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# taz.de -- Wettbetrug in Singagpur: Erdbeben im Spielerparadies
> In Singapur nimmt die Polizei mit Dan Tan einen der größten Wettbetrüger
> fest. Seine Helfer, auch bei den Fußballverbänden, müssen nun zittern.
Bild: Fußballfans im Nationalstadion von Singapur.
BERLIN taz | Singapur ist ein Paradies für Wettbegeisterte. Das weltgrößte
Casino mit mehr als 600 Tischen und 2.500 Spielautomaten befindet sich
dort. Das Gebäude mit den drei 55 Stockwerke hohen und an ihrem oberen Ende
verbundenen Türmen des Marina-Bay-Sands-Komplexes erinnern an einen Stapel
Spielkarten.
Singapur verdiente sich aber auch einen Ruf als Idealbiotop für
Wettbetrüger. In den 90er Jahren lernten hier die Manipulateure ihr
Handwerk. Sie erweiterten ihren Wirkungskreis über den lokalen Fußball
hinaus, als das Internet das Geschäft auf der Kunden- wie auf der
Anlageseite internationalisierte.
Dabei störten so lästige Dinge wie Einsatzlimits oder Geldflusskontrolle,
wie sie etwa die meisten europäischen Wettanbieter haben, nicht. Noch einen
Standortvorteil hat der Stadtstaat: Er trat den internationalen Verträgen
auf Rechtsbeihilfe nicht bei.
Und so konnte noch im Frühjahr 2013 der Wettpate Dan Tan, der wegen
Dutzender verschobener Spiele und Italien und Ungarn auf der
Most-wanted-Liste der dortigen Staatsanwaltschaften ziemlich weit oben
rangiert, fröhlich dem Spiegel erzählen, wie viel er pro verschobenem Spiel
so gewinnt und wie viel er an Bestechungsgeldern lockermachen müsse. Seine
persönlichen Rekorde hätten bei 15 Millionen Wettgewinn und 800.000 Euro
Bestechungsgeldern gelegen.
Ob das Aufschneiderei war oder der Wahrheit entsprach, versuchen inzwischen
andere Gesprächspartner Dan Tans herauszufinden. Seit Dienstagnacht ist er
im Gewahrsam der Singapur Police Force. Sie hatte ihn im Rahmen einer
zwölfstündigen Razzia festgenommen.
## Polizeiaktion überraschte
Das kam überraschend. Zuvor hatte ein Polizeisprecher Singapurs gegenüber
der taz darauf hingewiesen, dass sich Dan Tan keiner Delikte in Singapur
schuldig gemacht hätte. Jetzt wurde aber – vorausgesetzt der Fuchs hat
nicht doch im eigenen Hühnerstall gewildert – ein altes Gesetz gegen
Drogenschmuggel und Geldwäsche in Anwendung gebracht, um die Razzia
auszulösen.
Noch im Februar hatte Dan Tan als freier Bürger mit der Polizei plaudern
können. Wohl nicht zufällig konnte die italienische Polizei kurz darauf den
früheren slowenischen Fußballprofi Admir Suljic auf dem Mailänder Flughafen
in Empfang nehmen. Er kam frisch aus Singapur – und gilt als einer der
Mitglieder der Führungsriege in Dan Tans Syndikat.
## Interpol macht Druck
Jetzt ging es dem Boss selbst an den Kragen. Das ist bemerkenswert.
Interpol-Generalsekretär Ronald K. Noble bezeichnete die Operation denn
auch als „einen wichtigen Schritt, um ein internationales
Wettbetrugssyndikat zu zerschlagen“. Interpol hatte hinter den Kulissen
Druck auf Singapurs Sicherheitskräfte ausgeübt.
Es hatte sie im März ins Hauptquartier nach Lyon eingeladen und mit den
Ermittlungsergebnissen europäischer Fahnder konfrontiert. Offenbar mit dem
erwünschten Erfolg. Singapurs Polizei bedankte sich in einer
Presseerklärung ausdrücklich für die „Unterstützung durch Interpol“.
Sie war aber auch selbst aktiv. „Sie müssen eigene Ergebnisse haben. Bei
uns tauchen keine Frauen als Verdächtige auf“, wies der italienische
Staatsanwalt Roberto di Martino, der mit der Ermittlung „Last Bet“ den
Fußball seines Landes schwer erschüttert hatte, auf kleine, aber feine
Details hin.
## Hintermänner sind unbekannt
Ob mit Dan Tans Festnahme nun aber gleich das ganze Problem der
Spielmanipulationen aus dem Weg geräumt ist, bleibt zu bezweifeln. In
Singapur allein gebe es weitere drei, vier Manipulateure „vom gleichen
Kaliber wie Dan Tan“, erklärten im Frühjahr Ermittler gegenüber der taz.
Die Ermittler tappen derzeit noch völlig im Dunklen über die Geldgeber Dan
Tans. Denn für die Millionengewinne, die dieser nach eigenen Angaben
einfuhr und auch für die Summen, die er bewegte, führte er ein dann doch zu
bürgerliches Leben mit einem Apartment in einem Mittelstandshochhaus.
Die spannende Frage ist daher, ob er jetzt in der Haft über seine
Hintermänner auspackt. Auch bei den Fußballverbänden dürfte nun so mancher
ins Bibbern kommen. Denn ohne Mithilfe von Funktionären hätte Dan Tan
sicherlich nicht diese Vielzahl von Spielen manipulieren können, die man
ihm und seiner Organisation zuschreibt.
20 Sep 2013
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
Wettbetrug
Singapur
Interpol
Graffiti
Indonesien
Fußball
Wettbetrug
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Fußball
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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