# taz.de -- Bremens säumige Eltern: Wenn das Amt für Kinder zahlt | |
> Bremen treibt mittlerweile mehr Geld von säumigen Elternteilen ein als | |
> erhofft und bleibt doch weiterhin in aller Regel auf seinen | |
> Unterhaltsvorschüssen sitzen. | |
Bild: Bremen: Wer schon allein den Wagen schieben muss, soll nicht auch noch de… | |
BREMEN taz | Bremen hat in den letzten beiden Jahren über 15 Millionen Euro | |
von säumigen Eltern eingetrieben. Das ist viel mehr als erhofft – das Land | |
hatte nur mit rund neun Millionen Euro gerechnet. Dennoch bleibt Bremen | |
immer noch in neun von zehn Fällen auf den vom Sozialressort bezahlten | |
„Unterhaltsvorschüssen“ sitzen. [1][Das geht aus einer Antwort des Senates | |
auf eine Kleine Anfrage der CDU hervor.] | |
Wenn Eltern – meistens sind das Väter – keinen Unterhalt für ihre Kinder | |
zahlen, hilft das Jugendamt auf Antrag den Alleinerziehenden aus. Diesen | |
Unterhaltsvorschuss kann sich die Behörde aber zurückholen – zumindest für | |
die Zeiträume, in denen die Betroffenen genug verdienten. | |
Im Januar gab es genau 7.063 solcher Fälle. 722 Eltern haben dann doch | |
bezahlt, und zwar insgesamt 84.093 Euro. „Die Zahlen spiegeln die | |
Rückholquote von gut 10 Prozent wieder“, schreibt der Senat. Sie setzt die | |
vorgeschossene Summen mit zurückgezahlten ins Verhältnis. Im Umkehrschluss | |
bedeutet das: „90 Prozent der als Unterhaltsvorschuss bezeichneten | |
Leistungen kann nicht zurückgefordert werden.“ | |
Und das war auch schon in den vergangenen Jahren so: Rechnet man Bremen und | |
Bremerhaven zusammen, so lag die „Rückholquote“ seit 2009 jeweils zwischen | |
10,2 und 12,1 Prozent. Im vergangenen Jahr waren es 10,6 Prozent, in Bremen | |
etwas weniger, in Bremerhaven etwas mehr. | |
2013 lag die Vergleichszahl bundesweit bei 21 Prozent. In Niedersachsen | |
belief sie sich auf 26, in Schleswig-Holstein auf 22 Prozent. In den | |
Stadtstaaten lag sie deutlich niedriger: Hamburg kam auf 13 Prozent – und | |
Bremen war bundesweites Schlusslicht. Daraufhin hat die Behörde ein neues | |
„Forderungsmanagement“ für die Außenstände der Eltern eingerichtet. | |
Insgesamt sind dabei zehn SachbearbeiterInnen für 11.547 aktenkundige Fälle | |
zuständig. | |
Rechtlich, so das Sozialressort, bestehe ein Anspruch auf Rückzahlung an | |
das Jugendamt nur für jene Zeit, in denen der jeweils säumige Elternteil | |
auch wirklich genug verdient hat. Reicht das Einkommen nicht aus, zahlt der | |
Staat „Unterhaltsausfallleistungen“ – und die machen eben in Bremen seit | |
Jahren „den weitaus größten Teil der Fälle aus“, so der Senat: „Darin | |
spiegelt sich die hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen und Geringverdienern | |
wieder.“ Da könne man keine hohen Rückflüsse erwarten, sagt auch Bernd | |
Schneider, der Sprecher des Sozialressorts. In 6.341 Fällen zahlten Eltern | |
nicht, obwohl sie unterhaltspflichtig waren. | |
Die CDU, die sich seit Jahren immer wieder dieses Themas annimmt, fragt | |
auch immer mal wieder, ob den säumigen Elternteilen denn mit Inkasso-Firmen | |
beizukommen ist – und verweist dabei auf andere Bundesländer. 2009 sei das | |
auch in Bremen geprüft worden, so der Senat, aber wegen | |
„datenschutzrechtlicher Bedenken“ wurde das Vorhaben dann „nicht weiter | |
verfolgt“, so der Senat. „Es ist auch mit größerem Verwaltungsaufwand nic… | |
zu erwarten, dass netto spürbar mehr Geld in unsere Kassen fließt“, sagte | |
Schneider in der Vergangenheit. Beim Eintreiben der Summen gehe es „um | |
Gerechtigkeit – nämlich dass derjenige, der zahlen kann, auch zahlen soll“. | |
Über die Hälfte aller alleinerziehenden Haushalte im Land Bremen sind ganz | |
oder teilweise von Hartz IV abhängig. Von den Alleinerziehenden mit zwei | |
und mehr Kindern benötigen sogar nahezu 70 Prozent staatliche Hilfe zur | |
Existenzsicherung. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren 2014 nur | |
9.800 Alleinerziehende im Land Bremen erwerbstätig und etwa 3.900 | |
arbeitslos. Damit sind nur 58 Prozent aller Bremer Alleinerziehenden | |
erwerbstätig, der niedrigste Wert aller Bundesländer. Der bundesweite | |
Durchschnitt liegt bei 71,1 Prozent. | |
10 Apr 2016 | |
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## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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