# taz.de -- Drei Prozent für die Forschung: Autoforscher geben Vollgas | |
> Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung erreichen in Deutschland | |
> erstmals die Drei-Prozent-Quote. Am meisten gibt die Autoindustrie aus. | |
Bild: Automatische Steuersysteme und die Umstellung auf Elektrofahrzeuge wird d… | |
BERLIn taz | Seit Langem wurde das Ziel von der deutschen Forschungspolitik | |
angepeilt. Diese Woche konnte der Stifterverband für die deutsche | |
Wissenschaft Vollzug melden: Die magische Drei-Prozent-Quote wurde bei den | |
FuE-Ausgaben in 2015 erstmals erreicht. Was bedeutet: 3 Prozent des | |
deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden für Forschung und Entwicklung | |
ausgegeben; das entspricht rund 90 Milliarden Euro. | |
Der Sprung ins Oberhaus der europäischen Innovations-Champions wurde | |
möglich durch den starken Anstieg der Unternehmensausgaben für FuE, die | |
sich in 2015 nach Erhebung der Wissenschaftsstatistik des Stifterverbands | |
auf 62,4 Milliarden Euro beliefen, ein Plus von 9,5 Prozent gegenüber dem | |
Vorjahr. Der größte Teil dieses Geldes geht nicht in die experimentelle | |
Laborforschung, sondern in die Technikabteilungen der Firmen, die damit | |
neue Produkte entwickeln und alten Produkten einen neuen Look geben. | |
Platzhirsch in der deutschen Industrieforschung ist unangefochten die | |
Automobilbranche, die 21,7 Milliarden Euro für ihre interne FuE steckte | |
(plus 10 Prozent) und weitere 10,2 Milliarden Euro (plus 9 Prozent) in | |
externe Forschungsaufträge an öffentliche Einrichtungen und andere | |
Unternehmen vergab. | |
Ob das Geld der Autoforscher in die Optimierung von Abgas-Betrugssoftware | |
floss oder schon die Wende zur Elektromobilität mit völlig neuen | |
Antriebskonzepten andeutet, können die Forschungsstatistiker zwar nicht | |
beantworten, sie stellen aber fest, dass keine andere Branche in | |
Deutschland ein solches Innovationstempo hinlegt. | |
Zum Vergleich: Die FuE-Ausgaben der Chemieindustrie erhöhten sich nur um 6 | |
Prozent, in der Informations- und Kommunikationstechnik waren es in Zeiten | |
der Digitalisierung nur überraschende 0,4 Prozent mehr, während sie im | |
Maschinenbau mit Ausgaben von 5,2 Milliarden Euro sogar um 0,2 Prozent | |
rückläufig waren. Auch die Pharmabranche forschte bei sich weniger (minus | |
0,9 Prozent), vergab aber um 25 Prozent mehr FuE-Aufträge nach draußen. | |
Eine gemischte Innovationslandschaft mithin, aus der allerdings | |
heraussticht, dass die Klein- und Mittelunternehmen (KMU) nach Jahren der | |
Erfinderschwäche nun wieder 10 Prozent mehr in die Forschung investieren. | |
## Arbeitsplätze in der Forschung | |
Auch die Zahl der Beschäftigten in der Industrieforschung nahm zu: um 11,9 | |
Prozent auf 410.000 umgerechnete Vollzeitstellen. In 2014 belief sich das | |
FuE-Personal in der Wirtschaft noch auf 371.000 Personen, während in den | |
Hochschulen 132.000 und in den staatlichen außeruniversitären | |
Forschungsinstituten 101.000 FuE-Kräfte beschäftigt waren. | |
Das Ziel von drei Prozent hatte die Europäische Union zu Beginn des | |
Jahrhunderts als Leitmarke für alle Mitgliedsländer ausgegeben, um den | |
Kontinent zum modernsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt | |
zu entwickeln. Davon ist heute keine Rede mehr. | |
Die FuE-Quote lag im EU-Raum 2015 bei 2,03 Prozent, wie die europäische | |
Statistikbehörde Eurostat im letzten Monat ermittelte. Am höchsten war die | |
FuE-Intensität 2015 in Schweden (3,26 Prozent), Österreich (3,07 Prozent) | |
und Dänemark (3,03 Prozent), wo die FuE-Ausgaben jeweils bei über 3 Prozent | |
des BIP lagen, dicht gefolgt von Finnland (2,9 Prozent). | |
Auch Deutschland, das jetzt nominell 2,99 Prozent erreicht hat, zählt sich | |
nun zum Drei-Prozent-Club. „Wenn man so nah dran ist“, erklärt eine | |
Sprecherin des Bundesforschungsministeriums gegenüber der taz, „wird | |
aufgerundet.“ | |
15 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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