# taz.de -- Was kostet das Fahrradgesetz?: Höchst umstrittene Rechenspiele | |
> Die amtliche Kostenschätzung für die Umsetzung des „Berliner | |
> Fahrradgesetzes“ sorgt bei InitiatorInnen und UnterstützerInnen für Ärger | |
> und Verwunderung. | |
Bild: Ganz schön kompliziert, sich ein stimmiges Bild von den Kosten des Radge… | |
„Wir begrüßen, dass der Senat in luxuriöse Radwege investiert. Das ist ein | |
starkes konjunkturelles Signal an die Bauindustrie.“ Heinrich | |
Strößenreuther vom „Volksentscheid Fahrrad“ hat nur Sarkasmus übrig für… | |
amtliche Kostenschätzung, mit der die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung | |
die Kosten des „Berliner Fahrradgesetzes“ beziffert. Dass der Bau von | |
sicheren Radanlagen, Radschnellwegen und Abstellanlagen, die Einrichtung | |
von Fahrradstraßen und mehr Personal für Verkehrsplanung und -kontrolle | |
2,17 Milliarden Euro kosten soll, kann sich der Aktivist nur so erklären: | |
„Der Senat hält die Radverkehrsinfrastruktur für noch viel maroder als | |
wir.“ | |
Mit ihrer eigenen Kostenschätzung lag die Initiative weit hinter dem Senat: | |
320 Millionen Euro hält sie für ausreichend, um die Forderungen des | |
Gesetzes zu erfüllen. Die astronomische Diskrepanz zwischen beiden Zahlen | |
will man beim „Volksentscheid Fahrrad“ jetzt prüfen, eine Stellungnahme | |
soll es erst am 13. Juni geben. Dann wird auch verkündet, ob bereits die | |
erforderlichen 20.000 Unterschriften für den Antrag auf ein Volksbegehren | |
gesammelt wurden. Theoretisch wäre dafür bis Mitte November Zeit. | |
Der Stadtplaner und Architekt Tim Lehmann, der sich beim „Volksentscheid | |
Fahrrad“ engagiert, hält die Berechnungen des Senats für zu kurz gedacht. | |
Mögliche Fördermittel von Bund und EU, etwa für Radschnellwege, seien nicht | |
in Betracht gezogen worden. Und: „Die Sanierung fast aller Berliner | |
Hauptstraßen stünde wohl auch ohne den Volksentscheid in den nächsten zehn | |
Jahren an“. | |
## 1 Milliarde Euro Differenz | |
Tatsächlich macht der Punkt „Sichere Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen“ | |
den Löwenanteil der Senatsschätzung aus – denn, so argumentiert man im Haus | |
von Senator Andreas Geisel (SPD), die Umsetzung in nur acht Jahren | |
erschwere die Nutzung von Synergieeffekten bei der Sanierung von Straßen | |
oder U-Bahn-Tunneln. Trotzdem sehen hier selbst Geisels Verkehrsexperten | |
einen bemerkenswerten finanziellen Spielraum von ziemlich genau einer | |
Milliarde Euro: die Differenz zwischen 1,392 Milliarden bei sehr hohen | |
baulichen Standards und 398 Millionen im Falle einer Schmalspurausführung. | |
Dass die Autoren der amtlichen Kostenschätzung einen möglichst Ehrfurcht | |
gebietenden Betrag generieren wollten, ahnt selbst der Laie. So wird die | |
Forderung nach Fahrradstaffeln „bei allen Polizeidirektionen und | |
Ordnungsbehörden“ flugs dahingehend ausgelegt, dass jeder Berliner Bezirk | |
eine 20-köpfige Einheit anheuern und ausstatten muss. Das kostet – in acht | |
Jahren fast 80 Millionen Euro. | |
Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, hat die | |
zentralen Punkte der Kostenschätzung überschlagen und kommt auf weitaus | |
niedrigere Zahlen. Die Senatsverwaltung habe „eine Mondzahl generiert“, | |
sagt er. Dass für Radanlagen, die je nach Gegebenheit auch mit Markierungen | |
zu bewerkstelligen sind, ein höherer Kilometerpreis veranschlagt wird, als | |
derzeit für bauliche Radwege anfällt – die teuerste Variante –, kann er | |
nicht nachvollziehen. | |
Verwundert ist Gelbhaar über die Rechnung, die der Senat bei den | |
Radschnellwegen aufmacht. Obwohl man sich angeblich an der Planung des | |
„Radschnellwegs Ruhr“ orientiert hat, soll ein Kilometer Schnellweg in | |
Berlin nicht 1,87 Millionen Euro wie in NRW kosten, sondern 3,25 Millionen | |
Euro. Warum auch immer: Bis auf die Aktivierung von Stammbahn und der | |
Siemensbahn sind offiziell noch gar keine Routen im Gespräch. | |
22 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
Volksentscheid Fahrrad | |
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung | |
Verkehrsplanung | |
Radverkehr | |
Volksentscheid Fahrrad | |
Volksentscheid Fahrrad | |
Direkte Demokratie | |
Volksentscheid Fahrrad | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Das war die Woche II: Für anderes hat die SPD genug Geld | |
Das Berliner Fahrradgesetz der Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ ist dem | |
Senat viel zu teuer. Dabei ist „teuer“ ein relativer Begriff. | |
Das war die Woche in Berlin I: Absurdes Szenario für Radfahrer | |
Der Senat hat gerechnet, was der Volksentscheid Fahrrad kosten würde und | |
kommt auf astronomische 2,1 Milliarden Euro. Das zeigt: Senator Geisel hat | |
Angst. | |
Direkte Demokratie in Berlin: Volksentscheid-Retter brauchen Hilfe | |
50.000 Unterschriften will eine Initiative bis Ende des Monats sammeln. | |
Bisher hat sie lediglich 15.000. | |
taz-Streit zum Fahrrad-Volksentscheid: „Da geht bei mir der Puls hoch“ | |
Braucht Berlin den „Volksentscheid Fahrrad“? Initiator Heinrich | |
Strößenreuther und Staatsekretär Christian Gaebler (SPD) sind | |
unterschiedlicher Meinung. |