Seite ist | |
es die Suche nach Geldquellen und der Finanzbedarf. Auf der anderen Seite | |
müssen auch erst einmal gute Projekte gefunden werden, die überhaupt | |
finanziert werden können. | |
Sie haben 2010 erfolgreich die Klimakonferenz von Cancún geleitet. Was | |
haben Sie daraus für Ihren neuen Job gelernt? | |
In Cancún haben wir die Basis für Paris gelegt. Die Lektion war: Der | |
Prozess muss alle einschließen, wir müssen allen zuhören, nicht nur den | |
Regierungen. Wir brauchen die NGOs, die Unternehmen, die Städte. Die | |
Regierungen allein werden es nicht schaffen, das Pariser Abkommen | |
umzusetzen und die Resultate zu erreichen, die wir brauchen. Inklusiv und | |
transparent sein, das ist der Schlüssel. Wir haben die großen Verschmutzer | |
und die wichtigen Akteure, aber wir müssen auch spezielle Aufmerksamkeit | |
den am wenigsten entwickelten Ländern widmen und den Inselstaaten. | |
Ist nicht die Wirtschaft wichtiger als die Regierungen? Der Preisverfall | |
bei Solarenergie hat doch mehr bewirkt als politische Entscheidungen. | |
Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, Teamwork. Die Regierungen müssen den | |
richtigen Rahmen setzen, damit die Wirtschaft ihre Beiträge entwickeln | |
kann. Das ist ein Prozess, bei dem verschiedene Akteure gleichzeitig | |
handeln müssen. | |
Wäre dieser Prozess nicht einfacher mit klaren Zielen: Dekarbonisierung bis | |
2050, oder 100 Prozent erneuerbare Energie bis 2040? | |
Die nötigen Veränderungen erfordern es, auf die spezifische Situation jedes | |
Landes zu schauen. Und da gibt es eine große Bandbreite. Es ist sehr gut, | |
dass wir Ziele haben, auf die sich alle Akteure beziehen. Aber wir müssen | |
auch sehr umsichtig bei den nationalen Umständen sein, wenn wir den | |
Klimawandel unter 2 Grad oder am besten unter 1,5 Grad halten wollen. | |
Die „nationalen Umstände“ sind schwierig, wenn sich die Volkswirtschaften | |
vor allem aus Öl, Gas und Kohle finanzieren. Ihr eigenes Land, Mexiko, | |
bezieht etwa 25 bis 30 Prozent seines Staatshaushalts vom Öl. | |
Wir sind vom Öl nur abhängig, was die Steuereinnahmen angeht. Das erklärt | |
beim niedrigen Ölpreis derzeit auch die Kürzungen der Ausgaben. Aber an der | |
gesamten Volkswirtschaft macht Öl nur etwa 10 Prozent aus. | |
Immer noch eine ganze Menge. Ist da Klimaschutz nicht eine Bedrohung? | |
Keine Bedrohung, aber eine Herausforderung, ja. Aber es gibt Chancen, die | |
anderen Sektoren zu entwickeln. In Mexiko etwa gibt es ein großes Potenzial | |
für Biomasse, Windkraft, viele andere Energiequellen. Und andere Ölländer | |
machen auch schon den Übergang. | |
Muss man als UNFCCC-Chefin Optimistin sein? | |
Auf jeden Fall. Du musst an die Möglichkeiten glauben, die es gibt. | |
25 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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