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# taz.de -- Fußball-Manipulation in Österreich: Ein Betrüger packt aus
> Er wird bedroht, bis er Spiele verschiebt. Dann wendet sich der
> österreichische Fußballprofi an die Polizei. Mehrere Verdächtige werden
> verhaftet.
Bild: Unter Verdacht: Österreichs ehemaliger Nationalspieler Sanel Kuljic
WIEN taz | Fünf Minuten vor Schluss schaffte Rapid Wien am Sonntag durch
einen glücklichen Elfmeter den 2:2-Ausgleich gegen die überlegen spielende
Mannschaft aus dem Salzburger Städtchen Grödig. Den Strafstoß verschuldete
der Verteidiger Dominique Taboga. Völlig unnötig, wie die Kollegen fanden.
Am Dienstag outete sich dieser Taboga als Opfer eines Erpressungs- und
Wettskandals. Zunächst drei Personen wurden festgenommen.
Nachdem Taboga am Montag vor der Polizei ausgesagt hatte, er werde
erpresst, lauerte am Dienstag bei der vereinbarten Übergabe von 3.000 Euro
die Eliteeinheit Cobra am Parkplatz eines Einkaufszentrums in Anif bei
Salzburg. Dort schnappte sie sich die mutmaßlichen Erpresser. Unter den
Verdächtigen soll auch der österreichische Exinternationale Sanel Kuljic
sein. Seit Jahren munkelt man über die Spielsucht des 36-jährigen
ehemaligen Stürmers, der 20-mal für die Nationalmannschaft im Einsatz
stand. Die Polizei bestätigte zwar die Festnahmen, schweigt aber über die
Identität der Festgenommenen.
Die Kronen Zeitung zitiert aus einem internen Polizeibericht. Demnach habe
man versucht, Taboga zur Spielmanipulation zu zwingen. Als er sich
weigerte, habe man ihm und seiner Familie Gewalt angedroht. Auch seine
Karriere würde ein „jähes Ende“ finden. Taboga habe also – soweit mögl…
Ergebnisse manipuliert. Als er nicht mehr mitmachen wollte, sei er
gezwungen worden, auf Video eine Spielmanipulation zu gestehen. Damit man
ihn nicht auffliegen lasse, habe er fast 90.000 Euro bezahlt.
Schließlich wurde der Druck zu groß, und der 31-jährige Spieler des SV
Gröding beschloss, das schmutzige Spiel zu beenden. Friedrich Stickler,
ehemaliger Präsident des Österreichischen Fußballbundes (ÖFB), findet es,
„etwas Großartiges, wenn ein Spieler dieses Risiko auf sich nimmt“ und an
die Öffentlichkeit geht.
## Harte Strafen gefordert
Grödig-Manager Christian Haas zeigte sich schockiert. Taboga sei „auf
unbestimmte Zeit freigestellt“. Er wünsche eine lückenlose Aufklärung.
„Spielmanipulation ist ein Übel, das den Sport in seinen Grundfesten zu
erschüttern droht“, urteilt ÖFB-Präsident Leo Windtner und versprach
unbeschränkte Kooperation: „Wir haben höchstes Interesse an einer raschen
und restlosen Aufklärung des Sachverhalts.“ Eventuelle Vergehen müssten
hart bestraft werden.
Erstmals ist ein Bundesligaspieler von Wettbetrug betroffen. Auch die
Methode, dass ein Spieler durch Gewaltandrohung zu Spielmanipulation
gezwungen wird, ist in Österreich etwas Neues, obwohl seit den Prozessen
gegen Ante Sapina Hinweise auf österreichische Beteiligung vorliegen. Der
kroatische Wettpate gestand 2011 vor einem Hamburger Gericht, Spieler,
Schiedsrichter und Funktionäre bestochen zu haben.
Ex-ÖFB-Präsident Stickler fordert, einen eigenen Straftatbestand Wettbetrug
zu schaffen, der die Verbandssanktionen ergänzen soll. In ähnlichen Fällen
wurden Spieler von der Fifa weltweit und lebenslänglich gesperrt.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gab sich in einer ersten Reaktion aber
eher vage: „Das gilt es mit Justizexperten im Detail zu diskutieren und
natürlich den Schwerpunkt auf Prävention zu setzen.“
## Deutliche Anzeichen für Manipulationen
Prävention wird bereits von der Initiative Play Fair Code betrieben. Deren
Vorsitzender Severin Moritzer sagt, dass es sehr deutliche Anzeichen für
Wettmanipulation gebe. Eigene Beobachter „schauen sich ein Spiel sehr genau
an: Was passiert sportlich? Wie sind die Wettquoten?“ Den Spielern
signalisiere man in Schulungen, „dass heutzutage sehr transparent geworden
ist, was passiert“.
Trotzdem sei es schwierig, Wettbetrug wasserdicht nachzuweisen. „Dass nach
Jahren umfassendster polizeilicher Ermittlungsarbeit letztendlich vom ÖFB
nur zwei konkrete Fälle verfolgt werden können, zeigt die Schwierigkeit und
Komplexität der Materie“, so ÖFB-Jurist Thomas Hollerer.
Vergangene Woche hatte ein ehemaliger Bundesliga-Spieler einen
Manipulationsversuch zugegeben. Er spielte zuletzt als Amateur bei einem
burgenländischen Klub der fünften Leistungsstufe. In der Steiermark läuft
ein Verfahren gegen einen Profikicker. Die großen Wettpaten sitzen in
Asien. Ihr Geschäft wird auf 140 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Es
sei, so Moritzer im Ö1-Radio, eine weitgehend risikolose Form der
Geldwäsche.
13 Nov 2013
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Wettbetrug
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