# taz.de -- Kita-Ranking: „Zweiter Platz für Bremen“ | |
> Die Bertelsmann-Stiftung lobt Bremens Kitas in Bezug auf deren | |
> Personalsituation, doch die tatsächliche Betreuungskapazität ist weitaus | |
> geringer. | |
Bild: Bessere Chancen für Karius&Baktus: Zähneputzen im Rahmen des gedehnten … | |
BREMEN taz | In Bremens Kindertagesstätten ist durchschnittlich eine | |
Fachkraft in Vollzeit für 3,3 ganztags betreute Kinder in Krippen oder 7,7 | |
Kinder in Kindergärten verantwortlich. Dies zeigen die Ergebnisse des neuen | |
„Ländermonitors Frühkindliche Bildungssysteme“ von der | |
Bertelsmann-Stiftung. Damit liegt Bremen deutschlandweit hinter | |
Baden-Württemberg auf dem zweiten Platz. „Es ist gut und zugleich | |
herausfordernd, diese beachtliche Ausstattung auch vor dem Hintergrund der | |
Haushaltsnotlage zu sichern“, zeigt sich Claudia Bogedan, die Senatorin für | |
Kinder und Bildung, mit dem Ergebnis zufrieden. | |
Bei der vorherigen Auflage der Studie 2012 war Bremen noch führend – mit | |
3,2 Krippenkindern und 8,1 Kindergartenkindern pro Fachkraft. Während sich | |
das Betreuungsverhältnis in den Kindergärten verbessert hat, hat es sich in | |
den Krippen verschlechtert. Einen „kindgerechten Standard“, so die | |
Bertelsmann-Stiftung, von 3 Krippen- und 7,5 Kindergartenkindern, erreiche | |
keines der Bundesländer. | |
Untersucht wurden Daten von den Statistischen Ämtern von Bund und Ländern. | |
Stichtag war der 1. März 2015. Die Ergebnisse spiegeln jedoch nicht die | |
tatsächlich stattfindende Betreuung wider: „Die Daten enthalten die | |
Arbeitszeit der Fachkräfte insgesamt. Dabei ist nicht ersichtlich, wie viel | |
Zeit ausschließlich für die Betreuung der Kinder zu Verfügung steht“, | |
erklärt Kathrin Bock-Famulla, die Projektleiterin des Ländermonitors. | |
Ausfälle durch Krankheit, Elterngespräche oder andere Tätigkeiten werden | |
bei der Errechnung des Betreuungsverhältnisses nicht mit einbezogen. | |
So sieht der Alltag anders aus, als die Studie vermuten lässt. „Im | |
Elementarbereich, also bei den Drei- bis Sechsjährigen, haben wir eine | |
Gruppengröße von 20 Kindern, für die eine Fachkraft zuständig ist. In den | |
Kernzeiten kommt eine zweite Fachkraft dazu“, erläutert Andreas Seele, | |
Vorstandssprecher von der Zentral-Eltern-Vertretung der Tageseinrichtungen | |
für Kinder in Bremen. | |
„Wie viel Zeit wirklich für die pädagogische Arbeit mit den Kindern zur | |
Verfügung steht, lässt sich anhand der Daten nicht ermitteln. Dem kann man | |
sich nur anhand möglicher Szenarien annähern“, so Bock-Famulla. Bei den | |
Krippenkindern etwa würde sich das Betreuungsverhältnis von 3,3 Kindern auf | |
5,5 Kinder verschlechtern, wenn man annimmt, dass den Fachkräften nur 60 | |
Prozent der Arbeitszeit für die pädagogische Arbeit mit den Kindern zur | |
Verfügung steht. „Es muss eine verbindliche Regelung geben, wie viel Zeit | |
für die Kinder zur Verfügung stehen soll“, fordert Bock-Famulla daher. | |
Eine solche Regelung hält auch Kirsten Hanschen vom Landesverband | |
Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder in Bremen für notwendig: „Es | |
werden immer mehr Anforderungen an die Fachkräfte gestellt, die dafür | |
benötigte Zeit geht bei der Betreuung verloren.“ | |
Zudem müsse es Zeitkontingente außerhalb der Kinderbetreuung geben. | |
„Qualitativ gute Angebote brauchen Zeit für Absprachen und Kooperation“, | |
sagt Hanschen. Auch Weiterbildungsangebote müssen genutzt werden können „Es | |
werden genug Fortbildungen angeboten, doch es fehlt an Zeit, die Angebote | |
wahrzunehmen. Das Wissen ist da, es muss aber auch in die KiTas | |
transportiert werden können.“ | |
Prinzipiell ist die Kompetenz der Fachkräfte in Bremen gegeben. 66 Prozent | |
von ihnen haben einen einschlägigen Fachschulabschluss, wie etwa | |
ErzieherIn. Das entspricht dem westdeutschen Durchschnitt – im Osten haben | |
86 Prozent einen solchen Abschluss. Allerdings lässt sich möglicher | |
Zeitmangel allein mit Kompetenz nicht gut machen. „Die ErzieherInnen können | |
ein Kind nicht schneller abfertigen, ihre Arbeit braucht Zeit“, meint | |
Bock-Famulla. | |
Vergangene Woche brachte das Bildungs-Ressort eine Überkapazitätsaufnahme | |
von einem Kind pro Gruppe ins Gespräch. Damit wären dann 21 statt 20 | |
Kindern in den Gruppen. „Diese Maßnahme kann ich mir nicht vorstellen. Ich | |
sehe die Not der Eltern, doch schon 20 Kinder in einer Gruppe sind sehr | |
viele. Das Ziel sollten eigentlich kleinere Gruppen sein“, findet Hanschen. | |
Die Politik habe einen rechtzeitigen Ausbau verpasst. | |
29 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Jördis Früchtenicht | |
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