# taz.de -- Kolumne Darum: kaVole üsstsch und ! | |
> Was haben „Dada“ und das Leben mit Kindern gemeinsam? „Dada“ und Kind… | |
> stehen für Zweifel an allem. „Darum“ verabschiedet sich. | |
Bild: War schön und jetzt nichts wie los. | |
Wieder quäle ich mich mit dieser Kolumne. Wieder sind es zu viele Verwandte | |
und Bekannte, die beim Schreiben unsichtbar hinter mir stehen und mir | |
reinreden, was ich zu schreiben und was ich zu lassen habe. Die Kinder, | |
aber auch die Frau, die Großeltern, Kollegen, Freunde, andere Eltern, sogar | |
Lehrer der Kinder. Meine Kinder wurden schon von ihren Lehrern auf die | |
Kolumne angesprochen. Sie waren stolz darauf, mir war es peinlich. | |
Peinlich, weil sich so die Galerie derer vergrößert, an die ich denke, wenn | |
ich über meine Kinder schreibe. In der Realität ist da niemand, der hinter | |
mir steht. Keiner redet mir beim Schreiben rein. | |
Es sind aber so viele Gespräche über „Darum“ geführt worden, darüber, T… | |
des Lebens meiner Kinder öffentlich auszubreiten, egal ob real oder | |
verfremdet, dass es sich so anfühlt, als stünden sie alle da und | |
schüttelten den Kopf. Kurz: Ich bin beim Schreiben von „Darum“ nicht mehr | |
frei, es macht keinen Spaß mehr, es ist nur noch Fügsamkeit in ein Format, | |
das nunmal befüllt werden muss. | |
Ich will mich aber nicht mehr fügen. Im Gegenteil. „Ich will meinen eigenen | |
Unfug, und Vokale und Konsonanten dazu, die ihm entsprechen“, schrieb Hugo | |
Ball vor knapp 100 Jahren [1][im Dada-„Eroeffnungs-Manifest“]. Und ich will | |
den Zweifel an allem und jedem, für den Dada steht, und den der | |
Twitter-Account [2][„Dada100Zürich2016“] mit dem schönen Hashtag #Zweifel | |
betont: „Eine einfache Frage genügt meistens, um uns aus unserem | |
Alltagstrott und unseren Routinen zu befreien und Platz für Inspiration zu | |
schaffen.“ | |
## Meine Unsinnsansammlungen | |
Nun denn, Unfug mit eigenen Vokalen und Konsonanten: [3][Arrrgggh!!! | |
Gruuunzzz!!] Raus mit all den Geräuschen, die Kinder so machen, wenn sie | |
sich unbeobachtet fühlen. Popeln und furzen, von Kindern lernen, | |
[4][niemals Maß zu halten.] Sich in der „M&M-World“ vollfressen, [5][statt | |
darüber zu schreiben]. Hemmungslos streiten [6][ohne Kompromisse]. Und vor | |
allem: nichts mehr erklären müssen, einfach alles so stehenlassen. | |
Nun denn, Zweifel: Ich soll erziehen? Ich bin doch im Herzen [7][selbst | |
noch ein Kind]. Ich soll Regeln verordnen? Ich hasse Regeln. Man kann doch | |
nicht den ganzen Tag lang nur Süßigkeiten essen, sage ich den Kindern. | |
Doch, kann man, sagen sie. „Aber dann wird einem schlecht.“ „Echt? Woher | |
willst du das wissen? Hast du es je ausprobiert?“ Nein, gebe ich zu, habe | |
ich nie. | |
[8][Die Wikipedia definiert]: „Der Dadaismus stellte die gesamte bisherige | |
Kunst in Frage, indem er ihre Abstraktion und Schönheit durch z. B. | |
satirische Überspitzung zu reinen Unsinnsansammlungen machte“. Meine Kinder | |
sind in diesem Sinne Dadaisten, sie machen aus meinen Sätzen seit Jahren | |
mit einer kleinen Grimasse „Unsinnsansammlungen“. | |
Zum 100. Geburtstag des Dada will ich sie einfach nur loben und preisen als | |
Meister des Zweifels und Künstler der Provokation. Zum Abschluss dieser | |
Kolumne nochmal Hugo Ball, nochmal das Dada-„Eroeffnungs-Manifest“: „Dada | |
stammt aus dem Lexikon. Es ist furchtbar einfach. Im Franzoesischen | |
bedeutets Steckenpferd. Im Deutschen: Addio, steigt mir bitte den Ruecken | |
runter, auf Wiedersehen ein ander Mal!“ Gute Worte, um mit „Darum“ | |
abzutreten. | |
5 Feb 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://gutenberg.spiegel.de/buch/eroeffnungs-manifest-1-dada-abend-4681/1 | |
[2] https://twitter.com/dada100zuerich | |
[3] /Kolumne-B-Note/!5091524/ | |
[4] /Kolumne-Darum/!5047131/ | |
[5] /Kolumne-Darum/!5039851/ | |
[6] /Kolumne-Darum/!5046195/ | |
[7] /Kolumne-Darum/!5071887/ | |
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Dadaismus#Begriffsherkunft_und_Anf.C3.A4nge | |
## AUTOREN | |
Maik Söhler | |
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