# taz.de -- Neuer Präsident in Portugal: Das Land einigen | |
> Marcelo de Sousa hat mit 52 Prozent der Stimmen die Wahl gewonnen. Der | |
> konservative Jura-Professor und Journalist sieht sich selbst als Mann des | |
> Ausgleichs. | |
Bild: Und los geht‘s: Wie die Fahrt mit ihm wohl wird? | |
Lissabon dpa | Portugals neuer Präsident Marcelo Rebelo de Sousa will das | |
sich nur langsam erholende und politisch zerstrittene Ex-Krisenland | |
versöhnen. „Es gibt bei diesen Wahlen keine Sieger und keine Besiegten, ich | |
werde der Präsident aller Portugiesen sein“, sagte der 67 Jahre alte | |
Konservative nach seinem klaren Sieg bei der Präsidentenwahl am späten | |
Sonntagabend in Lissabon. Er wolle die Portugiesen einen. In einer „Rede an | |
die Nation“ forderte Rebelo de Sousa, „soziale Gerechtigkeit, | |
Wirtschaftswachstum und Finanzstabilität“ müssten in Einklang gebracht | |
werden. | |
Der Nachfolger von Aníbal Cavaco Silva wird nach der Amtsübernahme am 9. | |
März mit der noch jungen Linksregierung von Ministerpräsident António Costa | |
zusammenarbeiten müssen. Das Staatsoberhaupt hat in Portugal relativ viel | |
Macht. Der „Presidente“, für fünf Jahre gewählt, kann sowohl sein Veto | |
gegen Gesetze einlegen als auch das Parlament auflösen und Neuwahlen | |
ausrufen. Dem Sozialisten Costa hatte Rebelo allerdings schon im Wahlkampf | |
Beistand versprochen. | |
Rebelo setzte sich am Sonntag schon im ersten Anlauf mit 52 Prozent der | |
Stimmen unangefochten durch. Unter dem Jubel seiner Anhänger warnte der | |
Jura-Professor und Journalist in der Rechtsfakultät der Universität | |
Lissabon, ein Land, das aus einer schlimmen Krise komme, könne es „sich | |
nicht leisten, Feindseligkeiten zu nähren“. Nur mit Wachstum und einer | |
Bekämpfung der Verarmung werde man soziale Spannungen und eine | |
Radikalisierung verhindern können. | |
Der über Jahre mit internationalen Hilfskrediten unterstützte EU-Staat mit | |
gut zehn Millionen Einwohnern steht seit 2014 finanziell wieder auf eigenen | |
Beinen. Nach dem komplizierten Regierungswechsel von Ende 2015 hat man aber | |
noch keinen Haushalt für 2016. Zudem leidet das Land am Tejo trotz einer | |
Erholung weiter unter einer hohen Arbeitslosigkeit, Massenauswanderung und | |
Verarmung. | |
## Volksnah und jovial | |
Costa sicherte dem künftigen Staatsoberhaupt unterdessen „höchste Loyalität | |
und volle institutionelle Kooperation“ zu. Der Sozialist will zahlreiche | |
Sparmaßnahmen abschaffen. Er versprach aber, dass man mit einem Defizit von | |
2,6 Prozent der Wirtschaftsleistung 2016 die Auflagen aus Brüssel auf jeden | |
Fall einhalten wolle. | |
Rebelo de Sousa hatte im Wahlkampf vor allem mit seinem volksnahen und | |
jovialen Stil für viel Aufsehen gesorgt und seine Gegner auch in den | |
Umfragen bald in den Schatten gestellt. Noch in der Wahlnacht erhielt der | |
frühere Minister für Parlamentarische Angelegenheiten Glückwünsche von | |
allen Konkurrenten. Der bisherige Amtsinhaber, der 76 Jahre alte Cavaco, | |
ein Parteikollege Rebelos bei den Sozialdemokraten (PSD), muss nach zwei | |
Mandaten abtreten. | |
Für Portugal war es die 9. Präsidentenwahl seit der Nelkenrevolution von | |
1974. Mit zehn Bewerbern traten so viele Kandidaten wie noch nie zuvor bei | |
Präsidentenwahlen in Portugal an. Ein parteiloser Kandidat, der | |
sozialistisch orientierte langjährige Rektor der Universität Lissabon, | |
António Sampaio da Nóvoa (61), kam mit knapp 23 Prozent abgeschlagen auf | |
Platz zwei. Enttäuschend verlief der Urnengang vor allem für die | |
Sozialistin Maria de Belém, die sich hinter Marisa Matias vom marxistischen | |
Linksblock BE (zehn Prozent) mit nur gut vier Prozent und Platz vier | |
begnügen musste. | |
25 Jan 2016 | |
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