Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rechtsextreme Rekorde: Hetzen und Angreifen
> Nie zuvor gab es in Berlin so viele rassistische Demonstrationen und
> Angriffe auf Flüchtlingsheime wie 2015. Für dieses Jahr wird ein weiterer
> Anstieg erwartet.
Bild: Rund fünf rassistische und rechtsextreme Veranstaltungen pro Woche gab e…
Im Osten Berlins ballt es sich besonders, aber auch Mitte ist voller
dunkelblauer Punkte. Jeder einzelne steht in dem Online-Atlas „Rechtes
Land“ für eine rechtsextreme Demonstration oder Kundgebung – und von denen
gab es im Jahr 2015 so viele wie nie zuvor in Berlin. 234 Veranstaltungen
zählt das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin
(apabiz), das im Rahmen des Berliner Landesprogramms gegen
Rechtsextremismus rechte Mobilisierungen dokumentiert. „Im letzten Jahr gab
es rund fünfmal pro Woche eine extrem rechte Veranstaltung, deren
überwiegende Zahl sich gegen Flüchtlinge und das Recht auf Asyl wendete“,
sagt Kilian Behrens vom apabiz bei der Vorstellung der neuen Zahlen am
Dienstag. Über die Hälfte der Veranstaltungen habe sich direkt gegen eine
bestimmte Unterkunft gerichtet.
Die rechte Szene in Berlin belässt es dabei nicht bei Kundgebungen und
Demonstrationen: Auch die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und
ihre BewohnerInnen ist im letzten Jahr deutlich gestiegen, wie der Senat
jetzt auf Anfrage der Grünen-Abgeordneten Clara Herrmann mitteilte. 57
Vorfälle zählt die Polizei für das Jahr 2015, 39 Delikte waren es 2014 –
eine Steigerung um fast 50 Prozent. Ein großer Teil davon sind
Sachbeschädigungsdelikte, aber auch drei Fälle von Brandstiftung und sechs
Fälle schwerer Körperverletzung finden sich auf der Liste.
„Auf dem Nährboden der menschenfeindlichen Hetze von AfD und Co nimmt die
rechtsextreme Gewalt immer stärker zu“, sagt Clara Herrmann. Tatsächlich
belegen die beiden jetzt veröffentlichten Bilanzen einen Zusammenhang
zwischen rassistischen Mobilisierungen und Angriffen auf
Flüchtlingsunterkünfte auch in Berlin: Diejenigen Heime, die besonders im
Fokus von Demonstrationen stehen, etwa die im letzten Jahr neu eröffneten
Containerdörfer, werden besonders häufig zum Ziel rechts motivierter
Straftaten.
Wie auch schon in den letzten beiden Jahren steht dabei der Bezirk
Marzahn-Hellersdorf besonders im Mittelpunkt. Mit 63 Demonstrationen und
Kundgebungen gab es 2015 hier die meisten rassistischen Proteste.
Gleichzeitig entfallen auf keinen anderen Bezirk so viele Angriffe auf
Flüchtlingsunterkünfte. 19 solcher Taten zählt die Polizei hier im letzten
Jahr, damit liegt der Bezirk deutlich vor Pankow auf dem zweiten Platz, wo
der Ortsteil Buch den Schwerpunkt rassistischer Gewalt bildet und 2015 neun
Taten gezählt wurden.
## Weniger Zulauf
Während die Zahl rechtsextremer Veranstaltungen im Jahr 2015 deutlich
angestiegen ist, waren die Teilnehmerzahlen jedoch rückläufig: Nahmen im
Januar letzten Jahres nach Zählung des apabiz noch rund 2.600 Menschen an
solchen Veranstaltungen teil, waren es im Dezember nur noch rund 800. Zwar
stieg auch die Zahl der Kundgebungen und Demonstrationen mit über 50
Teilnehmern von 22 im Jahr 2014 auf 95 im Jahr 2015 deutlich an, einem
Großteil der Mobilisierungen aus dem letzten Jahr folgten jedoch weniger
Menschen als 50.
„Die Versuche der Rechten, für ihre Veranstaltungen weite Teile der
Bevölkerung zu mobilisieren, sind weitestgehend gescheitert“, sagt Kilian
Behrens. An vielen Orten Berlins sei der Personenkreis mittlerweile auf
einen festen Kern geschrumpft. „Ein Großteil davon sind organisierte
Neonazis, die einerseits weitestgehend unter sich bleiben, es andererseits
aber durch ihre hohe Aktivität trotzdem schaffen, die Stimmung im Stadtteil
zu beeinflussen“, so Behrens weiter.
Die Konzentration von Veranstaltungen in Mitte ist in erster Linie auf den
Pegida-Ableger Bärgida zurückzuführen, der seit über einem Jahr wöchentlich
am Hauptbahnhof aufmarschiert. Auch hier gehen die Teilnehmerzahlen aber
zurück, von den anfangs rund 400 Teilnehmern finden jetzt nur noch selten
mehr als 100 zusammen.
Für das laufende Jahr malen Behrens wie Herrmann ein düsteres Bild: „Im
Rahmen des anstehenden Wahlkampfs erwarten wir eine weitere Zunahme rechter
Straßenaktivität“, sagt Behrens. Auch die Zahl rechter Angriffe und
Gewalttaten, sagt Clara Herrmann, sei in den letzten Wahljahren stets
gestiegen.
9 Feb 2016
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Rechtstextreme
Flüchtlinge
Schwerpunkt Neonazis
Silvio Meier
Flüchtlinge
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt AfD
RAW-Gelände
Internetforum
Gewaltopfer
Schwerpunkt Flucht
Rechtsextremismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtsextreme Demonstrationen in Berlin: Nazis haben weniger Zulauf
2016 gab es in Berlin deutlich weniger rechtsextreme und asylfeindliche
Kundgebungen als im Vorjahr. Der verbliebene Kern radikalisiert sich
weiter.
Silvio-Meier-Demo in Berlin: Auch Linke brauchen Rituale
Berlins radikale Linke organisiert sich neu. Die Tradition gewordene
Silvio-Meier-Demo am Samstag kann dabei eine stabilisierende Rolle spielen.
Neue Zahlen zu Gewalt gegen Flüchtlinge: Hass unter dem Radar
In Berlin gab es 2016 bereits fast so viele Angriffe auf Flüchtlinge und
Asylheime wie 2015 insgesamt. Die Polizei kommuniziert dazu zurückhaltend.
Rechte Gewalt in Berlin: Das Klirren in der Stille
Marzahn-Hellersdorf im Osten Berlins hat sich zu einer rechten Hochburg
entwickelt. Warum kriegt der Bezirk das Problem nicht in den Griff? Eine
Spurensuche.
Blockaden behindern Nazidemo: Kein Heimspiel für Nazis in Marzahn
Rund 150 Nazis gelang es in Marzahn-Hellersdorf weder, auf ihrer
ursprünglich geplanten Route zu laufen, noch AnwohnerInnen zu locken.
Neonazi-Demo am Samstag in Berlin: Bedrohliche Präsenz
Seit drei Jahren ist Marzahn-Hellersdorf die Hochburg rechtsextremer
Aktivitäten. Am Samstag wollen Neonazis durch den Bezirk marschieren.
Debatte AfD und Antisemitismus: Die imaginierte Furcht
Das Aufkommen des Antisemitismus und die jüngsten Erfolge der AfD sind
nicht zu vergleichen. Es gibt aber erstaunliche Parallelen.
Kriminalität in der Hauptstadt: Diebe versauen die Statistik
Gewalttaten gibt es in Berlin so wenige wie lange nicht. Trotzdem nimmt die
Kriminalität zu – weil Taschendiebe so oft zugreifen.
Maßnahme gegen Hass-Kommentare: Nachrichtenportal verbietet Pseudonyme
Mit einer Pflicht zum Klarnamen geht die Nachrichtenwebseite shz.de gegen
hetzerische Beiträge vor. Das stößt auf heftige Kritik bei Datenschützern.
Lust auf Aggression: Lässt sich Gewalt abschaffen?
Lust an Gewalt zu empfinden, ist nicht krank, sagt der Neuropsychologe
Thomas Elbert. Ist Aggression etwas Normales, das wir akzeptieren müssen?
Rechte Gewalt gegen Flüchtlingsheime: Zündeln aus der Mitte
Die Polizei fasst nur wenige Täter der Brandanschläge auf Asylunterkünfte.
Viele waren vorher nicht bekannt. Inzwischen reagiert die Justiz härter.
Steigende Zahl rechtsextremer Straftaten: 30 Prozent mehr Delikte
Brennende Flüchtlingsunterkünfte, rechte Hassparolen. Die Zahl
rechtsextremer Straftaten in Deutschland wächst um 30 Prozent im Vergleich
zu 2014.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.