| # taz.de -- Porsche und die Nachhaltigkeit: Höllenfeuer mit Biogas | |
| > Sportwagen und Kampfflugzeuge sind selten öko, trotzdem veröffentlichen | |
| > Porsche und Lockheed Martin „Nachhaltigkeitsberichte“. Und das ist gut | |
| > so. | |
| Bild: Wie umweltverträglich kann das da wohl sein? | |
| Falls Sie jemals durch die Ruinen einer Stadt irren, die von einer | |
| Atombombe pulverisiert wurde, dann hoffen Sie, dass es eine US-Atombombe | |
| war. Weil dann die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass keine | |
| Konfliktmineralien im Spiel waren. Das sind jene Mineralien, die aus | |
| Bürgerkriegsländern kommen. So was will man nun wirklich nicht | |
| unterstützen. | |
| Porsche hat am Montag seinen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Porsche | |
| baut zwar keine Atomraketen, das macht der Rüstungskonzern Lockheed Martin. | |
| Der hat kürzlich auch seinen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, in dem | |
| er erklärt, dass er sorgsam darauf achtet, Zinn, Tantal, Wolfram und Gold | |
| nur noch von zertifizierten Zulieferer zu beziehen, nicht aus | |
| Bürgerkriegsländern wie dem Kongo. | |
| Porsche wiederum will an den Standorten Leipzig und Zuffenhausen seinen | |
| CO2-Ausstoß zwischen 2010 und 2018 um ein Viertel senken. | |
| Passt das zusammen? Unternehmen, die offensichtlich etwas bauen, was nie | |
| und nimmer öko und sozial sein kann, machen einen auf „nachhaltig“? Was als | |
| nächstes? Ein Nachhaltigkeitsbericht von Satan? Das Höllenfeuer wird auf | |
| Biogas umgestellt, im Feuerpfuhl gibt’s Schwefelgrenzwerte. | |
| ## Utopien gerne, aber… | |
| Warum eigentlich nicht? Die Welt wäre besser, würden weder Waffen noch | |
| unnütze Autos gebaut, aber leider gibt es diese Welt in absehbarer Zeit | |
| nicht. Für eine solche einzutreten ist uneingeschränkt sinnvoll. Utopisch, | |
| ja, aber wer weiß. Die Römer hätten auch nicht gedacht, dass irgendwann | |
| jemand die Sklaverei abschafft. | |
| Was aber machen wir bis zur Verwirklichung der Utopie? Einfach Autobauer | |
| und Waffenproduzenten vor sich hin werkeln lassen? Relativ unbehelligt vom | |
| Lichte der Öffentlichkeit passiert tatsächlich etwas: Ein | |
| Nachhaltigkeitsbericht ist längst mehr als eine nutzlose | |
| Hochglanzbroschüre. Lockheed Martin und Porsche sind nur zwei plakative | |
| Beispiele von globalen Konzernen, die solche Berichte schreiben. Es gibt | |
| dafür feste Standards, der bekannteste heißt GR4, das steht für die vierte | |
| Version der Global Reporting Initiative. Ab nächstem Jahr haben alle | |
| Großkonzerne der EU die Pflicht, sogenannte nicht finanzielle Kennzahlen zu | |
| veröffentlichen. | |
| Dazu zählt eine ganze Menge: Energieverbrauch, Müllproduktion, | |
| Recyclingquote, Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, Schadstoffausstoß, | |
| Parteispenden und andere Lobbyausgaben, Frauenquoten, Kontrolle von | |
| Lieferketten. Schaut man bei Porsche genau hin, steht da, dass Lieferanten | |
| nur „teilweise“ auf Menschenrechtskriterien überprüft sind. | |
| Aus den Berichten lässt sich mit etwas Mühe zumindest teilweise | |
| herauslesen, wie gut oder schlecht Unternehmen auf die Umwelt und soziale | |
| Aspekte achten. Man muss nur die Grinsefressen und Naturbilder in den | |
| Broschüren ausblenden. | |
| Es erfordert zudem jahrelange Praxis im Zen-Buddhismus, um angesichts des | |
| selbstgerechten Stusses, den die PR-Abteilungen da so absondern, nicht im | |
| Strahl zu kotzen: „Übernahme von Verantwortung für Mensch, Umwelt und | |
| Gesellschaft [ist] eine zentrale Aufgabe und Zielsetzung des Unternehmens“, | |
| heißt es bei Porsche. „Wir schaffen Lösungen für globale Herausforderungen | |
| für eine bessere Zukunft“, schreibt Lockheed Martin, Produzent von | |
| [1][Trident II-D5-Atomraketen]. | |
| Aber egal. Das sind die Nebenwirkungen des Versuches, Unternehmen generell | |
| mehr Verantwortung abzuknöpfen. Das wirkt bei manchen bisweilen eben | |
| lächerlich. Und jetzt vergessen Sie Atombomben. Stellen Sie sich vor, auf | |
| einer grünen Wiese mit Schmetterlingen zu sitzen. | |
| 24 May 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.facing-finance.org/de/database/cases/production-of-nuclear-weapo… | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
| ## TAGS | |
| Autoindustrie | |
| Porsche | |
| Nachhaltigkeit | |
| Globalisierung | |
| Lichtblick | |
| Unternehmen | |
| Entwicklungszusammenarbeit | |
| Formel E | |
| Dieselskandal | |
| Dieselskandal | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Globale Arbeitsstandards: Menschenrechte sind Kür | |
| Über 1.000 Opfer beim Fabrikeinsturz, hunderte bei Bränden, Suiziden: Was | |
| tun Firmen, um die Standards bei ihren Zulieferern zu verbessern? | |
| Zweifelhafte Öko-Energie: Erdgas für Veganer | |
| Viele Ökogas-Anbieter betreiben Etikettenschwindel, sagen Experten des | |
| Vereins Grüner Strom Label. Nur wenige halten sich an dessen Kriterien. | |
| Renate Künast zu Ethikgesetz für Firmen: „Der Entwurf ist zu dünn“ | |
| Die Grünen-Politikerin kritisiert das geplante Gesetz zur | |
| Unternehmensverantwortung: Es lade zu Übertretungen ein und sein | |
| Geltungsbereich sei zu klein. | |
| Nachhaltigkeitsziele der Regierung: Entwicklungshilfe für Deutschland | |
| Beim Treffen des Nachhaltigkeitsrats präsentiert Angela Merkel die neuen | |
| Ziele für Deutschland: Kampf gegen Hunger, Armut, Umweltprobleme. | |
| Umstrittenes Formel-E-Rennen in Berlin: Einblicke in eine verkehrte Welt | |
| Bei dem Autorennen durch Mitte wurde vom Senat versäumt, für | |
| Elektromobilität zu werben. Dafür sammelten andere für den Volksentscheid | |
| Fahrrad. | |
| Kommentar Prämie für Elektroautos: Belohnung für Dieselgate | |
| Die Regierung bedient die Autoindustrie. Sie gibt ihr saftige Subventionen | |
| gegen die Angst, den anderen mit toxischen VWs hinterherzudieseln. | |
| Tricksen bei der Abgasreinigung: 630.000 Autos werden zurückgerufen | |
| Das Verkehrsministerium stellt fest, dass nicht nur VW getrickst hat. Die | |
| Hersteller wollen nun Hunderttausende Autos zurückrufen. |