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# taz.de -- Europa nach Podemos-Erfolg: Angst um das Austeritäts-Dogma
> Die EU fürchtet um den angeblich „bewährten“ Sparkurs, die Linken
> schöpfen Hoffnung. Auch die Liberalen freuen sich – aus anderen Gründen.
Bild: Die EU hatte voll auf einen Wahlsieg des konservativen Premiers Mariano R…
Brüssel taz | Für die Europäische Union kommt es im Moment ganz dicke.
Kaum, dass der letzte EU-Gipfel des Jahres ohne greifbare Ergebnisse zu
Ende gegangen war, folgte schon der nächste Schock: Die [1][Wahl in
Spanien] macht einen Strich durch die Rechnung der EU-Politiker, die mit
einem Wahlsieg des konservativen Premiers Mariano Rajoy gerechnet hatten.
Zwar redete sich die EU-Kommission am Montag Mut zu: „Wir haben gute
Hoffnung, dass eine stabile Regierung gebildet werden kann“, sagte eine
Sprecherin von Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Der Luxemburger habe
dem „Wahlsieger“ Rajoy schon schriftlich gratuliert, fügte sie hinzu. Bloß
keine Unsicherheit aufkommen lassen, so das Motto.
Doch in Wahrheit macht sich in Brüssel die Sorge breit, dass nun auch noch
Spanien vom Sparkurs der EU abfallen könnte. Griechenland hat es nach dem
Wahlsieg von Syriza im Januar bereits versucht, wenn auch letztlich
erfolglos. Auch in Portugal hat die Linke eine Regierung gebildet, die
wenig vom Austeritäts-Dogma hält.
Und nun straft auch noch das größte Land der Eurokrise eine Regierung ab,
die sich wie keine andere an die Vorgaben aus Brüssel und Berlin gehalten
hatte. Zur Belohnung hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihrem Parteifreund
Rajoy sogar versprochen, den nächsten Chef der Eurogruppe zu stellen.
Daraus wurde dann zwar nichts.
## Wenn Spanien fällt, folgt Italien?
Amtsinhaber Jeroen Dijsselbloem ist Merkel und ihrem Finanzminister
Wolfgang Schäuble nach der Griechenland-Krise zu sehr ans Herz gewachsen.
Doch Spanien war und bleibt die wichtigste Bastion der Euro-Dogmatiker.
Wenn Spanien fällt, kommt gleich danach Italien, und dann ist Schluss, hieß
es auf dem Höhepunkt der Eurokrise.
Mittlerweile steht Madrid zwar nicht mehr unter Kuratel der Troika, die
Wirtschaft wächst. Doch in Brüssel fürchtet man, dass das Budgetdefizit aus
dem Ruder gehen könnte. Schon im Oktober hatte die EU-Kommission vor einem
Verstoß gegen die Drei-Prozent-Grenze gewarnt. Der Wahlerfolg von Podemos
hat die Sorge nicht verkleinert.
## „Spanien hat Cojones“
Allerdings teilen nicht alle in Brüssel diese Perspektive. Für die Kritiker
der Austeritätspolitik ist das Wahlergebnis im Gegenteil ein großer Erfolg.
„Spanien hat Cojones. Die Politik von Mariano ‚Merkel‘ und das korrupte
Parteienkartell wurden abgestraft“, freut sich der Europaabgeordnete Fabio
De Masi von den Linken. Nach Griechenland und Portugal sei dies die „dritte
Wahlniederlage für Bundeskanzlerin Merkel.“
Freude kommt auch bei den Liberalen im EU-Parlament auf. Fraktionschef Guy
Verhofstadt begrüßte „das Ende des Zweiparteiensystems“ in Spanien und
rechnete vor, dass die spanischen Parteifreunde von Null auf 40
Parlamentssitze zugelegt hätten. Die neue liberale Partei Ciudadanos habe
bewiesen, dass sich die „neuen Kräfte der Mitte“ nicht mehr ignorieren
ließen.
Allerdings könnten vor allem die Liberalen zum Steigbügelhalter für eine
neue konservative Regierung werden. Dies ist wohl auch die Hoffnung der
EU-Kommission – und von Christdemokraten und Sozialdemokraten im
Europaparlament. Sie arbeiten nämlich schon längst in einer großen
Koalition zusammen, ganz ähnlich wie in Berlin. Und genau wie die
Bundesregierung werden sie nichts unversucht lassen, um Spanien auf Kurs zu
halten.
22 Dec 2015
## LINKS
[1] /Nach-der-Wahl-in-Spanien/!5262904
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Podemos
Spanien
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