# taz.de -- Sammler vergrault: Kein Deal mit den Mäzenen | |
> Der Denkmalschutz ist schuld daran, dass zwei wertvolle Sammlungen nun | |
> anderswo zu sehen sind, sagt das Kulturressort. Die Politik wollte sie | |
> nicht, sagt die CDU. | |
Bild: Zeigte seine Gerhard-Richter-Bilder nun in Nürnberg: der Sammler Georg B… | |
BREMEN taz | Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) hat am Dienstag die | |
Entscheidung verteidigt, zwei wichtige Sammlungen zeitgenössischer Kunst | |
nicht nach Bremen zu holen. | |
Es geht dabei um die weltweit drittgrößte Sammlung mit | |
Gerhard-Richter-Gemälden und Deutschlands zweitgrößte Fluxus-Sammlung. Die | |
Bilder von Gerhard Richter – auf dem Kunstmarkt einer der teuersten noch | |
lebenden Künstler – gehören dem Ehepaar Böckmann. Und die wiederum zählen | |
zu den Gründern der Weserburg, engagieren sich im Stiftungsrat des | |
Sammlermuseums. Sein Geld verdient Anwalt Georg Böckmann als Chef der | |
Berliner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsfirma Trinavis. | |
Er wollte die Bilder längerfristig an die [1][Weserburg] binden – und im | |
Gegenzug dafür „umfassende Erleichterungen bei der Erbschaftssteuer“. Und | |
keine „dauerhafte Verfügungsbeschränkungen für die Erben“. So jedenfalls | |
berichtete es das Kulturressort nun auf CDU-Nachfrage der Kulturdeputation. | |
Böckmann möchte heute nicht mehr darüber sprechen. | |
Das Kulturressort habe „nicht auf direkte Bitte der Sammler“ oder in | |
„direkten Verhandlungen mit ihnen Angebote geprüft“, behauptet das | |
Kulturressort. Beim Fluxus-Sammlerehepaar Walter und Maria Schnepel klingt | |
das anders: 2008 habe das Kulturressort ihm suggeriert, man würde seine | |
Fluxus-Sammlung als steuerbefreite Stiftung als Dauerleihgabe an die | |
Weserburg holen, berichtete Walter Schnepel der taz. 2010 sei er vom | |
damaligen Bürgermeister und Kultursenator Jens Böhrnsen (SPD) auf die Zeit | |
nach der Wahl 2011 vertröstet worden. Im Jahr darauf erhielten sowohl die | |
Schnepels als auch Böckmanns eine Absage – auf Nachfrage. | |
Das Kulturressort sei für die Prüfung steuerlicher Erleichterungen nach dem | |
Erbschaftssteuergesetz gar „nicht zuständig“, behauptet das Ressort nun | |
lapidar. Es sei lediglich an einer „Prüfungsbitte“ des früheren | |
Staatskanzleichefs und Stiftungsratvorsitzenden der Weserburg, Reinhard | |
Hoffmann, „beteiligt“ gewesen. 2009 war das. Hoffmann, so das Ressort, | |
setzte sich damals dafür ein, dass Sammler umfassend von der | |
Erbschaftssteuer befreit werden, wenn sie ihre Kunst öffentlichen Museen | |
zur Verfügung stellen – und temporären Denkmalschutz akzeptieren. | |
Letzteres findet das Kulturressort „höchst problematisch“: Das widerspreche | |
dem Kerngedanken der Denkmalpflege und sei mit den Prinzipien des | |
Denkmalrechts „nicht vereinbar“, so das Ressort. Also wurde Hoffmanns | |
Vorstoß abgelehnt. | |
In Bayern war man da großzügiger: Insgesamt erhielt das Neue Museum in | |
Nürnberg von Böckmann 69 Werke, auch Bilder von Gotthard Graubner, A.R. | |
Penck und Isa Genzken. Nur zwei Bilder fehlen – Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel hat sie sich bis 2017 ausgeliehen. Die Richter-Bilder wurden vor | |
zwei Jahren in Nürnberg gezeigt – und erwiesen sich dort als | |
Publikumsmagnet: Mehr als 60.000 Menschen sahen die Ausstellung. Eine | |
vergleichbare Ausstellung in der Weserburg hätte wohl ähnlichen Erfolg | |
gehabt. | |
Das Kulturressort versteckt sich hinter dem Denkmalschutz, kritisiert der | |
CDU-Kulturpolitiker Claas Rohmeyer. „Das war eine politische Entscheidung“, | |
so Rohmeyer – eine, die „nicht gut war für Bremen“. Nur einen politischen | |
Grund habe das Ressort bisher nicht genannt. Rohmeyer sieht, mit Blick auf | |
Bayern, durchaus „Ermessensspielräume“. Man müsse verhindern, das solche | |
Sammlungen künftig „an den Bremer Museen vorbeigehen“. | |
8 Mar 2016 | |
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[1] http://www.weserburg.de/ | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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