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# taz.de -- Der Klimawandel als Kriegstreiber: Scharmützel um den „Klimakrie…
> Der Klimawandel sei mitverantwortlich für den Krieg in Syrien, behaupten
> Politiker und Militärs. Wissenschaftler widersprechen.
Bild: Nordsyrien: Ein Rebell schläft in einem Graben in der Nähe der Stadt …
Berlin taz | Hat der Krieg in Syrien etwas mit dem Klimawandel zu tun? Für
viele Medien und die US-Regierung heißt die Anwort: ja. Präsident Barack
Obama warnt: „Dürre, Ernteausfälle und teure Lebensmittel haben geholfen,
den frühen Konflikt zu befeuern.“ Sein Außenminister John Kerry erklärte,
es sei „kein Zufall, dass direkt vor dem Ausbruch des Krieges Syrien die
schlimmste Dürre seiner Geschichte erlebte.“ Und der ehemalige
Vizepräsident Al Gore erklärt: „Der Klimawandel hat in Syrien die Tore der
Hölle geöffnet.“
Wissenschaftler des [1][“Deutschen Klimakonsortiums“ (DKK)] dagegen warnen
vor Schnellschüssen. Klimawandel sei bei Konflikten „nur ein Treiber unter
vielen“, heißt es in einer [2][Erklärung des DKK (pdf-Datei)], in dem sich
deutsche Forscher und Institute zusammengeschlossen haben. „Unsere Daten
erlauben keine solchen Rückschlüsse“, sagt Paul Becker, Vizepräsident des
[3][Deutschen Wetterdienstes], zu den Behauptungen, die Dürre in Syrien sei
Folge des Klimawandels.
Und Christiane Fröhlich vom [4][Institut für Friedensforschung und
Sicherheitspolitik an der Uni Hamburg] stellt nach einer Forschungsreise in
den Nahen Osten die Annahme infrage, dass die Landflucht der Bauern zum
Ausbruch des Konflikts geführt habe. „Die vielfach propagierte einfache
Kausalität zwischen Dürre, Migration und Konfliktausbruch lässt sich so
nicht halten“, sagt Fröhlich.
Die These von einem Klimakrieg in Syrien geht zurück auf eine Studie des
US-Klimatologen Colin Kelley. Dort heißt es, die außergewöhnliche Dürre
zwischen 2006 und 2010 habe die Ernten vernichtet und 1,5 Millionen Bauern
vertrieben. Der Klimawandel habe die Dürre deutlich wahrscheinlicher
gemacht und einen „katalytischen Effekt, der zum politischen Aufstand“
beitrage.
## Radikalisierte Bauern
Bei Politikern und Medien in den USA und Großbritannien ist die These
populär, die geflohenen Bauern in den Vororten der großen Städte hätten
sich angesichts fehlender Perspektiven radikalisiert und zum Widerstand
gegen das Assad-Regime beigetragen.
Becker und Fröhlich widersprechen. Es gebe mehr Dürren in den letzten 60
Jahren. Aber der Einfluss des Klimawandels auf die Dürregefahr sei
„statistisch nicht signifikant nachweisbar, aufgrund der hohen natürlichen
Schwankungsbreite des Niederschlags“, so Becker.
Fröhlich wiederum hat in Jordanien syrische Flüchtlinge befragt. Ihr Fazit:
Zwar habe es während der Dürre mehr Migration gegeben, aber für Kleinbauern
eher in andere ländliche Gebiete. „Weder war die Dürre der einzige Auslöser
von Migration, noch waren es die Klimamigranten, die die Proteste initiiert
haben“, sagt die Forscherin.
## Militärisches Sicherheitsrisiko
Zunehmend würden Klima und Flüchtlinge als militärisches Sicherheitsrisiko
wahrgenommen, warnt Fröhlich. Militärplaner etwa im
US-Verteidigungsministerium haben die Erderwärmung ins Visier genommen und
vor den Folgen für die „nationale Sicherheit“ gewarnt: durch
Meeresspiegelanstieg, der Militärbasen bedroht, die Unterbrechung von
Versorgungswegen durch Unwetter, aber auch durch soziale Unruhen und
Flüchtlingsströme.
Der [5][UN-Klimarat IPCC] hat anerkannt, dass der Klimawandel zu Migration
führen kann, allerdings sei eine direkte Verbindung oft schwierig zu
beweisen. Armut und das Versagen von Staaten, beides Tendenzen, die Gewalt
begünstigten, machten aber Menschen deutlich anfälliger für die Folgen der
Klimaänderung, schreibt das Gremium in seinem 5. Sachstandsbericht 2014.
Daher drohten „verwundbare“ Bevölkerungsgruppen doppelt zu Opfern zu
werden: „Gewaltkonflikte in großem Maßstab beschädigen die Infrastruktur,
Institutionen, natürliches und soziales Kapital und die Chance, den
Lebensunterhalt zu verdienen.“
Auch Friedensforscherin Fröhlich warnt davor, dass in Verbindung mit
Meldungen über „200 Millionen Klimaflüchtlinge“, die angeblich drohen,
„ganz schnell Maßnahmen der Abschottung oder militärischen Abwehr von
Flüchtlingen gerechtfertigt werden können, die sonst nicht denkbar wären“.
Die Flüchtlinge würden dann nicht mehr als Opfer, sondern vor allem als
Bedrohung wahrgenommen.
7 Mar 2016
## LINKS
[1] http://www.deutsches-klima-konsortium.de/
[2] http://www.deutsches-klima-konsortium.de/fileadmin/user_upload/pdfs/PE_PM/2…
[3] http://www.dwd.de/DE/Home/home_node.html
[4] https://ifsh.de/
[5] http://www.ipcc.ch/
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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