# taz.de -- Forschungsministerin Schavan jubelt: Kohle für die Forschung | |
> Der Bund erhöht die Ausgaben für Forschung und Innovation. Aber reicht | |
> das, um Deutschland fit zu machen für den internationalen | |
> Technologie-Wettbewerb? | |
Bild: Forschungsministerin Schavan jubelt - Innovationsexperten sehen "Wolken a… | |
Es waren blumige Worte, die Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) | |
fand. Die Forschung sei Deutschlands "Wachstumsmotor". Die | |
"High-Tech-Strategie" der Regierung wirke. "Das Innovationsklima hat sich | |
verbessert." | |
Was Schavan zum Jubeln brachte, sind die Zahlen ihres "Bundesberichts | |
Forschung und Innovation". Demnach haben sich die Ausgaben des Bundes für | |
Forschung und Entwicklung um rund ein Viertel von 9 Milliarden Euro im Jahr | |
2005 auf 11,2 Milliarden Euro im Jahr 2008 erhöht - so viel wie nie zuvor, | |
sagte Schavan. | |
Die Opposition runzelte die Stirn. "Schavans Jubelmeldungen beruhen auf | |
Sollzahlen", so die forschungspolitische Sprecherin der FDP, Ulrike Flach. | |
"Wir wären schon froh, wenn am Ende des Jahres wirklich einmal 10 | |
Milliarden Euro in die Wissenschaft fließen würden." | |
Stark angestiegen ist laut Schavan die Förderung für die Biotechnologie, in | |
die rund 340 Millionen Euro fließen, und die Energieforschung (540 | |
Millionen Euro). Mit am meisten Geld fließt mit 890 Millionen Euro in die | |
Weltraumforschung und mit 620 Millionen Euro in Gesundheit und Medizin. Die | |
Erforschung von Klima- und Ressourcenschutz wird mit einer halben Milliarde | |
gefördert. | |
Doch trotz der deutlichen Steigerung ist Deutschland vom sogenannten | |
Lissabon-Ziel der EU noch deutlich entfernt. Dies sieht vor, dass die | |
Mitgliedstaaten ihre Forschungsausgaben bis 2010 auf 3 Prozent des | |
Bruttoinlandprodukts bringen. Hierbei werden die Ausgaben von Bund, Ländern | |
und Wirtschaft zusammengerechnet. Dieser Wert stagnierte in Deutschland | |
zwischen 1990 und 2006 bei rund 2,5 Prozent. Länder wie Israel, Schweden | |
oder Finnland liegen hingegen bereits seit längerem deutlich über 3 | |
Prozent. Schavan meint, Deutschland könne in diesem Jahr eine Quote von 2,7 | |
Prozent erreichen, 2009 sei gar ein Anteil von 2,85 möglich. "Wir halten am | |
3-Prozent-Ziel" fest, sagte sie. | |
Doch hier könnte ihr Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) einen Strich | |
durch die Rechnung machen. Der hatte die geplanten 450 Millionen Euro | |
Mehrausgaben der Forschungsministerin für 2009 als überzogen kritisiert. Er | |
drohte Schavan - wie drei anderen Ministern -, die Etathoheit zu entziehen. | |
Bei den Etatverhandlungen wird Schavan deshalb wohl Kürzungen hinnehmen | |
müssen. "Es wird sich zeigen, wie viel umsetzbar ist", sagte sie nun. | |
Der forschungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Jörg | |
Tauss, kritisierte die Koalitionspartnerin aus anderen Gründen. Die | |
Forschungsförderung stärke zu sehr den Süden. Zudem werde für die | |
Hochschulen zu wenig getan. "Unsere Universitäten sind überfüllt und | |
unterfinanziert", sagte Tauss der taz. "Das 3-Prozent-Ziel zu erreichen | |
bringt wenig, wenn die Basis an den Hochschulen wegbricht." Für Priska | |
Hinz, forschungspolitische Sprecherin der Grünen, liegen "die größten | |
Gefahren für den Innovationsstandort Deutschland" im stagnierenden | |
Bildungsniveau und der geringen Weiterbildung. | |
Mit dem Forschungsbericht reagiert das Bildungsministerium gleichzeitig auf | |
das erste Gutachten der neu gegründeten "Expertenkommission Forschung und | |
Innovation" vom Februar, ein ähnliches Gremium wie der | |
Wirtschaftssachverständigenrat. Die Kommission hatte von "Wolken am | |
Horizont" gesprochen und einen Fachkräftemangel von 100.000 Ingenieuren und | |
Naturwissenschaftlern in den nächsten fünf Jahren prognostiziert. Das | |
Gremium forderte unter anderem einen leichteren Zuzug ausländischer | |
Fachkräfte, mehr Frauen in technischen Studiengängen und niedrigere | |
Abbrecherquoten an den Unis sowie generell bessere Bildungschancen für | |
sozial Benachteiligte. | |
Zu solchen Innovationen schwieg Schavan am Mittwoch. Sie hat diese Lesart | |
des Papiers: "Unsere Investitionen setzen an der richtigen Stelle an." | |
22 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
## TAGS | |
Johanna Wanka | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Bericht zu Forschung und Innovation: Wankas Leistungsbilanz | |
Für Ministerin Wanka sind die Daten im Bundesforschungsbericht ein Erfolg. | |
Doch wichtige Punkte werden dort nicht angesprochen. | |
Förderung der Energieforschung: Kopernikanische Wende | |
Mit vier Großprojekten soll die Wissenschaft den Umbau der | |
Energiewirtschaft flankieren. Vor allem langfristige Projekte werden | |
gefördert. |