# taz.de -- Debatte Die Welt der AfD: Parallelen zum Salafismus | |
> Die AfD stützt sich auf verbreitete Ressentiments. Doch in Stuttgart | |
> könnte die Partei mit ihrer Islamfeindlichkeit zu weit gehen. | |
Bild: Die AfD sagt, das Grundgesetz markiere die Grenze, die nicht überschritt… | |
Der politische Islam, hat AfD-Vizechefin Beatrix von Storch jüngst gesagt, | |
sei heute die größte Bedrohung für die Demokratie. Dabei haben die | |
Salafisten, die derzeit am schnellsten wachsende islamistische Bewegung | |
hierzulande, und von Storchs rechtspopulistische Partei, die auch regen | |
Zulauf hat, mehr gemeinsam, als sie wahrhaben wollen. Die auffälligste | |
Parallele: ihr Bild vom Islam. | |
Beide, Rechtspopulisten und Salafisten, haben ein starre, unbewegliche und | |
zudem unhistorische Vorstellung von der islamischen Religion. Beide | |
zeichnen ein homogenes Bild von den Muslimen, die in Wirklichkeit ganz | |
unterschiedlich denken, glauben und leben. Und beide halten den Islam per | |
se für unvereinbar mit der Demokratie. | |
Sie sehen Schwarz und Weiß. Grau gibt es selten. Von Storch und Teile ihrer | |
Partei sagen sogar: Der Islam ist verfassungsfeindlich. Da für Salafisten | |
das von Menschen gemachte Grundgesetz grundsätzlich keine Bezugsgröße ist, | |
muss hier Schluss sein mit der Parallele. | |
In der AfD heißt es dagegen immer wieder, das Grundgesetz markiere die | |
Grenze, die nicht überschritten werden darf. Tatsächlich bewegen sich | |
AfD-Mitglieder immer wieder haarscharf an dieser Grenze, mit punktuellen | |
Übertritten. An diesem Wochenende könnte die Grenze überschritten werden – | |
nicht nur durch Äußerungen Einzelner, sondern als verbindlicher | |
Mehrheitsbeschluss der Parteibasis, die in Stuttgart zum Bundesparteitag | |
zusammenkommt. Das wäre eine neue Qualität, die für die AfD zum Problem | |
werden könnte. | |
## Die Stimmung der Bevölkerung | |
Im Entwurf zum Grundsatzprogramm steht, dass der Islam nicht zu Deutschland | |
gehört, das ist Konsens in der Partei. Zudem soll den Muslimen vieles | |
verboten werden: Minarette, Muezzinrufe und Vollverschleierung; Kopftücher | |
nicht nur für Lehrerinnen und Dozentinnen, sondern auch für Schülerinnen | |
und Studentinnen; die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland. | |
Mit solchen Forderungen greift die AfD die Stimmung in einem Teil der | |
Bevölkerung auf, in der sich Islamfeindlichkeit in den vergangenen Jahren – | |
dank des undifferenzierten Muslimbashings von AutorInnen wie Necla Kelek | |
und Thilo Sarrazin einerseits und realer Bedrohungen wie dem islamistischen | |
Terrorismus andererseits – erschreckend breitgemacht hat. So meint | |
inzwischen ein Viertel der Bevölkerung, dass der Islam nicht mit dem | |
Grundgesetz vereinbar sei. | |
Mehr als 40 Prozent sind der Ansicht, dass die meisten Muslime bei uns die | |
Werte des Grundgesetzes nicht akzeptieren. Und fast die Hälfte glaubt, dass | |
der Islam zu viel Einfluss auf unsere Gesellschaft habe. Der AfD verspricht | |
das weiteren Zulauf. | |
## Anfällig sind auch Linke | |
Es sind allerdings nicht nur Rechte, die so über Muslime denken. Dass auch | |
Linke und Linksliberale zunehmend anfällig für Islamfeindlichkeit sind, hat | |
der Konfliktforscher Wilhelm Heitmeyer schon vor geraumer Zeit festgestellt | |
– bereits vor den Anschlägen in Paris und Flüchtlingszahlen, die manchen | |
Angst machen. | |
Viele in der AfD aber fordern jetzt einen noch härteren Kurs. Sie wollen | |
die Beschneidung von Jungen und das Schächten von Tieren verbieten. Das | |
würde nicht nur Muslime treffen, sondern auch Juden – und könnte als | |
antisemitisch gedeutet werden. Und: Sie wollen den Islam als solchen für | |
verfassungsfeindlich erklären und deshalb den Bau und Betrieb von Moscheen | |
generell verbieten. So steht es in Änderunganträgen zum Programmentwurf, | |
für die derzeit Mehrheiten gesucht werden. | |
Dabei wird ein Teil der Bevölkerung, der sonst für islamfeindliche Parolen | |
anfällig ist, vielleicht doch nicht mehr mitgehen. Denn das wäre ein | |
schwerer Angriff auf die grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit – und | |
damit selbst verfassungsfeindlich. | |
Womit wir wieder bei den Parallelen zum Salafismus wären. | |
29 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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