# taz.de -- Gesetzentwurf der Bundesregierung: „Legal Highs“ werden illegal | |
> Die Bundesregierung hat den Entwurf für ein Gesetz gegen neue | |
> „psychoaktive Substanzen“ beschlossen. Sie will damit „Legal Highs“ | |
> bekämpfen. | |
Bild: Horst Seehofer muss sich keine Sorgen machen: Seine Droge soll nicht verb… | |
FREIBURG taz | Mit einem neuen Ansatz will die Bundesregierung das Hase- | |
und Igel-Spiel bei den so genannten „Legal High“-Drogen beenden. Statt | |
einzelne Substanzen sollen künftig ganze Stoffgruppen verboten werden. | |
Hierfür soll es ein spezielles Gesetz gegen „neue psychoaktive Substanzen“ | |
geben, dessen Entwurf die Bundesregierung an diesem Mittwoch beschlossen | |
hat. | |
„Legal Highs“ nennt man künstliche Drogen, die noch nicht in die Liste der | |
strafbaren Betäubungsmittel aufgenommen wurden. Es geht zum Beispiel um | |
Cannabinoide, die ähnliche Wirkung wie Cannabis haben. Für den Verkauf | |
werden sie oft mit Kräutern versetzt und als Kräutermischungen angeboten. | |
Andere Typen firmieren als Badesalze. | |
Hergestellt werden die neuen psychoaktiven Substanzen meist in Asien. Sie | |
werden dann, so die Regierung, von europäischen Händlern verarbeitet und | |
verpackt. Der Verkauf erfolgt überwiegend über Internet-Shops und | |
stationäre Head-Shops. | |
Nach Angaben der Bundesregierung wurden in den letzten Jahren rund 560 neue | |
psychoaktive Substanzen bekannt, allein im Jahr 2015 waren es 100. Verboten | |
wurden deutlich weniger. Bis zum Verbot sind die Stoffe derzeit legal, aber | |
nicht ungefährlich. | |
## Übelkeit, Herzrasen, Kreislaufversagen, Wahnvorstellungen | |
Die Bundesregierung spricht von Symptomen wie Übelkeit, Herzrasen, | |
Kreislaufversagen und Wahnvorstellungen. Es soll sogar schon Tote gegeben | |
haben. Da bis zum jeweiligen Verbot immer wieder neue Substanzen auf den | |
Markt kommen, können die Käufer auch kaum Erfahrungen mit der Wirkung | |
dieser Drogen sammeln. | |
Bis 2014 versuchten die deutschen Behörden, gegen die „Legal Highs“ | |
vorzugehen, indem sie diese als nicht genehmigte Arzneimittel behandelten. | |
Auch dann wäre der Handel mit ihnen strafbar gewesen. | |
Diesen Trick unterband jedoch der Europäische Gerichtshof. Synthetische | |
Cannabinoide seien der menschlichen Gesundheit nicht zuträglich, also | |
handele es sich auch um keine Arzneimittel. Der Bundesgerichtshof musste | |
darauf die Verurteilung mehrerer Verkäufer aufheben und diese freisprechen. | |
Künftig soll der Gesetzgeber nicht mehr warten müssen, bis die | |
Gefährlichkeit konkreter Substanzen nachgewiesen wird. Vielmehr sollen | |
gleich ganze Stoffgruppen verboten werden. | |
Den Anfang machen synthetische Cannabinoide, deren Wirkung Cannabis ähnelt, | |
und von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen, die mit Amphetamin | |
verwandt sind. Beide Stoffgruppen sollen zusammen rund zwei Drittel der | |
zuletzt bekannt gewordenen neuen psychoaktiven Substanzen erfassen. Weitere | |
Stoffgruppen könnte später das Gesundheitsministerium per Verordnung für | |
illegal erklären. | |
## Bloßer Besitz weiterhin nicht strafbar | |
Um ganze Stoffgruppen verbieten zu können, werden diese zunächst nicht im | |
Betäubungsmittelgesetz (BtmG) erfasst, sondern mit dem neuen Gesetz gegen | |
psychoaktive Substanzen. Dort sind zum Beispiel die Strafdrohungen | |
niedriger. Handeltreiben kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder | |
Geldstrafe bestraft werden, während nach dem BtmG bei einfachem | |
(nicht-gewerbsmäßigem) Handel bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe möglich | |
sind. | |
Der bloße Besitz von neuen psychoaktiven Stoffen ist (anders als bei | |
klassischen Drogen) nicht strafbar, aber verboten. Das heißt die Substanzen | |
können beschlagnahmt und vernichtet werden. | |
Nachweislich gefährliche „neue psychoaktive Substanzen“ sollen auch in | |
Zukunft individuell verboten und nach dem BtmG behandelt werden. Das neue | |
Gesetz ist praktisch eine Vorstufe, die die Zeit bis zum Verbot abdeckt. | |
Bei den erfassten Stoffgruppen kann es dann keine „Legal Highs“ mehr geben. | |
Die Bundesregierung folgt hier dem Beispiel Österreichs. | |
Im Gesetzentwurf wird eingeräumt, dass unter den jeweils rund 2.000 | |
erfassten Substanzen auch einzelne Stoffe sein können, die keine oder nur | |
geringe psychoaktive Wirkung haben. Ein Verbot sei jedoch wegen der | |
gefährlichen Nebenwirkungen auch hier gerechtfertigt. Gerade wenn die | |
Nutzer keine erwünschte Rauschwirkung spüren, könnten sie die Dosierung in | |
erst recht gefährliche Höhen steigern. | |
Um die Strafbarkeit möglichst gut auf die relevanten Substanzen zu | |
beschränken, versucht die Regierung die Stoffgruppen in der Anlage zum | |
Gesetzentwurf so exakt wie möglich zu beschränken. Die Anlage und die | |
Begründung dazu lesen sich daher wie ein Chemie-Lehrbuch mit vielen Formeln | |
und Schaubildern. | |
4 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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