# taz.de -- Pressschlag: Auf Wiedersehen! | |
> Wolfgang Niersbach ist DFB-Chef. Für den taz-Kandidaten Andreas | |
> Rüttenauer geht die Arbeit erst los: Er will Niersbach auf dfb-watch.de | |
> gründlich observieren. | |
Aus. Es ist vorbei. Wolfgang Niersbach ist der neue Präsident des Deutschen | |
Fußball-Bundes. Herzlichen Glückwunsch an den Sieger! Als solcher stand er | |
schon vor der sogenannten Abstimmung im DFB-Bundestag fest. Meine | |
Kandidatur war gescheitert, bevor die sogenannten Delegierten gefragt | |
wurden, wer der neue DFB-Boss werden soll. Ich wurde von keinem der | |
Landesverbände, von keinem Regionalverband, so wie es die Satzung | |
vorschreibt, nominiert. | |
Über mich konnte nicht abgestimmt werden. Von einer Niederlage möchte ich | |
aus diesem Grund nicht sprechen. Verloren habe nicht ich, verloren hat | |
einmal mehr der organisierte Fußball in Deutschland. Mit meinen Ansinnen, | |
DFB-Präsident zu werden, wollte ich den Machern im Verband auch die Chance | |
geben, über dessen Verfasstheit nachzudenken. | |
Doch eine Diskussion über eine mögliche Demokratisierung des Verbandes hat | |
auf der Versammlung vom Freitag, die sich den Namen Bundestag gegeben hat, | |
nicht stattgefunden. Es war ein trauriger Tag für den deutschen Sport. Der | |
DFB hat sich einmal mehr präsentiert wie eine Operettendiktatur. Statt | |
Fantasieuniformen für die Führungsriege gab es sogar einen echten Orden. | |
Bundesinnen- und Sportminister Hans-Peter Friedrich zeichnete den | |
zurückgetretenen Alt-DFB-Chef Theo Zwanziger mit höchsten | |
bundesrepublikanischen Würden aus. Die Politik, die für demokratische Werte | |
stehen sollte, nutzte das Frankfurter Scheinparlament als Gutelauneforum, | |
um ihre Nähe zum deutschen Nationalsport zu demonstrieren. | |
## Bundestag in einer Nobelabsteige | |
Ehemalige Edelkicker, auch der Bundestrainer strahlten in die Kameras und | |
klatschten dem neuen Chef freundlich zu, ehe sie unmittelbar nach der | |
Veranstaltung wieder in irgendwelche Flugzeuge stiegen und nach Hause | |
flogen. Wie praktisch, dass der Bundestag in einer Nobelabsteige direkt am | |
Rande des Flugfeldes am Frankfurter Großflughafen stattgefunden hat | |
(Postanschrift: Unterschweinstiege 16). | |
Zeit für Gespräche über den deutschen Fußball war nicht vorgesehen. Eine | |
kurze Pressekonferenz – und tschüs! War’s das jetzt? Klar, meine | |
Wahlkampagne ist zu Ende. Was aber nicht aufhören darf, ist die kritische | |
Beobachtung des Verbandes. Die werde ich mit journalistischen Mitteln | |
weiterführen. | |
Die Foren auf Facebook und Twitter, mit denen ich für mich als | |
DFB-Präsidenten geworben habe, sollen weitergenutzt werden und als DFB | |
Watch ein Service für all diejenigen sein, die sich über den Verband | |
informieren wollen. Themen aus dem Inneren des DFB, auch solche, die den | |
Amateurfußball betreffen, Diskussionen, die es vielleicht nicht in die | |
aktuelle Sportberichterstattung schaffen, sollen dort ihren Platz haben. | |
## dfb-watch.de | |
Aber auch die Debatten, die vor einer großen Öffentlichkeit verhandelt | |
werden, der Umgang mit den Fans etwa oder die Durchkommerzialisierung des | |
Fußballs, sollen auf DFB Watch weitergeführt werden. Alle, die Lust haben, | |
sich an Diskussionen über den Megaverband zu beteiligen, sind aufgerufen, | |
dies auf via DFB Watch zu tun. | |
Mir geht es nicht darum, Wolfgang Niersbach so lange vor mir herzutreiben, | |
bis ich seinen Skalp präsentieren kann. Auch wenn ich froh bin, nicht sein | |
Freund zu sein – er ist nicht mein Feind. Der Wahlkampf ist vorbei. Ich | |
kehre zurück an meinen Redaktionsschreibtisch. | |
Der Sieger muss sich nun beobachten lassen – auch von mir. Sein Schaffen zu | |
beschreiben, zu analysieren und – wo es angebracht ist – zu kritisieren, | |
wird Teil meiner Arbeit sein. Packen wir’s an! | |
2 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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