# taz.de -- Kommentar Oppermanns CDU-Schelte: Sprachrohr der Heimatvertriebenen | |
> Angela Merkel treibe Millionen Bürger zur AfD, sagt der | |
> SPD-Fraktionschef. Doch ist die CDU zu weit rechts? Oder die SPD nicht | |
> links genug? | |
Bild: Sie ist ihm nicht rechts genug: Angela Merkel und Thomas Oppermann | |
Thomas Oppermann hat ein Interview gegeben. Das allein wäre noch kein | |
Aufreger, nicht einmal, wenn sich der SPD-Fraktionsvorsitzende in der | |
[1][Welt am Sonntag] [2][äußert]. Drei bis vier Sätze aber haben es in | |
sich. Der Staat, behauptet Oppermann da, gebe in der Flüchtlingskrise ein | |
hilfloses und chaotisches Bild ab. | |
Bevor man aber auf den Gedanken kommt, dass Oppermann als führendes | |
Mitglied der die aktuelle Politik des Staates verantwortenden Großen | |
Koalition muitige Selbstkritik üben würde, wechselt er schnell das Thema | |
und macht die CDU für alles Schlimme verantwortlich. Denn die hinterlasse | |
eine Repräsentationslücke. Weil: „Bodenständige Konservative haben in der | |
CDU keine politische Heimat mehr.“ Und schuld daran ist wer? Angela Merkel. | |
Denn sie „macht Millionen Bürger heimatlos.“ Deswegen, so Oppermanns | |
Analyse, würden auch nicht-extreme Wähler zur AfD abwandern. | |
Rumms. Das trifft. Nur völlig daneben. | |
Die Kanzlerin treibt also mit ihrer beständigen Menschlichkeit gegenüber | |
Flüchtlingen Millionen unschuldiger Bürger in die Arme der rechten | |
Demagogen? Ja, so kann man das sehen – aber nur wenn man sich zugleich zum | |
Sprachrohr der Heimatvertriebenen aus der CDU aufspielen möchte, die nun | |
als politische Flüchtlinge Asyl ausgerechnet bei der AfD suchen müssen. | |
Tatsächlich bodenständige Konservative aber müssen sich von Oppermann | |
beleidigt fühlen. Denn der SPD-Fraktionschef stempelt sie als naturgemäß | |
ängstlich bis tendenziell fremdenfeindlich ab, anstatt anzuerkennen, dass | |
ihre Bodenständigkeit auch auf urchristlichen Werten beruhen kann, die das | |
komplette Gegenteil verheißen: Nächstenliebe zum Beispiel. Schon mal | |
gehört? | |
Aber das nur am Rande. | |
Denn im Kern geht es mal wiederum die zentrale Frage: Was ist die | |
Triebfeder für politisches Handeln? Ein klare Haltung, von der man andere | |
durch kluge Argumentation überzeugen will? Oder eine strategische Position, | |
die sich an den auf dem Markt befindlichen Positionen orientiert? | |
Oppermann hat sich – ganz im Stil eines abgezockten Parteimanagers – für | |
zweiteres entschieden. Ja, schlimmer noch. Er kritisiert ausgerechnet die | |
als „Fähnchen-im-Wind“-Kanzlerin verschrieene Merkel, wenn sie endlich | |
einmal Haltung zeigt. | |
Tatsächlich mag eine Partei kurzfristig Stimmen gewinnen, wenn sie stets | |
dem immer neuesten Stimmungstrend hinterher rennt. Vielleicht könnte die | |
Union sogar einen Teil ihrer Wähler davon abhalten, zu AfD zu wechseln, | |
wenn sie ihnen – nein, kein stramm konservatives –, sondern ein national | |
orientiertes Programm bieten würde. | |
Aber wäre damit etwas gewonnen? Im Gegenteil. Denn so würde es der AfD | |
gelingen, Teile ihrer Politik durchzusetzen, selbst wenn sie Stimmen | |
verliert. Ein Sozialdemokrat sollte daher froh sein, dass die CDU keine | |
AfD-Politik macht. | |
Warum Oppermann dennoch die Union an den rechten Rand drängen will, liegt | |
auf der Hand. Sie rückt seiner Partei zu sehr auf die Pelle, auch weil die | |
SPD viel stärker noch als die CDU an Profil verloren hat. | |
Statt der sozialdemokratisch handelnden, konservativen Kanzlerin | |
vorzuwerfen, zu wenig rechts zu sein, sollte also die SPD eher darüber | |
nachdenken, wie sie zu einem klar sozialdemokratischen Profil zurückfindet. | |
Kleiner Tipp: links suchen! Denn wenn jemand tatsächlich heimatlos geworden | |
ist, dann viele einstige Stammwähler der SPD. Und das schon seit Jahren. | |
4 Jan 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.welt.de/politik/deutschland/article150543433/Oppermann-gibt-Merk… | |
[2] http://www.welt.de/politik/deutschland/article150543433/Oppermann-gibt-Merk… | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
## TAGS | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Flüchtlinge | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
SPD | |
CDU | |
Thomas Oppermann | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Schwerpunkt Flucht | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Flucht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Forderung der SPD: AfD soll überwacht werden | |
Die SPD-Fraktion will die AfD vom Verfassungsschutz beobachten lassen. | |
Derweil gab es beim Wahlkampfauftakt der AfD in Mainz Proteste. | |
Horst Seehofer zieht konkrete Obergrenze: Der 200.001ste muss draußen bleiben | |
Der CSU-Chef nennt eine Zahl: 200.000 Flüchtlinge könne Deutschland | |
jährlich aufnehmen. Am besten nur solche mit Papieren. Erneut pocht er auf | |
die Pflicht zur Integration. | |
Parteiinterne Kritik an AfD-Mann Höcke: „Eindeutig rassistisch“ | |
Hamburgs AfD-Fraktionschef Kruse fordert einen „öffentlichen Aufruhr“ gegen | |
Björn Höcke. Kritik kommt auch von Bayerns AfD-Chef Bystron. | |
Transitzonen für Flüchtlinge: Die SPD zweifelt | |
Die Union wirbt um Zustimmung des Koalitionspartners SPD zu Transitzonen | |
für Flüchtlinge an den deutschen Grenzen. Die SPD hat Bedenken. | |
Parteienstreit um Flüchtlinge: SPD verteidigt Merkel gegen CSU | |
Immer vehementer wird die Abgrenzung der CSU von Merkels | |
Flüchtlingspolitik. Beim Koalitionspartner SPD stößt das auf Unverständnis. |