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# taz.de -- Kolumne American Pie: Fürchtet die Augenbraue
> Das College-Basketball-Endspiel zwischen den Kentucky Wildcats und den
> Kansas Jayhawks wird zur Leistungsschau des künftigen NBA-Stars Anthony
> „Spider-Man“ Davis.
Bild: Anthony Davis, 2,08 Meter groß und voller Freude.
Zehn Mal versuchte Anthony Davis den Ball im Korb unterzubringen. Neun Mal
warf er daneben. Mit einer zehnprozentigen Trefferquote findet sich ein
Basketballspieler gewöhnlich schnell auf der Bank wieder. Nicht so Davis.
Der Center der Kentucky Wildcats durfte stattdessen länger mitspielen im
Finale der College-Meisterschaft als alle seine Mannschaftskollegen.
Anschließend wurde er auch noch zum „Most Outstanding Player“, zum
herausragenden Spieler, gewählt. Der 19-Jährige erzielte zwar nur sechs
Punkte, aber half seinen Wildcats mit fünf Assists, drei Steals, sechs
Blocks und unglaublichen 16 Rebounds zu einem kaum gefährdeten 67:59-Erfolg
gegen die Kansas Jayhawks.
72.000 sahen das Endspiel vor Ort im Superdome zu New Orleans und weitere
15 Millionen vor den Fernsehschirmen. Darunter dürften auch die
Verantwortlichen aller NBA-Teams gewesen sein. Denn selten zuvor in der
Geschichte des College-Basketballs waren wohl in einem einzigen Finale so
viele fürs Profigeschäft taugliche Talente zu begutachten gewesen.
Im Juni findet wieder der alljährliche Draft statt, bei dem die NBA-Teams
die Talente untereinander aufteilen. Danach dürften mindestens fünf Spieler
von Kentucky und zwei von Kansas einen Profi-Vertrag abschließen. Davis,
sein Teamkollege Michael Kidd-Gilchrist und Kansas-Star Thomas Robinson
könnten sogar die ersten drei Draft-Plätze unter sich ausmachen.
## Nur ein Jahr auf dem College
Voraussetzung dafür wäre, dass die Nachwuchskräfte ihren Uni-Abschluss
sausen lassen. Davon ist allerdings in den allermeisten Fällen auszugehen.
Die meisten der großen Talente spielen eh nur noch ein einziges Jahr auf
dem College, weil die NBA und ihre Spielergewerkschaft 2005 beschlossen
haben, dass NBA-Profis mindestens 19 Jahre alt sein müssen. Damals
versuchten immer mehr Spieler, wie es ein Kobe Bryant oder ein Kevin
Garnett vorgemacht hatten, direkt nach der High School eine Profikarriere
einzuschlagen.
Doch viele, denen eine College-Ausbildung gutgetan hätte, überschätzten
ihre Fähigkeiten, verzichteten auf ein Stipendium und standen vor dem
Nichts. Mit der Regelung erreichte die NBA allerdings kaum eine
Verbesserung. Kentuckys Trainer John Calipari darf nun jedes Jahr ein
nahezu komplett neues Team rekrutieren. Je besser die Spieler sind, desto
schneller wagen sie den Sprung ins Profigeschäft.
Anthony Davis allerdings, da sind sich alle einig, geht kein Wagnis ein.
Der aus Chicago stammende 2,08-Meter-Mann gilt als selten begabtes Talent.
Seine zusammengewachsene Augenbraue hat unter Kentucky-Fans zum Schlachtruf
„Fear The Brow!“ geführt, aber Angst haben die Gegner eher vor seiner
Sprungkraft und einer gewaltigen Armspanne von nahezu zwei Metern.
## Vergleiche mit dem besten Center aller Zeiten
„Spider-Man“ nennt ihn sein Trainer Calipari. Andere vergleichen Davis mit
dem legendären Bill Russell, dem vielleicht besten Center aller Zeiten, der
mit den Boston Celtics in den 50er und 60er Jahren elf Mal NBA-Champion
wurde.
Davis’ Zukunft liegt allerdings wohl auf der Power-Forward-Position. Für
einen NBA-Center ist er etwas klein, aber dafür ist er so agil wie selten
zuvor ein Spieler seiner Größe. Weil er bis zu einem Wachstumsschub vor
zwei Jahren noch als Aufbauspieler agierte, ist Davis nicht nur ein
herausragender Schussblocker und Rebounder, sondern kann auch sehr gut
dribbeln, passen und sogar Dreier werfen.
NBA-Talentspäher trauen Davis zu, eine schwächelnde NBA-Mannschaft im
Alleingang in einen Meisterschaftskandidaten zu verwandeln. Deshalb dürfte
man vor allem in Charlotte gut zugesehen haben: Die dort beheimateten
Bobcats sind das aktuell schlechteste Team in der NBA und haben damit beim
Talente-Draft die besten Chancen, sich die Dienste der gefürchteten
Augenbraue zu sichern.
4 Apr 2012
## AUTOREN
Thomas Winkler
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