# taz.de -- Manipulationskandal in Italien: Zum Wohle des Vereins | |
> Der Wettskandal steigt aus den Niederungen der zweiten Liga in die Serie | |
> A auf. Der Aufklärungswillen des Verbands hält sich indes in bescheidenen | |
> Grenzen. | |
Bild: Soll laut einem abgehörten Telefonat bis zu 200.000 Euro pro Monat für … | |
BERLIN taz | "Fußballer haben gewettet, seit es Wetten gibt", lautet der | |
von Alltagserfahrung gesättigte Kommentar des Präsidenten des italienischen | |
Erstligaklubs US Palermo, Maurizio Zamparini, zu den Beschuldigungen, die | |
jüngst die Ex-Weltmeister Fabio Cannavaro, Gennaro Gattuso und Gianluigi | |
Buffon trafen. | |
"Buffon zockt mit 100.000 bis 200.000 Euro im Monat. Er, Gattuso und | |
Cannavaro sind einfach krank", sagte in einem abgehörten Telefonat Nicola | |
Santoni, Ex-Athletiktrainer von Ravenna Calcio, eines wegen | |
Wettmanipulation bereits in die fünfte Liga zurückgestuften Vereins. | |
Santonis Anwalt beeilte sich allerdings klarzustellen, sein Mandant hätte | |
keinerlei Verbindung zu den drei Promi-Profis. "Sie sind die Ersten, die | |
ihm in diesem Telefonat in den Sinn gekommen sind", meinte der Verteidiger | |
Lorenzo Tomassini. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass nach Meinung | |
wohlinformierter Personen einfach herzlich viele Profis zocken. | |
## "Wetten bedeutet nicht manipulieren" | |
Das heißt aber nicht, dass sie Spiele vor dem Wetten auch manipulieren. Auf | |
diesen feinen Unterschied machte Staatsanwalt Roberto Di Martino, der die | |
Ermittlungen von "Last Bet" ins Rollen brachte, aufmerksam. "Wir haben | |
nichts, was gegen diese drei Spieler vorliegt. Wetten bedeutet nicht | |
manipulieren", meinte Di Martino. | |
Pech ist allerdings, dass italienischen Profisportlern Wetten bei Strafe | |
verboten ist. Dass Verbandspräsident Giancarlo Abete nun gerade nicht | |
vollmundig ankündigt, er werde die Wettpraktiken der Ikonen seines | |
Geschäfts streng unter die Lupe nehmen, sondern seine Aufmerksamkeit darauf | |
richtete, "das Ansehen dieser Profis zu schützen", lässt indes am | |
Aufklärungswillen der Sportfunktionäre zweifeln. | |
Bestrebungen, angesichts der neuen Fakten des Wettskandals ein weiteres | |
sportgerichtliches Verfahren anzustrengen, erteilte Abete eine Absage. Das | |
könne sich als vorschnell erweisen. Carlo Gervasoni, ein Zweit- und | |
Drittligaspieler, der im Verhör zugegeben hat, gemeinsam mit zwei Dutzend | |
Kollegen seit Jahren Spiele verschoben zu haben, zweifelte gegenüber den | |
Staatsanwälten am rechtmäßigen Ausgang von drei Serie-A-Begegnungen der | |
vergangenen Saison (Palermo - Bari, Lazio - Genova und Lecce - Lazio). | |
## Krankhaftes Zocken | |
Aus dem Lazio-Lager kam empörtes Dementi. Palermos Präsident hielt wegen | |
des heißen Charakters des Südduells Palermo gegen Bari jeglichen | |
Manipulations-verdacht für "lächerlich". Genova, Bari und Lecce schweigen | |
noch. Für Aufsteiger Atalanta Bergamo und seinen Ex-Kapitän Cristiano Doni | |
verschärft sich unterdessen die Situation. | |
Santoni, der bereits Buffon & Co des krankhaften Zockens bezichtigte, | |
meinte in einem abgehörten Telefonat, Vertreter von Atalanta Bergamo hätten | |
von den Manipulationen Donis gewusst und würden ihm, wenn alles | |
ausgestanden sei, schon den Posten als Sportdirektor anbieten. | |
Donis Aussage, er hätte "immer zum Wohle der Atalanta" gehandelt, erhält | |
damit eine Bestätigung. Als kleines Detail aus Donis Betrugspraxis wurde | |
bekannt, wie er mit Piacenza-Verteidiger Gervasoni absprach, dass die | |
Atalanta nicht nur einen Elfmeter erhalten werde, sondern auch, dass er den | |
Schuss in der Mitte platzieren solle - der Torwart sorge dann schon für den | |
Rest. So geschah es dann auch. | |
## Chef der Bologneser Gruppe | |
Inzwischen schlug im Tessin die Polizei zu und stellte Gelder auf einem | |
Konto sicher, zu dessen offiziellen Besitzern der ebenfalls in den | |
Wettskandal verwickelte Luigi Sartor gehören und dessen inoffizieller | |
Eigner laut italienischen Medienangaben der ehemalige Nationalspieler | |
Giuseppe Signori - seines Zeichens mutmaßlicher Chef der sogenannten | |
Bologneser Gruppe - sein soll. | |
Sollte sich dies als korrekte Information herausstellen, dann wäre die | |
bisherige Grundannahme, nach der nur zweit- und drittklassige Profis | |
Extraeinnahmen aus "gesicherten" Sportwetten erzielen, endlich nicht mehr | |
zu halten. | |
29 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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