# taz.de -- Kommentar Portugals neuer Präsident: Genug Opfer gebracht | |
> Portugals künftiger Präsident ist ein Konservativer, der aber vor allem | |
> an seine Landsleute denkt – und dann erst an Brüssel und Berlin. | |
Bild: Gilt als integer – und das wird er nicht aufs Spiel setzen wollen: Marc… | |
Portugal hat seit Ende 2015 eine Linksregierung – und künftig mit Marcelo | |
Rebelo de Sousa einen weiteren konservativen Präsidenten. Der 67-jährige | |
Jura-Professor und Fernsehkommentator erzielte im ersten Wahlgang mit 52 | |
Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und zieht damit im März in den | |
Präsidentenpalast ein. Eine schwierige Kombination, sollte man denken. | |
Die einen wollen ein Ende der Austeritätspolitik, der andere kommt eben aus | |
jener PSD, die für den Kahlschlag der letzten Jahre im Auftrag Brüssels und | |
der Troika verantwortlich zeichnete. Könnte Rebelo de Sousa gar dem Spuk | |
der Linksregierung ein Ende bereiten? Das Recht, das Parlament aufzulösen, | |
hat er als Präsident schließlich. So mancher in Brüssel und Berlin könnte | |
versucht sein, dies zu glauben. | |
Doch danach sieht es nicht aus. Rebelo de Sousa gehört bei den | |
Konservativen zu den wenigen, die – wie der sozialistische Regierungschef | |
Antonio Costa auch – glauben, dass die Portugiesen genug, ja zu viele, | |
Opfer gebracht haben. | |
## Friede und Freude | |
Der künftige Präsident verspricht, sich hinter die Linksregierung zu | |
stellen und deren Haushalt, der einige Einschnitte zurücknehmen wird, zu | |
unterstützen. „Die Portugiesen befriedigen und Brüssel erfreuen“, sagt er. | |
Rebelo de Sousa verspricht Dialog und will Präsident aller Portugiesen | |
sein. Der Professor, der als Unabhängiger angetreten ist, weiß, sein | |
Wahlsieg ist sein persönlicher Verdienst. Denn weder sein Vorgänger und | |
Parteifreund Ánibal Cavaco Silva, der den sozialen Kahlschlag unterstützte | |
und mit absurden Manövern versuchte, die Linksregierung zu verhindern, noch | |
der ehemalige konservative Regierungschef Pedro Passos Coelho werden den | |
Portugiesen in guter Erinnerung bleiben. | |
Wenn die Portugiesen trotz dieser schmerzhaften Erfahrungen einen | |
Konservativen zum Präsidenten gewählt haben, dann weil Rebelo de Sousa als | |
integer gilt. Er wird diesen Ruf kaum verspielen. | |
Brüssel und Berlin sollten sich also keine allzu großen Hoffnungen machen. | |
Rebelo de Sousa ist ein Konservativer, aber er ist unabhängig genug, um an | |
sein Land und nicht nur an die Interessen der Troika zu denken. | |
25 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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Podemos | |
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus | |
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