# taz.de -- Gesetzentwurf gegen Spielmanipulation: Schummeln verboten | |
> Justizminister Heiko Maas stellt den Entwurf auf einem Kreuzberger | |
> Sportplatz vor. Vielleicht ein Hinweis auf die zukünftige Tragweite des | |
> Gesetzes. | |
Bild: Auf lange Sicht gibt es keine gute Handhabe gegen Spielmanipulationen | |
Die Rote Karte wird serienweise gezogen, wenn der Sport seine | |
gesellschaftspolitische Bedeutung unterstreichen will. Dem Alkohol, der | |
Homophobie, dem Rassismus, Antisemitismus, der Gewalt und manch anderem | |
Übel dieser Erde hat man in der Vergangenheit mit aller Entschiedenheit den | |
roten Karton gezeigt. Recht abgegriffen war die Idee also schon, als | |
Justizminister Heiko Maas am Mittwochvormittag in Berlin auf dem | |
Kreuzberger Kunstrasenplatz des FSV Hansa 07 dem Sportbetrug eine für die | |
Fotografen extra überdimensional groß gehaltene rote Karte zeigte. | |
Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch den Gesetzesentwurf zur Strafbarkeit | |
von Wettbetrug und Spielmanipulation verabschiedet. Maas und sein | |
Mitarbeiterstab hatten für die öffentliche Stellungnahme nicht mit | |
Metaphern gespart. „Rote Karte für Spielmanipulation. Betrüger ins Abseits. | |
Sieg für den ehrlichen Sport“ stand auf dem am Torgestänge befestigten | |
Banner, vor dem Maas sein Statement aufsagte. Sport, postulierte er, habe | |
eine riesige gesellschaftliche Bedeutung. „Wir müssen alles dafür tun, um | |
die Glaubwürdigkeit des Sports zu schützen.“ Dieses zu schützende Rechtsgut | |
wird im Gesetzesentwurf „die Integrität des Sports“ genannt und wurde | |
erstmals beim vor Kurzem erst verabschiedeten Anti-Doping-Gesetz | |
eingeführt, um die staatliche Einmischung in die Sphäre des Sports zu | |
legitimieren. | |
Womöglich hatte man sich am Mittwoch gar nicht erst groß um Originalität | |
bemüht, weil es gegen die Einführung der Straftatbestände des | |
Sportwettbetrugs und der Manipulation von Profisportwettbewerben keine | |
nennenswerten politischen Widerstände gibt. Gegen die Verabschiedung des | |
Anti-Doping-Gesetzes hatten indes Vertreter des organisierten Sports immer | |
wieder opponiert. | |
Die steigende Zahl der Wett- und Manipulationsskandale wird im Entwurf als | |
Begründung angeführt, weshalb nun eine Gesetzeslücke geschlossen werden | |
soll. Denn bislang musste etwa bei manipulierten Spielen der Nachweis | |
geführt werden, dass jemand geschädigt wurde, bevor das Strafrecht zur | |
Anwendung kommen konnte. Nach dem geplanten Gesetz reicht es dagegen schon, | |
wenn der Versuch einer Manipulation nachgewiesen werden kann. „Da muss der | |
Betrüger gar nicht selbst reden. Es reicht schon, wenn jemand aus dem | |
Umfeld anfängt zu sprechen“, erklärte Maas. In besonders schweren Fällen | |
sieht der neue Entwurf Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vor. | |
## Die Integrität des Sports | |
Bedenkt man, dass das immer größer werdende Geschäft der Wettmanipulation | |
über globale Netzwerke organisiert wird, deren Steuerung insbesondere aus | |
dem asiatischen Raum erfolgt, stellt sich jedoch die Frage, inwieweit eine | |
nationale Gesetzgebung dieses Problem in den Griff bekommen kann. Heiko | |
Maas entgegnet: „Deshalb können wir uns doch keinen schlanken Fuß machen | |
und die Missstände hinnehmen.“ | |
Der deutsche Richterbund hat bereits weitere Bedenken angemeldet. Den Hebel | |
des Gesetzes, die zu schützende Integrität des Sports, hält der | |
Berufsverband für unzureichend. Die Integrität „kann nicht durch den | |
Gesetzgeber als existent postuliert und durch Strafverfolgung gesichert | |
werden“. Und die Mehrbelastung der eh schon sehr belasteten | |
Staatsanwaltschaften sei für die Umsetzung des Gesetzes nicht zu | |
rechtfertigen. | |
Maas wies darauf hin, dass man die geplanten Einsparquoten der | |
Justizapparate in den Bundesländern noch einmal überprüfen sollte. „Aber da | |
müssen Sie noch einmal bei den Bundesländern nachfragen.“ Es scheint, als | |
ob nicht nur international, sondern selbst in Deutschland die Räder für | |
eine effiziente Strafverfolgung von Sportbetrügern längst nicht so | |
ineinandergreifen können, wie das eigentlich nötig wäre. | |
Bei allem guten Willen spricht vieles dafür, dass das neue Gesetz eine | |
stumpfe Waffe gegen Sportbetrüger sein wird. Am Mittwoch wollte sich auf | |
dem Kreuzberger Sportplatz keiner länger damit aufhalten. Fragen zum | |
Gesetzentwurf gegen Zwangsprostitution kamen auf. „Nicht vor diesem | |
Hintergrund“, schritt ein Mitarbeiter von Maas ein. Der Zwangsprostitution | |
sollte der Minister dann nicht auch noch die „Rote Karte gegen | |
Spielmanipulation“ zeigen. | |
6 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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