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# taz.de -- Sepp Blatter zu Wettmanipulationen: Kein Betrug ohne Betrüger
> Fifa-Präsident Sepp Blatter beschwört die Selbstreinigungskräfte des
> Fußballs. Experten hingegen suchen nach wirkungsvollen Maßnahmen gegen
> Wettbetrug.
Bild: Die Betrüger sind alle „aus unserer Welt des Fußballs“ (Fifa-Präsi…
ZÜRICH taz | Es geht voran im Kampf gegen Wettbetrüger. Vorerst noch mit
großen Worten und eher kleinen Taten. Aber schon das ist ein Fortschritt.
Beim Kongress „Sport, Wirtschaft und Ethik – eine Standortbestimmung“, die
das Early Warning System der Fifa am Freitag in Zürich ausrichtete, machte
Fifa-Präsident Sepp Blatter verbal kräftig mobil gegen die Verantwortlichen
der Glaubwürdigkeitsverlustgefahr.
Er forderte „null Toleranz“ gegenüber Wettbetrügern und sprach sich für
lebenslange Strafen aus. „Diejenigen, die das Spiel verkauft haben im
Fußball, die spielen nie wieder Fußball“, verkündete er mannhaft gegenüber
der taz. Für ihn stellt diese Drohkulisse „die erste Verteidigungslinie
gegen Wettbetrüger“ dar.
Er verblüffte die Vertreter von Polizeieinheiten und Wettanbietern mit der
Überlegung, dass der Sport das Problem allein lösen könne. „Wer sind denn
die Leute, die Spiele manipulieren?“, fragte Blatter rhetorisch – und
verwies auf „Spieler, Funktionäre – alles Personen aus unserer Welt des
Fußballs“. Wenn jeder in der schönen Fußballwelt ein ehrlicher Mensch wär…
hätte Spielmanipulation trotz der Interessen der organisierten Kriminalität
keine Chance, lautete die naheliegende Überlegung.
Es entbehrte nicht der Pikanterie, dass ausgerechnet der Boss eines
Weltverbands, dessen Vergabepraktiken für die eigenen Großevents – siehe WM
in Katar – zumindest anrüchig sind, die ethische Grundausstattung als ein
so wichtiges Instrument anführte. Aber man soll die Botschaft nicht an dem
Boten messen. Der Gedanke, dass es keine Spielmanipulation mehr geben
würde, wenn kein Sportler sich bestechen ließe, fasziniert durchaus.
## Pessimistische Prognosen
Ausgerechnet ein ebenfalls zum Kongress geladener Bänker ließ pfeifend die
Luft aus dem Ballon der Selbstreinigungsideale entweichen. „Wo betrogen
werden kann, da gibt es Menschen, die betrügen“, lautete das Fazit des
früheren Chefs der beiden Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS,
Oswald Grübel.
Grübels pessimistische Prognose traf sich mit der Felderfahrung des
Fifa-Sicherheitschefs Ralf Mutschke. Der ehemalige BKA-Mann beschränkt sich
nicht aufs Lesen – und Abheften – der Warnhinweise des Fifa-eigenen
Monitoringsystems EWS. Seit zehn Monaten ist er weltweit unterwegs, um
mittels Ethikseminaren in Vereinen und Verbänden nicht nur die Sensibilität
gegenüber Bestechungsversuchen zu erhöhen, sondern auch auf lokaler Ebene
ganz konkrete Informationen über Bestechungsversuche einzusammeln.
Bisher versickerten die oft. Aber in Zürich sprach Mutschke gegenüber taz
von „40 bis 60 ernsthaften Hinweisen auf Betrugsversuche“, die ihn entweder
über zwei Hotlines oder direkten Kontakt erreicht hätten. „Bei einem
Seminar in Guatemala hat uns ein Verein auf eine Person aufmerksam gemacht,
die als Manipulator auftrat und dem Verein stets ins Auswärtshotel folgt.
Durch Kontakte mit der Polizei haben wir seine Identität ermittelt“,
erzählte er von einem Erfolgserlebnis in jüngerer Zeit.
Das ist natürlich ein Lowkey-Approach. Der Fifa-Hase Mutschke hetzt über
den Globus und findet immer schon den einen oder anderen Manipulatoren-Igel
vor. Aber die Kenntnis über die Methoden der Wettbetrüger hat durch diese
Seminare bei der Fifa signifikant zugenommen. Mutschke unterscheidet
inzwischen souverän zwischen dem „kalten Kontakt“ und der
„Heranwachsmethode“ der Wettbetrüger.
## Kontakt „kalt“ oder langsam
Der „kalte Kontakt“ stellt das plumpe Ansprechen von Schiedsrichtern und
Sportlern dar. Bei der langsameren Methode „werden Spieler sehr genau auf
ihre Schwächen abgeklopft und langsam als Betrüger aufgebaut“, erklärt
Mutschke. Wettschulden sind ein ganz beliebter Angriffspunkt, weshalb der
Fifa-Sicherheitschef ein striktes Verbot von Fußballwetten für Kicker aller
wettrelevanten Klassen für unabdingbar hält. Das ist etwas, was der Sport
ganz autonom bestimmen könnte.
Auf polizeilicher Ebene tut sich im Übrigen auch etwas. Sogar im
südostasiatischen Wettraum. Seit 2009 führt Interpol mit lokalen
Polizeieinheiten im Rahmen der Operation Soga (Soccer & Gambling) Razzien
durch. „Das Ziel ist, dass man illegale Wettbüros entdeckt und dann auch
schließt. Die Razzien sind immer an ein großes Fußballevent gebunden – 2010
die WM in Südafrika, letztes Jahr die Europameisterschaft“, erläutert
Michaela Ragg, stellvertretende Leiterin der Sport-Integrity-Abteilung bei
Interpol.
Ihre Statistik weist immerhin 27 Millionen Dollar illegaler Wetteinsätze
auf, die in bar sichergestellt wurden. Wie schnell die illegalen Buchmacher
nach der Razzia wieder auf dem Posten waren, sagt die Statistik nicht. Aber
immerhin ist ein Umschlag vom bloßen Beobachten des Phänomens hin zu
tatsächlichen Handlungen zu konstatieren.
8 Apr 2013
## AUTOREN
Tom Mustroph
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