# taz.de -- EMtaz: Doping im Fußball: Grüße vom Yeti | |
> Die Uefa gibt bei dieser EM eine Million Euro im Kampf gegen Doping aus. | |
> Das ist eine Million für eine gute PR-Maßnahme – mehr nicht. | |
Bild: Doping? Nee, nee, nee | |
Letzter Schmäh unter Dopingnerds: „Warum haben die Fußballer gegen Ende hin | |
jetzt immer Krämpfe?“ – „Ist halt eine Nebenwirkung des neuesten | |
Dopingmittels.“ Nein, sie hängen sich natürlich rein biologisch rein, die | |
Kicker, laufen zwölf Kilometer in einem Spiel, und um den Verdacht, der ja | |
angeblich immer mitspielt, kümmern sich die Dopingkontrolleure. Die | |
arbeiten bei diesem Turnier im Auftrag des Veranstalters, der Uefa. | |
Der Fußballverband hat das Kontrollmanagement nicht an eine unabhängige | |
Institution vergeben. Das ist mittlerweile üblich, aber die Uefa rühmt sich | |
dennoch, das beste Antidopingprogramm der Fußballgeschichte zu haben. Die | |
Uefa gibt diesmal eine Million Euro für den Kampf gegen Doping aus. Sie | |
lässt total viele Spieler ins Fläschchen pullern, also vier Spieler pro | |
Partie. Zwischendurch gibt es noch ein paar unangekündigte Kontrollen, wie | |
jene bei den mittlerweile abgereisten Spaniern, als zehn Spieler zur Probe | |
gebeten wurden. | |
Die Uefa hat Glück, dass sie in Frankreich überhaupt noch ein Labor | |
gefunden hat, jenes in Chatenay-Malabry, das von der internationalen | |
Antidopingagentur Wada noch nicht dichtgemacht worden ist wegen | |
Schlamperei, so geschehen in Moskau, Rio de Janeiro, in | |
Bloemfontein/Südafrika, Peking, Lissabon, Madrid und im kasachischen | |
Almaty. Man könnte sagen, der Antidopingkampf steckt in einer großen Krise, | |
aber im Fußball, sagen die Fußballer, sei das kein Problem, weil Doping im | |
Fußball nichts bringe. Das hat zum Beispiel auch der große Trainer Jürgen | |
Klopp gesagt. Das ist, mit Verlaub, ganz großer Käse. | |
Auch Fußballer fühlen sich magisch hingezogen zum Medikamentenschränkchen | |
und Wunderdoktor. Radsportler und Leichtathleten müssen zwar immer | |
herhalten als die großen Dopingbösewichte, aber der Fußball mischt als | |
finanzkräftigste Unternehmung in der Sportunterhaltungsbranche munter mit. | |
Warum sollte ausgerechnet der führende globale Sport sauber sein? | |
Vor der EM kam heraus, dass sich Spieler der englischen Premier League bei | |
einem Quacksalber in London mit verbotenen Mitteln behandeln ließen. Und | |
bei den 1.278 Kontrollen, die die Uefa im Vorfeld der EM durchführen ließ, | |
fiel der Franzose Mamadou Sakho auf, der bei Jürgen Klopps FC Liverpool | |
spielt. Er hatte offenbar nur einen Fettverbrenner eingenommen, der nicht | |
auf der Verbotsliste steht. Sakho brummte eine Sperre von 30 Tagen ab und | |
hätte theoretisch sogar für Frankreich bei dieser EM spielen können. | |
## Wie einst Jan Ullrich | |
Dieser Fall ist exemplarisch für den Fußball, suggeriert er doch, hier gebe | |
es kein echtes Dopingproblem. Die Fußballlobby hat es aber auch verdammt | |
leicht, sich zu verteidigen. Sie kann stets, wie einst Jan Ullrich, sagen: | |
„Doping? Ich wurde nie positiv getestet!“ Wer allerdings Dopingkontrollen | |
für ein effektives Mittel zur Bekämpfung des Medikamentenmissbrauchs | |
ansieht, der glaubt auch an die Existenz des Yeti. | |
In Deutschland kämpft die nationale Antidopingagentur Nada aus Bonn gegen | |
das Böse im Sport. Neulich hat sie in Berlin ihren Bericht für das Jahr | |
2015 vorgelegt. Für den Fußball ergibt sich ein interessantes Bild. Es hat | |
im Vorjahr 484 Trainingskontrollen gegeben und 1.447 Wettkampfkontrollen. | |
Trainingskontrollen wurden bei den Nationalteams der Frauen und Männer | |
durchgeführt, außerdem in der ersten und zweiten Bundesliga der Männer. | |
Wettkampfkontrollen fanden bis hinab in die Regionalliga statt; auch in der | |
Juniorenbundesliga wurde sporadisch getestet. | |
Man muss keinen Nobelpreis in Mathematik gewonnen haben, um festzustellen, | |
dass nur jeder zweite deutsche Spitzenfußballer im Training überhaupt zur | |
Urinspende gebeten wird. Und nur 75 Prozent der Kicker müssen, über das | |
Jahr gesehen, nach einem Spiel zum Dopingtest, das heißt, so mancher | |
Spieler kann 50 Wettkämpfe im Jahr ohne jeden Dopingtest bestreiten. Nur in | |
140 Fällen wurde in den Proben von Fußballspielern nach dem | |
Blutdopingmittel Epo und nach Wachstumshormonen gefahndet. | |
Das sind mickrige Zahlen, die trotzdem zur Beruhigung der Öffentlichkeit | |
beitragen, sagen sie doch: alles gut. Bei der Nada wurden 2015 nur drei | |
Fußballer mit einer verbotenen Substanz aufgestöbert – jeweils mit | |
Glucocorticoiden; diese Substanz hilft gegen Entzündungen im Körper. Alle | |
drei Fußballer wurden freigesprochen. Zwei konnten ärztliche Atteste | |
vorlegen, einmal hieß es schlicht: „kein Dopingverstoß“. Wie schön: Die | |
Fußballwelt bleibt heil. Und heute spielt Portugal gegen Polen. | |
29 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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