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# taz.de -- Kolumne American Pie: „Bountygate“ – Kopfgeld im US-Football
> Die New Orleans Saints und andere NFL-Teams haben Prämien für die
> Eliminierung gegnerischer Spieler bezahlt. Footballikone Brett Favre
> nimmt's gelassen: „Das ist eben Football.“
Bild: Nichts für Weicheier: American Football.
Nur mal angenommen: Pablo Guerreros aberwitziges Foul gegen Sven Ulreich
sei keine Übersprungshandlung eines frustrierten Spielers gewesen, der
seine Nerven nicht im Griff hat.
Stattdessen stellt sich heraus, dass beim Hamburger SV schon seit Jahren
ein Prämiensystem installiert ist, das Profis für so etwas belohnt. Das
Kopfgeld wird aus einem Topf bezahlt, den die Kollegen finanzieren - mit
Wissen von Trainerstab und Management des Hamburger SV.
Unvorstellbar? Wahrscheinlich. Bei den New Orleans Saints aber ist genau
das passiert. Die National Football League (NFL) enthüllte am Freitag, dass
besonders krachende Tackles, die zu Verletzungen führten, in New Orleans
mit bis zu fünfstelligen Summen prämiert wurden. 22 bis 27 Spieler der
Saints-Verteidigung, so der Untersuchungsbericht der Liga, hatten in den
Topf eingezahlt, aus dem das „bounty“, also Kopfgeld, finanziert wurde.
Dem Vernehmen nach wurden 1.500 Dollar ausgezahlt, wenn ein Gegner nicht
weiterspielen konnte. Vor einem Playoff-Spiel gegen die Minnesota Vikings
wurden gar 10.000 Dollar ausgelobt, wenn Brett Favre, der prominente
Quarterback des Gegners, zur Strecke gebracht worden wäre.
## Lebenslange Sperren möglich
Die NFL hat klargestellt, dass sie das sogenannte „Bountygate“ umfassend
aufklären und drastisch bestrafen werde. Schon jetzt ist der
Untersuchungsbericht mehr als 50.000 Seiten dick. Am Montag wurde der
damalige Defensive Coordinator Gregg Williams zum Rapport in die
Liga-Zentrale in New York einbestellt. Der für die Verteidigung zuständige
Co-Trainer soll federführend involviert gewesen sein in die Praxis, die in
der Saison 2009 begann. Seinerzeit gewannen die Saints die Super Bowl, also
den NFL-Titel.
Mehrjährige, vielleicht sogar lebenslange Suspendierungen drohen nun
Manager Mickey Loomis, Chefcoach Sean Payton und natürlich Williams, der
unlängst die Saints verlassen und bei den St. Louis Rams angeheuert hat.
Auch Spieler dürften gesperrt werden.
Die Saints werden eine Geldstrafe in beträchtlicher Höhe zahlen müssen und
mit weiteren Sanktionen belegt werden. So werden sie sich wahrscheinlich
nicht mehr so viele Spieler beim Draft, der alljährlichen Talente-Auswahl,
aussuchen dürfen. Außerdem drohen den Beteiligten Gerichtsverfahren wegen
Körperverletzung und Verschwörung.
Strafverschärfend dürfte hinzukommen, dass die Saints versuchten, das
System zu vertuschen, als die NFL im Jahre 2010 begann, entsprechenden
Hinweisen nachzugehen. Außerdem stellt der Untersuchungsbericht fest, dass
Saints-Besitzer Tom Benson zwar verfügte, dass „jedes Kopfgeld-Programm
sofort zu beenden sei“, Manager Loomis aber ignorierte die Anweisung seines
Arbeitgebers.
## Kopfgeld-System bei verschiedenen NFL-Teams
Williams hat sich entschuldigt und das illegale „Bounty-System“ als
„schrecklichen Fehler“ bezeichnet: „Wir wussten, dass es falsch war,
während wir es taten. Ich hätte es verhindern müssen.“
Mittlerweile wurde allerdings enthüllt, dass der Coach vergleichbare
Prämienprogramme bereits bei früheren Engagements in Washington, Buffalo
und Tennessee zu verantworten hatte. Die NFL hat darauf reagiert und nun
angekündigt, die laufende Untersuchung auf andere Mannschaften in der Liga
auszudehnen.
Während der Skandal sich auszuweiten scheint, hält sich die öffentliche
Erregung aber in Grenzen. Der Konsens scheint zu sein: Football ist nun mal
ein brutales Spiel. Ehemalige und immer noch aktive Spieler bestätigten mal
direkt, mal indirekt, dass ähnliche Prämiensysteme bei den meisten Teams
gängige Praxis waren, auch wenn das Wort „Kopfgeld“ nicht verwendet wurde.
Ryan Clark von den Pittsburgh Steelers teilte über Twitter mit, dass jeder
Kollege, der gegenüber den Investigatoren weitere Details ausplaudert,
„sich schämen sollte“. Selbst der sich mittlerweile im Ruhestand befindende
Favre versicherte: “Ich bin nicht sauer. Das ist eben Football.“
6 Mar 2012
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Fußball-WM 2014
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