# taz.de -- Wettbetrug im englischen Fußball: Gefährliches Virus | |
> Sechs Personen werden in England verhaftet, auch ein Mitarbeiter des | |
> vorbelasteten Wilson Perumal. Festnahmen und Geständnisse gibt es auch in | |
> Österreich. | |
Bild: Welchen Einfluss hat der Tippzettel auf den Fußball? | |
BERLIN taz | Als Manchester United sich auf den Weg nach Leverkusen machte | |
und noch nicht wusste, dass diese Champions-League-Reise ein Spaziergang | |
werden sollte, hatte im noblen Marriott Victoria and Albert Hotel nur acht | |
Autominuten von Old Trafford entfernt mal wieder ein Geschäftsmann aus | |
Singapur eingecheckt. In mehreren Treffen mit Journalisten des Londoner | |
Daily Telegraph hatte er sich zuvor als Handlanger des berüchtigten | |
Wettbetrügers Wilson Raj Perumal vorgestellt und aus dem Nähkästchen | |
geplaudert. | |
„Am besten ist’s, man trifft sich am Samstag mit den Spielern allein. Dann | |
lässt man sich das Vereinbarte doppelt bestätigen. Sie schlagen fünf Tore | |
vor. Ich sage ihnen, vier reichen“, sagte er in einem per Kamera | |
festgehaltenen Gespräch in einer Hotellobby. Der Mann, dessen Gesicht in | |
dem veröffentlichten Video verdeckt ist, ging weiter ins Detail: „In der | |
ersten Halbzeit sollte es zwei Tore geben, 2:0 oder 1:1, das reicht. In der | |
zweiten Halbzeit gibt es dann ein 4:0 oder 3:1 oder 2:2, vier Tore eben. | |
Ich habe selbst eine Website für Wetten, wo ich setzen kann.“ | |
Der offensichtliche Wettbetrüger, der Anfang der Woche bei seiner Rückkehr | |
nach Manchester verhaftet wurde, entwickelte auch eine kongeniale Methode, | |
sich nach Anpfiff des Spiels der Gültigkeit der Vereinbarung zu versichern. | |
„In den ersten zehn Minuten will ich eine gelbe Karte sehen“, sagte er. | |
„Geht das denn?“, fragte verblüfft sein Gesprächspartner. „Das geht. We… | |
keine gelbe Karte kommt, dann gibt es gar kein Geld“, meinte er. Die gelbe | |
Karte eines vorher bestimmten Spielers lässt er sich 5.000 Pfund kosten. | |
Insgesamt kostet die Verschiebung eines Spiels, bei der mehrere Spieler, am | |
besten von beiden Mannschaften, beteiligt sein sollen, nach Angaben des | |
Singapurers 50.000 Pfund. Im internationalen Vergleich hält er die Summe | |
für hoch. Er geht von ca. 7.000 Pfund pro Kopf aus und macht folgende | |
Kalkulation für die Spieler auf: „Die verdienen 5.000 Pfund im Monat. Bei | |
mir können sie 7.000 Pfund in 90 Minuten bekommen.“ | |
## Wettbetrug schien unvereinbar mit der dortigen Mentalität | |
Die Monatssaläre legen nahe, dass es sich nicht um Spiele aus der Premier | |
League handeln dürfte. Sicher ist dies allerdings nicht. Denn mit Delron | |
Facey wurde auch ein ehemaliger Premier-League-Spieler im Zusammenhang mit | |
den Ermittlungen verhaftet. Für den Fußball auf der Insel ist dies eine | |
böse Überraschung. Bislang galten dort die Traditionen von Fairness, | |
Sportsgeist und Einsatzfreude als so tief verankert, dass ein Verlieren | |
gegen Geld unvereinbar schien mit der dortigen Mentalität. | |
Die vorher bekannt gewordenen Betrugsversuche der Singapurer Wettmafia | |
beschränkten sich auf die Organisation von Flutlichtausfällen, wenn ein | |
Spiel mit hohem Wetteinsatz nicht den erwarteten Verlauf nahm. In | |
Champions-League-Spielen mit britischer Beteiligung galt der | |
Betrugsverdacht jeweils den gegnerischen Vereinen. Immerhin 39 | |
Verdachtsfälle von Oktober 2011 bis September 2013 zählt aber die britische | |
Gambling Commission für den Fußball auf der Insel. Ob eine inhaltliche | |
Verbindung zu dem aktuellen Fall besteht, mochte ein Sprecher der Gambling | |
Commission gegenüber taz nicht kommentieren. | |
Neben den englischen Gefängnissen füllen sich derzeit auch österreichische | |
Knäste mit betrügenden Fußballern. Der frühere Nationalspieler Sanel Kuljic | |
und zwei weitere Komplizen wurden in dieser Woche wegen des Verdachts der | |
Manipulation von mindestens 15 Spielen vor allem der zweiten Liga in den | |
Jahren 2009 bis 2011 festgenommen. Auch hier vermutet der | |
Vorstandsvorsitzende des österreichischen Wettanbieters tipp3, Philip | |
Newald, hohe Wetteinsätze auf dem asiatischen Wettmarkt als Auslöser der | |
Manipulationen. | |
28 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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fest. Seine Helfer, auch bei den Fußballverbänden, müssen nun zittern. |