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# taz.de -- Bericht zu Forschung und Innovation: Wankas Leistungsbilanz
> Für Ministerin Wanka sind die Daten im Bundesforschungsbericht ein
> Erfolg. Doch wichtige Punkte werden dort nicht angesprochen.
Bild: Flugzeugfroschung am ZAL in Hamburg: Rund 600.00 Arbeitsplätze gibt es i…
Berlin taz | „Deutschland hat seine wissenschaftliche Leistungsfähigkeit
weiter gesteigert“, verkündete Johanna Wanka als zuständige Ministerin am
Mittwoch bei der Vorstellung des [1][„Bundesberichts Forschung und
Innovation“]. Allerdings habe auch der internationale Wettbewerbsdruck
zugenommen: Immer mehr Länder nutzen die Wissenschaft, um innovative
Produkte schneller auf den Markt zu bringen.
Knapp 80 Milliarden Euro ließen sich Staat und Unternehmen in Deutschland
2013 diese Anstrengungen für Forschung und Entwicklung (FuE) kosten. In der
Tabelle der innovativsten Länder rangiere die Bundesrepublik wechselnd auf
Platz vier oder fünf.
Besonders stolz präsentierte die Ministerin die Zahl der Beschäftigten in
diesem Teilbereich des Wissenschaftssystems (ohne akademische Lehre).
„Erstmals sind über 600.000 Menschen in Forschung und Entwicklung tätig“,
so Wanka, was eine Steigerung um mehr als ein Fünftel gegenüber dem Jahr
2000 sei.
Die Forschung boomt in Deutschland, so die Botschaft. Genau genommen gab es
im Jahr 2014 nach den Berechnungen der Forschungsstatistiker 603.911
sogenannte Vollzeit-Äquivalent-Stellen in den Forschungslabors und
Entwicklungsabteilungen (plus 2,6 Prozent gegenüber 2013). Dabei handelt es
sich um eine Kunstzahl, in der auch die Halbtags- und Drittelstellen
zusammengerechnet werden. Faktisch sind also weit mehr als 600.000 Personen
in der Forschung tätig.
## Konzentration auf vier Sektoren
Bei genauerer Betrachtung des Zahlenwerks, in dem alle zwei Jahre sämtliche
Bundesministerien ihre Forschungsaktivitäten zusammenfassen, finden sich
allerdings auch Fakten, die für Jubelfanfaren wenig geeignet sind. So etwa
beim Kerndatum der Wirtschaft: Deren FuE-Ausgaben haben nämlich eine
Wachstumspause eingelegt – sind von 53,8 Milliarden Euro in 2012 auf 53,6
Milliarden Euro in 2013 sogar leicht geschrumpft. Für 2014 sollen die
FuE-Ausgaben der Wirtschaft wieder um 6,4 Prozent gestiegen sein, ein
weiteres Wachstum sei geplant.
Allerdings sind diese aktuellen Zahlen nicht im Bericht enthalten.
Bedenklich ist auch die hohe Konzentration der Industrieforschung auf nur
vier Sektoren (Auto, Elektro, Pharma, Chemie). „Nachdenklich macht uns vor
allem, dass die FuE-Ausgaben in den kleinen und mittleren Unternehmen
bisher nicht dazu führen, diesen Sektor innovativer zu machen“, bemerkte
Wanka selbstkritisch. Auch deshalb habe ihr Forschungsministerium ein neues
Förder- und Betreuungsprogramm für KMU aufgelegt.
Kritik an dem Bericht gab es am Kabinettstisch am Mittwoch zwar nicht.
Dafür tags zuvor von anderer Seite: Der [2][Sachverständigenrat für
Umweltfragen (SRU)] hatte sich in seinem neuesten Jahresgutachten auch die
Innovations- und Forschungspolitik der Regierung angeschaut und war konkret
für die Energieforschung zu bedenklichen Befunden gelangt. Hier sei die
„interministerielle Zusammenarbeit [. . .] weiter deutlich
verbesserungsfähig“.
## Schlechte Mitsprachemöglichkeiten
Neue Aktivitäten des Hauses Wanka, sich etwa mit den „Kopernikus-Projekten
für die Energiewende“ jenseits der Grundlagenforschung zu engagieren (400
Millionen Euro), würden „vom federführend zuständigen Bundesministerium f�…
Wirtschaft und Energie (BMWi) kritisch betrachtet“, notieren die
Umweltgutachter. Auch im „Forschungsforum Energiewende“ des
Bundesforschungsministeriums (BMBF) gebe es keine sachgerechte Beteiligung
von Umweltverbänden. Die „etablierten Akteure“ der großen
Forschungsorganisationen könnten dort „ihre Interessen weiterhin gut
durchsetzen“, so der SRU, „während zivilgesellschaftliche Organisationen zu
bestimmten informellen Netzwerken keinen Zugang haben“.
Auch beim Thema „Soziale Innovationen“ leistet sich der Innovationsbericht
der Regierung eine blamable Leerstelle. Dabei hatte gerade im Februar die
[3][„Expertenkommission Forschung und Innovation“ (EFI)], ebenfalls im
Regierungsauftrag tätig, die dringende Unterstützung von mehr Forschung für
und aus der Gesellschaft angemahnt. Beispiele wären Ansätze einer „Sharing
Economy“ zu besseren Ressourcennutzung, Senkung des Energieverbrauchs durch
veränderte Konsummuster oder Coaching-Initiativen zur Integration von
Frauen und Migranten in den Arbeitsmarkt.
„Hier sind mutige Schritte nötig, um mit neuen Formaten der Partizipation
und neuen Förderinstrumenten zu experimentieren“, sagt
EFI-Kommissionsvorsitzender Dietmar Harhoff, dessen [4][Max-Planck-Institut
für Innovation und Wettbewerb] in München am Freitag sein 50-jähriges
Bestehen feiert. Im Bundesforschungsbericht dazu nur die gewohnte
politische Partizipationslyrik. Neue Impulse wie die Bürgerforschung
(Citizen Science), räumte Ministerin Wanka auf Nachfrage der taz ein, seien
noch zu frisch: „Im Bundesforschungsbericht hat das darum noch keine
Effekte“.
12 May 2016
## LINKS
[1] https://www.bmbf.de/de/bundesbericht-forschung-und-innovation-735.html
[2] http://www.umweltrat.de/DE/DerSachverstaendigenratFuerUmweltfragen/dersachv…
[3] http://www.e-fi.de/
[4] http://www.ip.mpg.de/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
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