Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wettskandal in Asien: 2 Milliarden pro Woche
> In Asien hat es sein Handwerk erlernt, auf dem europäischen Markt erfolgt
> die Expansion: Wie ein Schurkentrio im großen Stil Fußballspiele
> manipuliert.
Bild: Das Wettgeschäft in Südostasien ist laut Fifa-Ermittler Chris Eaton äu…
BERLIN taz | Die Singapurer Wettmafia, die für den großen Betrugsskandal im
italienischen Fußball verantwortlich zeichnet, ist auch vor der eigenen
Haustür aktiv. Mindestens drei Vereine der malaysischen Super League haben
nach Angaben des Chefermittlers der Fifa, Chris Eaton, Resultate
abgesprochen. Auch Verbandsfunktionäre sind belastet. 18 Spieler der
Nachwuchsliga wurden Anfang Februar bereits wegen Spielmanipulationen
ausgeschlossen. Damit schließt sich ein Kreis.
Noch in den 90er Jahren agierten Singapurs Wettpaten fast nur in heimischen
Regionen. „Sie erwarben hier das Know-how für die internationalen
Betrugsversuche“, sagt ein Beobachter der Szene im taz-Gespräch. Dann
weiteten sie ihren Aktionsradius auf Afrika und Südamerika aus. Spätestens
mit dem Ermittlungsverfahren „Last Bet“ der italienischen Justiz wurden
ihre Aktivitäten auch in Europa bekannt.
Männer aus Singapur sind in Wettbetrugsverfahren in 25 Ländern verwickelt.
Das Wettgeschäft in Südostasien ist laut Fifa-Ermittler Eaton „zwei
Milliarden Dollar pro Woche“ schwer und ziehe deshalb die organisierte
Kriminalität an. Dabei schälen sich drei Protagonisten heraus: Rajendran
„Pal“ Kurusamy, der „Wettkönig der 90er Jahre“, gegen den auch im aktu…
malaysischen Skandal ermittelt wird.
Eng Tan Seet, genannt Dan Tan, den die italienische Justiz für das
Mastermind hinter den Betrügereien in Serie A und Serie B hält und der auch
Verbindungen nach Deutschland haben soll. Wilson Raj Perumal schließlich
ist der Innovationsbeauftragte des Syndikats. Er wurde bereits 1995 und
1999 in Singapur zu Gefängnisstrafen wegen Spielmanipulation verurteilt.
## 24 Spiele manipuliert
Im Februar 2011 wurde er in Finnland verhaftet, weil er dort den
Erstligaklub Rovaniemen Palloseura unter seine Kontrolle gebracht hatte. 24
Spiele aus den Jahren 2008 bis 2011 hielten die finnischen Richter für
manipuliert und verurteilten Perumal zu einer zweijährigen Haftstrafe, die
er gegenwärtig am Polarkreis absitzt.
Bereits vor 15 Jahren war er auf die Idee gekommen, Fußballspiele durch
Ausfall des Flutlichts zu manipulieren, erzählte er in einem Brief aus dem
finnischen Gefängnis. 1997 und 1999 setzten malaysische Kompagnons den Plan
bei Spielen der Londoner Klubs Wimbledon und Charlton Athletic um. 60
Millionen Pfund betrug laut damaligen Berichten englischer Medien der
Spekulationsgewinn. Perumals Spezialität waren aber Länderspiele.
Er organisierte sie über seine Firma Football4U – und kontrollierte so den
Spielausgang. Das betraf zum Beispiel eine Asientour von Simbabwes Team
2009, überdies vier Testspiele Südafrikas vor der WM 2010 und das Gastspiel
einer völlig unbekannten B-Auswahl Togos in Bahrain im September 2010.
Bei dieser Gelegenheit brillierte Perumal als doppelter Betrüger. In einem
Brief, der ursprünglich an einen Journalisten des New Paper aus Singapur
gerichtet war und der der taz vorliegt, schreibt er: „Viele Wettspieler
wissen, dass ich einen guten Kontakt zum Team von Togo habe. Also setzten
die meisten von ihnen auf eine Niederlage von Togo mit mehr als vier Toren.
## Empfangen mit offenen Armen
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Wetten gegen den Strom zu setzen. Du
verstehst nun, warum in diesem Spiel fünf Tore wegen Abseits nicht gegeben
wurden?“ Über die Motivation, warum Verbände die Organisation von
Länderspielen an Firmen wie die seine outsourcen, äußerte sich Perumal im
gleichen Brief recht unverblümt: „Die meisten Fußballverbände sind klamm.
Wenn du zu ihnen mit einem Gegner für ein Länderspiel kommst, der für alle
Ausgaben aufkommt, empfangen sie dich mit offenen Armen. Sie sehen nicht,
was dahintersteckt“. Noch immer scheint er allerdings zu seinem Landsmann
Rajendran „Pal“ Kurusamy aufzublicken. „Der ist der König von allen. Er
steckte hinter dem Meisterschaftsgewinn von Singapur im Jahre 1994 und
hinter der Niederlage 1993“, schrieb er aus dem Gefängnis am Polarkreis.
Kurusamy wurde wegen dieser Aktivitäten zu mehrjährigen Haftstrafen
verurteilt. Beim Gerichtsverfahren prahlte er: „Ich bin bekannt dafür, dass
ich Spiele manipuliere, um zu gewinnen. In meinen ersten sechs Monaten als
Buchmacher habe ich bei 23 Spielen von Singapur bis zu 11,4 Millionen
Dollar eingesackt.“ Wegen dieses Renommees bot Perumal Kurusamy zunächst
die Masche mit dem Flutlichtausfall an.
## Alle Treffer per Elfmeter erzielt
Seit 2009 ist er aber nicht mehr gut auf sein einstiges Vorbild zu
sprechen. Denn da nahm ihm Kurusamy ungerührt im Hotelzimmer einen
fünfstelligen Wettgewinn ab. Kurusamy machte Schulden aus den 90er Jahren
geltend. An beider Stelle dürfte inzwischen Dan Tan gerückt sein. Er
bootete – laut Beschwerden von Perumal – diesen bei der Abwicklung von zwei
Länderspielen im Februar 2011 im türkischen Antalya aus.
Alle sieben Treffer im Bolivien gegen Lettland (1:2) und Bulgarien gegen
Estland (2:2) wurden per Elfmeter erzielt. Die Fifa ermittelt zu diesen
Spielen und sperrte die Schiedsrichtergespanne auf Lebenszeit. In den
aktuellen Betrugsskandal in Malaysia ist Dan Tan wohl nicht verwickelt.
„Das ist mittlerweile zu klein für ihn geworden“, meint ein Insider.
In Perumals Telefonbuch wurden nach Angaben der Zeitung Malay Post aber die
Telefonnummern von einigen Verdächtigen gefunden. Offenbar verschmäht nicht
jeder Global Player ein paar kleinere Brosamen. Das ist selbst im
Wettbetrugsgeschäft der Fall. Singapur hat jetzt einen Exportschlager, auf
den das Land nicht stolz sein kann.
27 Feb 2012
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
Wettbetrug
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wettbetrug in Singagpur: Erdbeben im Spielerparadies
In Singapur nimmt die Polizei mit Dan Tan einen der größten Wettbetrüger
fest. Seine Helfer, auch bei den Fußballverbänden, müssen nun zittern.
Internationale Sportwettenmafia: „Wir wollen an die Finanziers heran“
Von Katar aus soll nun die internationale Wettmafia verfolgt werden. Die
Dimensionen sind gigantisch. Doch es geht auch ums Geschäft.
Kolumne American Pie: „Bountygate“ – Kopfgeld im US-Football
Die New Orleans Saints und andere NFL-Teams haben Prämien für die
Eliminierung gegnerischer Spieler bezahlt. Footballikone Brett Favre
nimmt's gelassen: „Das ist eben Football.“
Vorschau Fußballländerspiel: Bremer Achse gegen Frankreich
Die deutsche Nationalmannschaft hat seit 25 Jahren nicht mehr gegen
Frankreich gewonnen. Die Löw-Elf um den Ersatzkapitän und ehemaligen Bremer
Klose will das ändern.
Italienischer Fußball: "Niemand muss aus Not wetten"
Der Drittligafußballer Fabio Pisacane erstattet als erster Spieler im
italienischen Wettskandal Anzeige. Ein Gespräch über Moral, Gier und
Wettverbot.
Manipulationskandal in Italien: Zum Wohle des Vereins
Der Wettskandal steigt aus den Niederungen der zweiten Liga in die Serie A
auf. Der Aufklärungswillen des Verbands hält sich indes in bescheidenen
Grenzen.
Wettskandal in Italien: Ein paar Millionen auf ein Unentschieden
Im italienischen Wettskandal nutzen einige der Verdächtigen die Feiertage,
um sich zu besinnen. Und ihr Gewissen weiter zu erleichtern.
Wettskandal in Italien: Fußballer Doni legt Geständnis ab
Cristiano Doni gab zu, bei zwei Spielen Absprache-Versuche unternommen zu
haben. Der Verein Atalanta Bergamo habe nichts gewusst, dennoch droht dem
Club der Zwangsabstieg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.