# taz.de -- NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe: Der Geistesgegenwärtige | |
> Der Berliner Rechtsprofessor Christoph Möllers will in Karlsruhe das | |
> NPD-Verbot für den Bundesrat durchfechten. Ein Porträt. | |
Bild: Dauergast am Verfassungsgericht: der Jurist Christoph Möllers. | |
FREIBURG taz | Für Staatsrechtler gibt es kaum etwas Anspruchsvolleres als | |
einen Auftritt vor dem Bundesverfassungsgericht. Auf der Richterbank sitzen | |
dann acht top-vorbereitete JuristInnen. Sie haben die Schriftsätze der | |
Prozessparteien bereits intensiv vorberaten und versuchen jetzt, deren | |
Schwachstellen offenzulegen. Schon mancher Anwalt und Professor war diesem | |
Härtetest nicht gewachsen und hat sich in Karlsruhe böse blamiert. | |
Einer hat dagegen in den letzten Jahren meist brilliert: der Berliner | |
Rechtsprofessor Christoph Möllers. Kaum jemand kann in solchen Situationen | |
so geistesgegenwärtig auf Richterfragen reagieren wie er. Meist redet er | |
dabei auch so schnell und nuschelig, dass sich nun ihrerseits die Richter | |
sehr konzentrieren müssen, um zu verstehen, was er antwortet. | |
Seine Karlsruher Feuertaufe erlebte Möllers im Dezember 2009, als er die | |
Bundesregierung im Streit um die Vorratsdatenspeicherung vertrat. Die | |
zuständige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) war zu | |
Hause geblieben, sie gehörte ja selbst zu den Klägern. Die Staatssekretärin | |
Birgit Grundmann verteidigte das Überwachungsgesetz mit keinem Wort. | |
Möllers stand also ganz allein gegen drei Klägergruppen und eine sichtlich | |
skeptische Richtermehrheit. Zwar verlor er den Prozess, und die | |
Vorratsdatenspeicherung wurde gekippt. Aber Möllers machte damals einen so | |
guten Eindruck, dass er seither immer wieder die Bundesregierung in | |
Karlsruhe vertritt. | |
Zurzeit ist Möllers, der trotz seiner 47 Jahre immer noch jungenhaft wirkt, | |
geradezu Dauergast am Verfassungsgericht. Vor dem NPD-Prozess war er Anfang | |
Februar am Verfahren über die Rolle der Europäischen Zentralbank bei der | |
Eurorettung beteiligt. Mitte März wird er die Regierung im Prozess der | |
Atomkonzerne gegen den Atomausstieg vertreten. Und kurze Zeit danach wird | |
das Verfahren zum BKA-Gesetz beendet, bei dem Möllers ebenfalls auf | |
Regierungs-Seite stritt. | |
## Sechzehn eigensinnige Auftraggeber | |
Da die Bundesregierung im NPD-Verfahren auf einen eigenen Verbotsantrag | |
verzichtete, konnte sich diesmal der Bundesrat als Antragsteller die | |
Dienste Möllers‘ sichern. Aus Möllers’ Sicht ist das Verfahren besonders | |
komplex, weil er hier so viele Auftraggeber hat, nämlich 16 Bundesländer | |
mit jeweils eigenen Sichtweisen. Der Bundesrat engagierte deshalb auch | |
gleich ein Duo: Möllers vertritt dabei die SPD-geführten Länder, während | |
sein Kollege, Christian Waldhof, für die unionsregierten Länder arbeitet. | |
Beide sind aber ein gutes Team, da sie schon seit Studienzeiten befreundet | |
sind. | |
Möllers kommt ursprünglich aus Bochum. Aus Oppositionslust wurde er im | |
SPD-dominierten Ruhrgebiet erst einmal Mitglied der Grünen. Später landete | |
er dann aber doch bei den Sozialdemokraten. Als Rechtsprofessor forschte | |
und lehrte er in Münster, Göttingen und seit 2009 an der | |
Humboldt-Universität Berlin. Immer wieder ist er auch selbst als | |
Verfassungsrichter im Gespräch. | |
2011 veröffentlichte er zusammen mit drei Kollegen das Buch „Das entgrenzte | |
Gericht“, in dem das Bundesverfassungsgericht hart angegangen wurde. | |
Möllers zweifelte dabei auch am Nimbus des Verfassungsgerichts und ob | |
dessen Beliebtheit tatsächlich die Akzeptanz des Staates erhöhe. | |
Wissenschaftlich beschäftigt sich Möllers auch mit Rechtsphilosophie. Den | |
Spagat zwischen der konkreten Interessenvertretung vor Gericht und der | |
zweckfrei-abstrakten Wissenschaft findet er besonders reizvoll. Jüngst | |
machte ihn die Deutsche Forschungsgemeinschaft zum Leibniz-Preis-Träger | |
2016. Das Preisgeld in Höhe von 2,5 Millionen Euro muss er nun binnen | |
sieben Jahren in Forschungsprojekte investieren. Was er genau vorhat, wird | |
er im Sommer überlegen, wenn er Elternzeit für sein zweites Kind nimmt. | |
Vermutlich wird er künftig aber weniger Zeit für Karlsruher Mandate haben. | |
29 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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