# taz.de -- Debatte um Öffnungszeiten: Zehn Stunden Kindergarten | |
> Bis 18 Uhr hat in Bremen eine Kindertagesstätte geöffnet – und die Fröbel | |
> GmbH. Beide sagen, dass längere Öffnungszeiten kaum nachgefragt sind. | |
Bild: Schlafenszeit im Kindergarten: Bremen diskutiert Öffnungszeiten | |
BREMEN taz | In Hamburg gibt es sie bereits: Kindergärten, die auch | |
spätabends noch geöffnet haben. Oder sogar über Nacht. In Bremen hingegen | |
ist in der Regel spätestens um 16.30 Uhr Schluss. Und daran wird sich in | |
absehbarer Zeit nichts ändern. Für das neue Modellprojekt der | |
Bundesregierung „Kita Plus“, das andere Öffnungszeiten fördern will, hat | |
sich nach Auskunft des Bundesfamilienministeriums [1][nur ein | |
Kindergartenträger] beworben. Den Namen rückt das Ministerium nicht heraus. | |
Nicht einmal, ob es sich um eine Neugründung handelt, will die Sprecherin | |
verraten. | |
Das ist am wahrscheinlichsten, denn die großen Bremer Träger wie Kita | |
Bremen, Arbeiterwohlfahrt, Evangelische Kirche und Deutsches Rotes Kreuz | |
(DRK) haben wie berichtet kein Interesse an Kita Plus, weil es auf drei | |
Jahre befristet ist. Dabei räumen sie ein, dass die bisherigen | |
Öffnungszeiten nicht ausreichen. | |
„Der Bedarf ist da“, bestätigt der Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands | |
Gerhard Behlau. „Wir haben immer mal wieder Anfragen, ob es länger geht.“ | |
Diese kommen vor allem von MitarbeiterInnen des Klinikums Ost, die ihre | |
Kinder betriebsnah im Kinderhaus „Arche“ unterbringen können. Von 7 bis 17 | |
Uhr ist dies geöffnet. Das sind für Bremer Verhältnisse ungewöhnlich lange | |
Öffnungszeiten. | |
Noch später können Eltern ihre Kinder nur bei der gemeinnützigen „GmbH | |
Fröbel Bildung und Erziehung“ abholen, die in Bremen seit anderthalb Jahren | |
zwei Kindertagesstätten betreibt. Acht weitere sind in Planung. Die | |
Dependance in der alten Post am Hauptbahnhof wird gerade aufgestockt: Ab | |
August gibt es dann 50 Plätze für Unter- und 60 Plätze für Überdreijährig… | |
Möglicherweise kommen sogar noch einmal 60 Plätze in beiden Bereichen | |
hinzu. | |
Die Nachfrage ist jedenfalls groß: Bei den Kleinen werde sie rund 40 | |
Absagen verschicken müssen, sagt die Leiterin Maria Hankel. Die wenigsten | |
blieben allerdings längstmöglich bis 18 Uhr. Und kein einziges Mal habe in | |
der diesjährigen Anmeldezeit im Januar jemand nach Spät- und Nachtbetreuung | |
gefragt. | |
Das ist selbst bei den privat betriebenen „Kinderräumen“ in Schwachhausen | |
nicht anders. Weil sich die Kindertagesstätte ausschließlich aus | |
Elternbeiträgen finanziert, kann sie den Eltern das an Flexibilität bieten, | |
was diese wünschen. Das heißt: Es ist möglich, die Betreuung an einigen | |
Tagen gar nicht in Anspruch zu nehmen oder in unterschiedlichem Umfang. | |
„Wir können nicht alle Wünsche erfüllen, aber einige und es muss | |
pädagogisch sinnvoll sein“, sagt eine der beiden Gründerinnen, Isabea | |
Fewson. Dafür zahlen Eltern entsprechend viel Geld: 50 Wochenstunden kosten | |
rund 1.000 Euro im Monat. Der einkommensabhängige Höchstsatz bei den von | |
städtischen Zuschüssen abhängigen Einrichtungen beträgt für 40 | |
Wochenstunden 257 Euro. Und die Elternbeiträge müssen für sechs oder acht | |
Stunden täglich gezahlt werden, egal mit wievielen Stunden der Platz in | |
Anspruch genommen wird. | |
Die Kinderräume seien derzeit von 7 bis 18 Uhr geöffnet, sagt die | |
ausgebildete Erzieherin und Sozialpädagogin Fewson. Wäre der Bedarf da, | |
seien auch längere Betreuungszeiten möglich. „Das hatten wir auch schon, | |
aber es sind nie besonders viele, die das brauchen.“ | |
Offenbar reiche vielen Eltern die Versicherung, dass es theoretisch möglich | |
sei, nach Absprache auch mal länger weg zu bleiben oder das Kind sogar über | |
Nacht betreuen zu lassen. „Da fragen einige nach, aber es machen dann nur | |
wenige.“ Im vergangenen Jahr habe es vielleicht eine Handvoll | |
Übernachtungen gegeben. „Für die Kinder ist das toll, die freuen sich | |
darauf.“ Und: Es gebe Kinder, die jeden Tag zehn Stunden im Kindergarten | |
verbringen. „Die sind hier Zuhause.“ | |
Weil sich nur wenige Eltern die Preise von privaten Kindergärten leisten | |
können, fordern die Bremer Grünen jetzt dazu auf, nach anderen Lösungen zu | |
suchen, wie frühe und späte Öffnungszeiten ermöglicht werden können. | |
„Alleinerziehende Krankenschwestern, StraßenbahnfahrerInnen oder auch | |
VerkäuferInnen benötigen aufgrund der Schichtdienste ab und an auch zu den | |
Randzeiten des Tages und am Wochenende eine Kinderbetreuung, um Familie und | |
Beruf unter einen Hut zu bringen“, sagte die genderpolitische Sprecherin | |
der Fraktion, Henrike Müller. | |
Die Idee: „Außerhalb der üblichen Kita-Öffnungszeiten übernehmen bei Beda… | |
Tagesmütter oder -väter die Betreuung des Kindes in seiner vertrauten | |
Umgebung zu Hause.“ Wie das genau funktionieren soll und wie eine solche | |
Eins-zu-Eins-Betreuung finanziert werden soll, können die Grünen nicht | |
sagen. „Wir wollen, dass die Debatte weitergeht.“ In Bremen gebe es | |
überdurchschnittlich viele Alleinerziehende und diesen müsse geholfen | |
werden. | |
Gerhard Behlau vom DRK sieht das genau so. „Wir werden uns dem Thema | |
stellen müssen und dürfen das nicht den Privaten überlassen.“ Aber die | |
Bedingungen für ein Angebot mit hohem pädagogischen Anspruch müssten | |
stimmen, sagt er. „Dafür brauchen wir in Bremen endlich eine vernünftige | |
Finanzierungssystematik und Investitionsmittel für bauliche Veränderungen.“ | |
Als die Träger der freien Bremer Kindertageseinrichtungen vor zwei Jahren | |
forderten, [2][das Hamburger Gutscheinsystem] zu übernehmen, das das | |
Angebot an die Nachfrage anpasst, lehnten SPD und Grüne dies ab. | |
4 Feb 2016 | |
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## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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