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# taz.de -- Hochschul-Gewerkschaft in Frankfurt: Profs bleiben draußen
> An der Goethe-Uni Frankfurt entsteht die erste Gewerkschaft für den
> Unterbau: von Studierenden über Putzkräfte bis zu Lehrbeauftragten.
Bild: War nie in einer Gewerkschaft: der Dichter Johann Wolfgang von Goethe
Frankfurt am Main taz | Das Label „Familiengerechte Hochschule“ und das
Zertifikat „erfolgreich umgesetzte Chancengleichheit“ prangen auf der
Website der Goethe-Universität Frankfurt. Doch gerade was
Planungssicherheit und teilweise auch die Löhne angeht, herrscht an der Uni
Frankfurt, wie an zahllosen anderen Hochschulen in Deutschland, eine andere
Realität vor.
Die Angestellten hangeln sich von einem Kurzzeitvertrag zum nächsten, ein
Großteil der wissenschaftlichen Mitarbeiter hat befristete Verträge,
Hilfskräfte bekamen lange Zeit nur etwas mehr als den Mindestlohn.
Putzkräfte, Sicherheitsdienst und anderes Personal wurden längst in
Subbetriebe außerhalb von Tarifverträgen ausgegliedert.
In den letzten Jahren formierte sich immer wieder Widerstand gegen solche
Praktiken an den Unis. In Frankfurt streikten die Hilfskräfte schon zwei
Mal für einen Tarifvertrag und legten dabei gleich mehrere Bibliotheken
teilweise lahm. In anderen Städten wie Dresden, Leipzig oder Oldenburg
gründeten sich Initiativen für den „Mittelbau“, also wissenschaftliche
Mitarbeiter, Doktoranden und Lehrbeauftragte. Zwar sind die Initiativen
untereinander solidarisch, aber nur mittelmäßig vernetzt. Außerdem
vertreten sie zumeist nur die Interessen einzelner Gruppen.
In Frankfurt könnte sich das bald ändern. In der vergangenen Woche ging die
Website von [1][„unter_bau“] online, der voraussichtlich ersten
Hochschul-Basisgewerkschaft. Zurzeit vorangetrieben von etwa 50
AktivistInnen, will sie eine Gewerkschaft für alle Hochschulangehörigen
sein, egal ob Putzkraft, StudentIn oder eben Angehörige des klassischen
Mittelbaus. Nur ProfessorInnen dürfen nicht mitmachen.
Noch befindet sich unter_bau in der Gründungsphase. An die Öffentlichkeit
gegangen ist man trotzdem, denn man will möglichst viele Mitglieder
möglichst früh an der Ausgestaltung der Gewerkschaft beteiligen.
## Goethe-Uni ist nicht amused
„Unter_bau soll Hochschulpolitik und Gewerkschaftsarbeit verbinden“,
erklärt Manuel Müller, Medizinstudent und Sprecher der Bald-Gewerkschaft.
Und die Forderungen haben es durchaus in sich: Die Gewerkschaft schreibt
auf ihrer Website, sie wolle eine „kämpferische Organisation“ schaffen, die
den „herrschenden Betrieb aufzumischen vermag“. Verhältnisse sollen „nic…
mitverwaltet, sondern umgestaltet werden“. Und zwar basisdemokratisch,
sozial und abseits von ökonomischer Verwertbarkeit.
Gemeinsam, wenn alle in einem Boot sitzen und sich basisdemokratisch
verständigen, soll diese Transformation gelingen. Zumindest zahlenmäßig
stellt der „Unterbau“ die größte Gruppe an der Uni dar. „Noch spiegelt …
das aber zu wenig in den Entscheidungsstrukturen wider“, beklagt Müller.
„Im Gegensatz zu herkömmlichen Gewerkschaften, die häufig nur einzelne
Interessengruppen vertreten, wollen wir es ganzheitlicher angehen“, sagt
Müller. Konkurrenz sei man aber nicht, betont er. Auch weil unter_bau die
Ersten seien, die sich auf den Kontext Hochschule konzentrierten. „Wir
sehen uns eher als anregenden Faktor.“
Die Goethe-Uni ist indes nicht ganz so amused. „Es erscheint sicherlich
nicht sonderlich vertrauensbildend, wenn die Erstansprache ausgerechnet
über die Medien erfolgt“, antwortete ein Sprecher der Universität auf die
Frage der taz, ob man sich eine Kooperation vorstellen könne. Auch die
Frage, ob es möglicherweise Versäumnisse gebe, wenn sich ausrechnet in
Frankfurt die erste Uni-Gewerkschaft gründet, wies der Sprecher zurück. Es
habe viele Verbesserungen gegeben, etwa mehr Partizipation und regelmäßige
Tariferhöhungen für Hilfskräfte. Das Problem der befristeten Stellen sei
etwas, für das die Universität nichts könne. Das liege an der
Grundfinanzierung, über die der Bund und die Länder entscheiden.
25 Apr 2016
## LINKS
[1] https://unterbau.org/
## AUTOREN
Alina Leimbach
## TAGS
Gewerkschaft
Arbeitskampf
Prekariat
Mindestlohn
Streik
Hochschule
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt
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