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# taz.de -- Kommentar Referendum in Niederlande: Das Pseudo-Referendum
> Die Niederlande hätten der Ukraine ein Zeichen der Solidarität senden
> können. Doch die Abstimmung war ein Muskelspiel gegenüber der EU.
Bild: Das war‘s, die Niederländer haben entschieden
Seit dem Schweizer Minarett-Streit von 2009 erhitzte keine andere
Volksabstimmung im Vorfeld die Gemüter so sehr wie das Referendum zur
Ratifizierung des EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine in Holland am
Mittwoch. Rund 64 Prozent lehnten den Vertrag ab.
Dadurch kippt die Stimme des Volkes nicht nur die Entscheidung der eigenen
Regierung, sondern zeigt es auch den restlichen 27 EU-Ländern, die das
Abkommen bereits ratifiziert haben. Und das im Jahr der eigenen
EU-Ratspräsidentschaft.
Zur Erinnerung: Es handelt sich um ein Abkommen, dessen
Nicht-Unterzeichnung in letzter Minute im November 2013 dem ukrainischen
Ex-Präsidenten Wiktor Janukowytsch sein Amt gekostet und schließlich zur
Maidan-Revolution, der Krim-Annexion und blutigem Donbass-Krieg geführt
hat. Um die Ukraine ging es aber rein formell.
Die Rechtspopulisten, die die für das Referendum nötigen Unterschriften
gesammelt hatten, machten vom Anfang an keinen Hehl daraus, dass das
wirkliche Ziel der Abstimmung gewesen war, mit Brüssel abzurechnen. Bereits
2005 hatten die Niederländer bei einem ähnlichen Votum gegen die
EU-Verfassung ihrer Regierung einen Denkzettel verpasst. Damals haben sich
die Regierenden über den Willen des Volkes hinweggesetzt.
Diesmal wird Ministerpräsident Rutte es mit Blick auf die Wahlen im
nächsten Jahr viel schwerer haben, die Stimme des Volkes zu ignorieren.
Aber nicht nur er befindet sich in einer Zwickmühle. Die Schlappe der
niederländischen Regierung steht symbolisch für das Dilemma der EU, die
sich in ihren Entscheidungen über die nationalen Interessen hinwegsetzt.
Das niederländische Ukraine-Referendum, das kein wirkliches
Ukraine-Referendum war, wird Geschichte schreiben. Als Präzendenzfall für
andere EU-Mitgliedsstaaten, die nun nahezu jeden EU-Entschluss torpedieren
könnten. Und als ein hybrides Referendum, bei dem sich Populisten jeder
Couleur ausgetobt haben – auf dem Rücken eines leidgeprüften Landes.
Dabei bräuchten junge ukrainische Reformer, die trotz aller Anstrengungen
gerade wieder von einer alten korrupten Garde daheim gegen die Wand
gedrückt werden, dringend ein Zeichen der Solidarität. Es sei denn, der
Westen pocht darauf, dass die EU ein Elitenprojekt bleibt – und ein Leben
in Wohlstand und Würde dessen ausschließliches Privileg.
7 Apr 2016
## AUTOREN
Jarina Kajafa
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Ukraine
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