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# taz.de -- Wettbetrug in Italien: Karussell der Bescheißer
> Erneut wird der italienische Fußball von einem Manipulationsskandal
> erschüttert. 22 Klubs müssen mit Punktabzügen rechnen, während die Fans
> vor Wut kochen.
Bild: Erneut zu den Angeklagten im Wettskandal gehört auch Exauswahlspieler Cr…
Die Ergebnisse von diversen Wettbetrugsermittlungen erschüttern das
fußballvernarrte Italien. Während die Polizei im apulischen Bari mehrere
Anführer von Fanklubs festgenommen hat, weil diese sich gewalttätig gegen
Profis verhalten haben, von denen zumindest einige aktiv Spiele ihres
Vereins verkauft hatten, müssen 22 Klubs vor allem in Nord- und
Mittelitalien mit Punktabzügen zum Saisonende rechnen.
Auch Relegationen sind angesichts der Schwere mancher Vorwürfe nicht
ausgeschlossen. Das dürfte vor allem die Serie B ins Wanken bringen, denn
mehr als die Hälfte der Vereine ist in Italiens zweiter Spielklasse
betroffen. Aber es gibt auch Auswirkungen für die oberste Spielklasse. Drei
aktuelle Erstligaklubs – Siena, Novara und Atalanta Bergamo – sind
angeklagt.
Und zwei Klubs mit Aufstiegschancen in die Serie A, Pescara und Sampdoria,
könnten die nächste Saison mit einem Minuskonto beginnen, weil Spielern von
ihnen ebenfalls Manipulationen vorgeworfen werden. 111 Personen hat der
Sportrichter des Fußballverbandes FIGC, Stefano Palazzi, in den vergangenen
Wochen verhört.
Grundlage waren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Cremona, die
bereits im letzten Juni mit ihrer Operation „Last Bet“ für Aufsehen gesorgt
hatte. Bereits kurz danach hatte das Sportgericht in letzter Instanz 11
Profis und Exprofis mit Sperren belegt, 13 Vereine mit Punktabzügen
bestraft und drei Relegationen verhängt. Doch machten neue Ermittlungen und
Aussagen einiger Verdächtiger ein neues Verfahren notwendig.
## Weiterer Punktabzug droht
Zu den erneut Angeklagten gehört auch Exauswahlspieler Cristiano Doni. Dem
früheren Kapitän von Atalanta Bergamo wird jetzt nicht mehr nur
Manipulation in einem Spiel, sondern in zwei Matches sowie unterlassene
Anzeige eines Betrugsversuchs in einem dritten Spiel vorgeworfen.
Seinem Klub Atalanta, der bereits mit einem Handicap von sechs Minuspunkten
in die aktuelle Saison in der Serie A gehen musste, drohen deshalb weitere
sechs oder sieben Minuspunkte. Am stärksten betroffen ist der unweit von
Bergamo gelegene Zweitligaklub Albinoleffe.
17 dort angestellte Profis müssen mit Sanktionen rechnen. 13 von ihnen
haben die ihnen zur Last gelegten Taten im Trikot dieses Vereins begangen.
Neben diesem Epizentrum des Wettskandals im Nordwesten des Landes stehen
aber auch Klubs aus der Toskana, der Emiglia Romagna und von der Adriaküste
unter Verdacht.
Traditionsreichere Vereine der Serie A kamen bisher ungeschoren davon, weil
dem Sportrichter Palazzi nur die Unterlagen der Staatsanwaltschaft Cremona
vorlagen. Verbandspräsident Giancarlo Abete kündigte aber an: „Bis Mitte
des Monats haben wir auch die Akten aus Bari, dann wird es eine Fortsetzung
geben“. Hier müssen vor allem Abstiegskandidat Lecce zittern.
## Überraschende Volte
Lecce wird vorgeworfen, in der letzten Saison ein Spiel gegen Bari gekauft
zu haben. Bologna soll absichtlich gegen Bari verloren haben. Weiter im
Raum stehen Vorwürfe gegen Lazio, Genua, Chievo Verona, den SSC Neapel
sowie den in der letzten Saison in die Serie B abgestiegenen AS Bari.
Dort schlugen die Ereignisse nun eine völlig überraschende Volte. In der
Nacht zum Donnerstag nahm die Polizei einige Chefs von Fanklubs in
Gewahrsam. Sie werden beschuldigt, in der Saison 2010/11 Spieler des
Vereins bedroht zu haben. Es ist belegt, dass sie die Profis des
rechnerisch längst abgestiegenen Vereins aufforderten, ihnen Bescheid zu
sagen, wann sie Spiele verlieren werden, damit die Fans sich mit sicheren
Wetteinsätzen wenigstens finanziell etwas für die missratene Saison
entschädigen könnten.
Ob sie wussten, dass Bari-Kapitän Andrea Masiello zu diesem Zeitpunkt ein
regelrechtes Manipulationskarussell in Schwung hielt, ist allerdings
unklar. Für Italiens EM-Gegner verheißen diese Ereignisse nichts Gutes.
2006 verlieh die Verärgerung über die Strafen von Calciopoli den
italienischen Auswahlkickern derartige Flügel, dass sie den WM-Titel
gewannen. Ein Glück nur, dass Geschichte sich allenfalls als Farce zu
wiederholen pflegt.
10 May 2012
## AUTOREN
Tom Mustroph
## TAGS
SSC Neapel
Fußball
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