| # taz.de -- Sexuelle Übergriffe an Silvester in Köln: Freiwild zwischen Dom u… | |
| > Nach den Angriffen will die Stadt Köln neuralgische Punkte stärker | |
| > überwachen. Die Polizeispitze muss sich Vorwürfe gefallen lassen. | |
| Bild: Am Hauptbahnhof war es leider nicht so besinnlich wie auf der Deutzer Br�… | |
| Köln/Berlin taz | Die Stadt Köln will künftig Sicherheitsmaßnahmen besser | |
| planen, damit sich Übergriffe gegen Frauen wie am Silvesterabend auf dem | |
| Bahnhofsvorplatz nicht wiederholen. Eine Koordinierungsgruppe aus Polizei, | |
| der Stadt Köln, Rettungs- und Sicherheitsdiensten soll in Zukunft im | |
| Vorfeld von Massenveranstaltungen neuralgische Orte identifizieren und dort | |
| mehr Polizeikräfte einsetzen. Auf ihrer Internetseite will die Stadt jungen | |
| Frauen Verhaltenshinweise geben, wie sie sich vor Übergriffen schützen | |
| können. | |
| Das ist das Ergebnis des Krisengipfels mit Vertretern von Bundespolizei, | |
| Landespolizei und Ordnungsamt, zu dem die parteilose Kölner | |
| Oberbürgermeisterin Henriette Reker kurzfristig eingeladen hatte. Es sei | |
| absolut inakzeptabel, dass Frauen „zum Freiwild für Straftäter“ würden, | |
| sagte Reker. | |
| Außerdem will die Stadt die Videoüberwachung bei Großereignissen wie | |
| Neujahr oder Karneval auf Orte außerhalb des Bahnhofs ausweiten, auch auf | |
| Amüsiermeilen wie die Kölner Ringe. Bei Großereignissen sollen künftig an | |
| gefährdeten Orten auch Dolmetscher eingesetzt werden. Darüber hinaus erwägt | |
| die Stadt, Platzverweise gegenüber bekannten Taschendieben auszusprechen | |
| und sie mit Meldeauflagen zu belegen. | |
| Noch immer sind die Vorfälle auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz in der | |
| Silvesternacht weitgehend ungeklärt. Fest steht, dass Dutzende von | |
| Feiernden, vor allem Frauen, Opfer von Straftaten wurden. Bis Dienstag sind | |
| bei der Polizei 90 Strafanzeigen unter anderem wegen Diebstahl eingegangen, | |
| rund ein Viertel bezieht sich auf sexuelle Übergriffe. Der Polizei | |
| berichtet außerdem von einer Vergewaltigung. Über die Täter ist bislang nur | |
| wenig bekannt. | |
| In der Pressemeldung der Polizei vom Neujahrstag ist von „1.000 Feiernden“ | |
| auf dem Bahnhofsvorplatz die Rede. Daraus wurden in Medienberichten eine | |
| Tätergruppe von 1.000 Männern nordafrikanischer Herkunft. Fest steht aber, | |
| dass nicht alle 1.000 Feiernden zu den Tätern gehören, sondern nur ein | |
| kleiner Teil. Wie viele es waren, ist nach wie vor unklar. Laut | |
| Augenzeugenberichten sollen es 40 bis 100 Männer gewesen sein. | |
| ## Mehrere Grüppchen oder die gleiche Gruppe? | |
| Gegen wie viele Männer genau ermittelt wird, wollte die Kölner Polizei am | |
| Dienstagmittag nicht beziffern. Die Geschädigten hätten unterschiedliche | |
| Zahlen hinsichtlich der Größe der Kleingruppen, die sie bedrängt hatten, | |
| genannt. Eine zehnköpfige Ermittlungsgruppe namens „SoKo Neujahr“ prüft, … | |
| es in mehreren Fällen die gleiche Gruppe Männer war oder mehrere Grüppchen. | |
| Dabei werden vor allem Videoaufnahmen ausgewertet, aber auch Hinweise von | |
| ZeugInnen und PassantInnen. | |
| [1][Laut übereinstimmender Aussagen der betroffenen Frauen sollen die Täter | |
| „nordafrikanischer Herkunft“ sein]. Zur Frage, ob die Täter stadtbekannt | |
| sind, also der Polizei schon vorher aufgefallen waren, geben sich die | |
| Ermittler bedeckt. Unklar ist, ob es bei den Übergriffen um | |
| Ablenkungsmanöver zwecks Diebstahl ging oder sexuelle Handlungen das Ziel | |
| waren. Grundsätzlich sei beides denkbar, sagte ein Sprecher der Polizei. | |
| Offenbar hatte die Kölner Polizei massive Probleme, die Lage einzuschätzen. | |
| In einer ersten Pressemitteilung zum Silvestereinsatz hieß es noch, die | |
| Lage sei „entspannt“ gewesen. Der Bahnhofsvorplatz habe geräumt werden | |
| müssen, um eine Massenpanik zu verhindern. „Trotz der ungeplanten | |
| Feierpause gestaltete sich die Einsatzlage entspannt – auch weil die | |
| Polizei sich an neuralgischen Orten gut aufgestellt und präsent zeigte“, | |
| hieß es. | |
| Erst ab dem 2. Januar – nachdem Dutzende Anzeigen eingegangen waren – war | |
| in den Pressemitteilungen von einem „gezielten Anfassen“ von Frauen im | |
| Zusammenhang mit Diebstählen die Rede. Erst später rückten in der | |
| Darstellung der Polizei sexuelle Übergriffe gegen Frauen in den | |
| Vordergrund. | |
| Es seien noch keine Tatverdächtigen aus der Silvesternacht vernommen | |
| worden, sagte der Polizeisprecher. Ob es sich bei den am Wochenende | |
| festgenommenen fünf Personen um eine Gruppe handelt, die auch in der | |
| Neujahrsnacht straffällig wurde, ist bislang nicht geklärt. Zwei der | |
| Festgenommenen sollen Taschendiebstähle verübt haben. Sie sitzen in | |
| Untersuchungshaft. | |
| ## Keine radikalisierte Form des Antanzens | |
| Ihrer Festnahme vorausgegangen war das sogenannte Antanzen, ein typisches | |
| Ablenkungsmanöver bei Taschendiebstählen, das nicht nur der Kölner Polizei | |
| bekannt ist. Einem 25-Jährigen war Samstagnacht ein Bein gestellt worden, | |
| dabei wurde ihm das Handy gestohlen. Doch bei den Vorfällen in der | |
| Silvesternacht handele es sich ausdrücklich nicht um eine Form des | |
| Antanzens, auch nicht eine radikalisierte, so die Polizei. Es handele sich | |
| um ein völlig neues Tatmuster. | |
| Das bestätigt Elisbath Fassbender, Leiterin des Frauenberatungszentrums | |
| Köln. „Wir machen seit über zwanzig Jahren Gewaltprävention“, sagt sie. | |
| „Altbekannte Angsträume für Frauen in der Stadt sind etwa schlecht | |
| beleuchtete Unterführungen. Dass Frauen an einem hell beleuchteten Bahnhof | |
| derart massiv angegriffen werden, mit Publikum, auf einer öffentlichen | |
| Veranstaltung, das ist neu.“ Bislang habe sich keines der Opfer in der | |
| Silvesternacht gemeldet. Allerdings suchten betroffene Frauen nach einem | |
| Übergriff in der Regel erst später Beratungsstellen auf. | |
| Unterdessen wird die Kritik an dem Polizeieinsatz an Silvester immer | |
| lauter. Für den Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers könnte es eng | |
| werden. Die Ereignisse in der Silvesternacht zeigten, dass Albers „die Lage | |
| in Köln definitiv nicht im Griff“ habe, sagte der Innenexperte der | |
| CDU-Landtagsfraktion, Gregor Golland. | |
| Albers war bereits nach dem Gewaltausbruch der „Hooligans gegen Salafisten“ | |
| bei einer Demonstration am Hintereingang des Kölner Hauptbahnhofs im Herbst | |
| 2014 massiv unter Druck geraten. Die Kölner Grünen ziehen eine Parallele | |
| zwischen den Ereignissen. Auch damals hätte die Polizei die Ereignisse | |
| nicht in den Griff bekommen, kritisieren die Fraktionsvorsitzende Kirsten | |
| Jahn und Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank. „Wir erwarten von der Polizei | |
| eine konkrete Strategie, wie sie die Menschen bei Großereignissen in der | |
| Kölner City vor jeglicher Gewalt schützt“, fordern sie. Am Donnerstag wird | |
| der Kölner Polizeibeirat zu einer Sondersitzung zusammenkommen. | |
| Der Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags wird sich am 21. | |
| Januar auf Antrag der FDP mit den Vorfällen beschäftigen. Dann soll sich | |
| Innenminister Ralf Jäger (SPD) zum Vorgehen der Polizei und zu | |
| Erkenntnissen über die Täter äußern. | |
| 5 Jan 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Claudia Hennen | |
| Anja Krüger | |
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