# taz.de -- Tanzen in der Telefonzelle: Hier geht aber richtig die Post ab | |
> Die Berliner Partyszene feiert nun in Mini-Diskotheken in Telefonzellen. | |
> Das „taz-Partyteam“ hat eine getestet. | |
Bild: Fast wie im Berghain: Berlins neue Partytelefonzellen. | |
Was hat sich Berlin nicht schon alles einfallen lassen, um seinen Ruf als | |
Party-Metropole zu behaupten? Techno, Berghain, Open Airs – in der | |
Hauptstadt geht immer und überall die Post ab! | |
Nun gibt es aber eine ganz neue coole Partyidee: Tanz in der Telefonzelle. | |
Das Start-up-Unternehmen Teledisko hat drei der gelben Boxen zu | |
Mini-Diskotheken umfunktioniert. Außen haben die Erfinder das Gelb mit | |
schillerndem Gold überstrichen und die Scheiben verspiegelt. Drinnen wurde | |
der Fernsprecher durch eine Jukebox und eine Diskokugel ausgetauscht. | |
Gegen eine Gebühr von 2 Euro können Partylustige sich jetzt ein Lied | |
aussuchen und auf knapp anderthalb Quadratmetern abfeiern. Wer will, kann | |
sich für 2 weitere Euro dabei fotografieren lassen. Bisher hat Teledisko | |
zwei Boxen, die sogenannte Gold-Edition auf dem RAW-Gelände und die | |
„Silver-Edition“ auf dem Areal des Kater-Blau in Friedrichshain, | |
aufgestellt. Unsere taz-Praktikanten haben die Mini-Disko ausprobiert. | |
Fabienne von der Eltz: | |
„Die Tür der Teledisko öffnet sich – mir springen die großen bunten Knö… | |
ins Auge. Hiermit kann man wohl Nebel und Stroboskoplicht einschalten. Als | |
sich die Tür schließt, wird es plötzlich dunkel, und die ersten Takte vom | |
Ace-of- Base-Song „I Saw The Sign“ ertönen. Mein Partyfeeling stellt sich | |
ein. Denn zu dritt ist es in der Telefonzelle genauso eng wie auf der | |
Tanzfläche eines überfüllten Clubs. Zeit für Effekte: Ich drücke ein paar | |
Mal auf den roten Knopf, und schon ist die Telefonzelle voller Nebel. Der | |
blaue Knopf schaltet das Stroboskoplicht an. Bunte Lichtblitze zucken durch | |
die Zelle. Ich habe Spaß, denn hier passt alles rein, was zu einer | |
richtigen Party gehört. Nur die Bar fehlt.“ | |
Patrick Große: | |
„Disko in einer Telefonzelle. Jetzt bin ich wirklich in Berlin angekommen. | |
Die Stadt, in der jeder seine Ideen realisieren kann, egal wie schräg sie | |
sind. Ich frage mich dennoch: Wie kommt man auf so eine Idee? Die | |
Telefonzelle überzeugt. Eine durchaus spaßige Angelegenheit. Aufgestellt im | |
Partykiez können angeheiterte Diskobesucher nun ein Erinnerungsfoto | |
schießen lassen. Aber: Mehr als zwei Personen sollten sich nicht | |
reinzwängen. Schon zu dritt wird die Luft knapp. Vor allem wenn der | |
Diskogast über Knopfdruck Nebel erzeugt. Während das Lied läuft, sind zudem | |
die Türen verschlossen. Wer also an Platzangst oder Asthma leidet, dem wird | |
der Spaß vermutlich schnell vergehen.“ | |
Francis Laugstien: | |
„Party in einer Telefonzelle – was für ein Quatsch. Wer in Berlin feiern | |
gehen möchte, der hat doch wirklich bessere Möglichkeiten. Klar, dass die | |
Idee von Teledisko nicht ernst gemeint ist. Genau das aber ist das Problem. | |
Was soll eine Mini-Disko in einer Club-Gegend? Die ganze Ironie in der | |
Stadt hängt mir langsam zum Halse raus. Die Gäste der Minidisko zahlen doch | |
nicht ernsthaft, weil sie tanzen wollen? Das geht auf der winzigen Fläche | |
drinnen auch gar nicht. Ich glaube, sie feiern das Gefühl, etwas völlig | |
Sinnloses zu tun. Cool!“ | |
23 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Francis Laugstien | |
Fabienne von der Eltz | |
Patrick Große | |
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