# taz.de -- Finanzinstitut im politischen Streik: Ethikbank im Ausstand | |
> Bankenregulierung gut und schön. Aber können kleine Institute den | |
> gleichen Aufwand betreiben wie etwa die Deutsche Bank? | |
Bild: Nein, nicht die Schuhe, die MitarbeiterInnen der sozial-ökologischen Eth… | |
Hamburg taz | Die Aktion ist bislang einzigartig: Nicht die Gewerkschaft | |
rief zum Streik auf, sondern der Vorstand – gar noch der Vorstand einer | |
Bank. Und die Angestellten machten mit. | |
Am Mittwoch blieben alle Türen der sozialökologisch ausgerichteten | |
Ethikbank geschlossen. Die Geschäfte der bundesweit aktiven Direktbank | |
ruhten auch im Internet. Niemand ging ans Telefon. | |
Stattdessen fuhr Vorstandsvorsitzender Klaus Euler mit seiner Belegschaft | |
aus dem thüringischen Eisenberg nach Berlin in die Schellingstraße, um vor | |
der Zentrale des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und | |
Raiffeisenbanken (BVR) gegen „die überbordende europäische | |
Kontrollbürokratie“ zu protestieren. Euler wirft dem BVR vor, den Brüsseler | |
Regulierungsplänen „politisch noch zu wenig entgegenzusetzen“. | |
Es sei „Irrsinn“ zu glauben, sagte Euler der taz, dass die 1.023 | |
genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken oder die 409 Sparkassen | |
dauerhaft die gleiche Kontrollbürokratie wie eine Deutsche Bank abarbeiten | |
könnten. „Das geht schlichtweg nicht.“ Langfristig würde dadurch sogar die | |
Existenz mittelständischer Banken gefährdet. In Deutschland und der EU. | |
Der Bankerstreik stößt bei Finanzexperten auf Verständnis. „Die Ethikbank | |
fühlt sich für die Exzesse, welche die Banken ausgelöst haben, am wenigsten | |
verantwortlich“, sagt Friedrich Thießen, Finanzprofessor an der TU | |
Chemnitz. Auch andere Banken klagten zunehmend über die Bürokratie, hat der | |
Kapitalmarktexperte beobachtet. Zu Recht: „In keiner anderen Branche haben | |
Organisations- und Kontrollvorschriften so zugenommen.“ | |
## „Existenzgefährdende Bürokratie“ | |
Beispielsweise erfordert die Einarbeitung neuer EU-Regularien teure | |
Investitionen in die Datenverarbeitung. So sind Minuszinsen in vielen | |
Computerprogrammen noch gar nicht vorgesehen und müssen per Hand | |
eingepflegt werden. Und der Datenhunger der Bankenaufseher führt zu enormen | |
Meldeanforderungen. So verlangt die Europäische Zentralbank zukünftig von | |
jeder Bank die genauen Daten nahezu jeden Kredits. Ausleihungen an | |
Firmenkunden, später auch an Privatpersonen, soll dann die Ethikbank mit | |
jeweils 120 Einzelmerkmalen übermitteln. Ab 2018 könnte Big Data für jeden | |
Kredit ab 25.000 Euro gelten. | |
Kritiker fordern stattdessen, die bislang gültige Untergrenze von einer | |
Million Euro beizubehalten, ab der bislang Kredite an die Bundesbank | |
gemeldet werden müssen. Auch der genossenschaftliche Bankenverband BVR | |
kritisiert das kostspielige „Ungetüm ohne Grenzen“ – wenn auch nach Mein… | |
der Ethikbanker nicht harsch genug. Es sei nicht durch einen entsprechenden | |
Erkenntnisgewinn gerechtfertigt. Dagegen erhoffen sich Bankaufseher aus der | |
Flut von Meldedaten neue Erkenntnisse für die Finanzstabilität. | |
Die seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 eingeführten | |
Regulierungen stellen schon heute kleine und mittlere Banken „vor große | |
Belastungen“, warnt ein Sprecher des Fachbereichs Finanzdienstleistungen | |
der Gewerkschaft Verdi. „Die sinnvolle Proportionalität, dass große Banken | |
stärker kontrolliert und reguliert werden müssen als kleine, scheint | |
unterzugehen.“ | |
Eine Alternative bietet der US-amerikanische Ansatz. Die wenigen großen | |
international tätigen Bankkonzerne werden in den Vereinigten Staaten anders | |
reguliert als die vielen tausend lokalen Banken und Kreditgenossenschaften. | |
„Zeigt endlich Mut – Stoppt die Regulierungswut!“, forderten denn auch die | |
70 Mitarbeiter der Ethikbank und ihrer Konzernmutter Volksbank Eisenberg, | |
die in der Bundeshauptstadt protestierten. | |
16 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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