| # taz.de -- Klimafolgen in Bangladesch: 25 Millionen Klimaflüchtlinge | |
| > Bangladesch verliert Klimaprognosen zufolge bald ein Fünftel seiner | |
| > Fläche. Der General Munir Muniruzzaman erklärt, was das bedeutet. | |
| Bild: Die überfluteten Straßen in Dhaka, Bangladesch, im August 2015. | |
| Bangladesch ist ein Frontstaat des Klimawandels. Wir sind eines der | |
| verwundbarsten Länder. Als Soldat und Sicherheitsberater sehe ich große | |
| Probleme, die Bangladesch nicht allein bewältigen kann. Laut dem Bericht | |
| des Weltklimarates IPCC bedeutet ein Anstieg des Meeresspiegels im Golf von | |
| Bengalen um einen Meter, dass mein Land 17 bis 20 Prozent seiner Landfläche | |
| verliert. | |
| Stellen Sie sich mal vor, was dies für ein Land mit 170 Millionen | |
| Einwohnern und der höchsten Bevölkerungsdichte der Welt heißt! Laut unserem | |
| Nationalen Strategiepapier zum Klimawandel wird mein Land dann 20 bis 25 | |
| Millionen Klimaflüchtlinge haben. | |
| Die Verhandler in Paris sind gewohnt, in einer Komfortzone zu leben. Im | |
| Bangladesch ändert sich aber längst die Lage vor Ort. Der Meeresspiegel | |
| wird um einen Meter ansteigen. Das gilt als unumkehrbar, selbst wenn wir | |
| den globalen Temperaturanstieg auf 2 Grad beschränken können, woran ich | |
| Zweifel habe. | |
| ## Syrien ist erst der Anfang | |
| Europa tut sich jetzt schwer mit Tausenden Flüchtlingen aus Syrien. In | |
| Bangladesch werden es Abermillionen Flüchtlinge sein, die größte | |
| Massenmigration der Geschichte. Wie soll man damit fertig werden? | |
| Wir spüren die Auswirkungen des Klimawandels schon in allen Bereichen | |
| unserer Wirtschaft, unseres sozialen Lebens und unserer Sicherheit. Die | |
| Zyklen des Monsuns ändern sich bereits und mit ihnen der Strom der Flüsse. | |
| Es kommt schon weniger Wasser in der Trockenzeit zu uns, während wir in der | |
| Regenzeit zu viel Wasser bekommen, was zu Überschwemmungen führt. Brauchen | |
| wir kein Wasser, bekommen wir zu viel, brauchen wir es, haben wir zu wenig. | |
| Salziges Meerwasser dringt in die Ackerböden. Das wirkt sich auf unsere | |
| Agrarproduktivität und unsere Fischerei aus, von denen wir im Delta des | |
| Brahmaputra, Ganges und Meghna abhängen. Das sind unsere Lebensadern. Viele | |
| Menschen verlieren ihre Lebensgrundlagen. Die Lebensmittelsicherheit ist | |
| auf Dauer nicht gewährleistet, es wird deshalb zu Unruhen kommen. | |
| ## Chaos und Spannungen | |
| Auch dies wird zu massiver interner Migration führen. Menschen werden in | |
| die bereits stark bevölkerten Städte ziehen, wo es zu sozialen Verwerfungen | |
| kommen wird. Die städtische Infrastruktur wird zusammenbrechen. Dies wird | |
| zu noch mehr Chaos führen. Die Migration wird auch grenzüberschreitend | |
| sein. Indien hat schon einseitig einen Grenzzaun auf 80 Prozent der 4.300 | |
| Kilometer langen gemeinsamen Grenze gebaut. | |
| Die verstärkte Migration aus Bangladesch wird zu humanitären Katastrophen, | |
| zu Spannungen an der Grenze und zu möglichen Konflikten führen. Denn | |
| angesichts der Bevölkerungsgröße von Bangladesch wird jede Sicherheitsfrage | |
| nicht nur auf uns beschränkt bleiben. Dies wird die regionale und | |
| internationale Stabilität und Sicherheit beeinflussen, sich schnell | |
| ausbreiten und Südasien destabilisieren | |
| Die Region hat schon eine Geschichte der Konflikte und zudem eine hohe | |
| Dichte von Atomwaffen. Jedes Zeichen von Instabilität könnte sich | |
| verheerend auswirken. Als Sicherheitsberater bin ich stark beunruhigt. Aber | |
| viele Menschen schauen weg, bleiben in ihrer Komfortzone und hoffen, dass | |
| es sie in ihrem Leben nicht mehr betrifft. Jeder reicht das Problem weiter. | |
| Dabei sind die genannten Probleme vorhersagbar. | |
| Notiert von Ingo Arzt, übersetzt von Sven Hansen | |
| 10 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Munir Muniruzzaman | |
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