Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Problematisches Prostitutionsschutzgesetz: Zweifelhafte Hilfe für …
> Das neue Prostitutionsgesetz verzögert sich, weil Union und SPD über die
> Zielgruppe streiten. Hilft es gegen Menschenhändler – oder gerade nicht?
Bild: Im Juni 2015 in Frankfurt am Main: Demonstration gegen das von der Bundes…
BERLIN taz | Das Gesetz steckt in der Sackgasse. Schon im Sommer 2015
hatten sich Union und SPD auf das neue Prostituiertenschutzgesetz
verständigt. Bis heute ist es nicht verabschiedet: Die Koalitionsparteien
sind uneinig, welche Zielgruppen sie erreichen wollen.
Die SPD besteht auf einer klaren Trennung legaler Prostitution von
illegalem Menschenhandel. Marcus Weinberg, frauenpolitischer Sprecher der
Union, sagt dagegen, das Gesetz ziele auf die Opfer von Zwangsprostitution.
ExpertInnen wiederum befürchten, dass es die Lage gerade dieser Gruppe
sogar noch erschweren könnte.
Laut dem geplanten Gesetz sollen SexarbeiterInnen sich bei den Behörden
anmelden und an Gesundheitsberatungen teilnehmen. Die CDU besteht auf die
Einigung im alten Entwurf, wonach die Anmeldung an jedem Arbeitsort neu
ausgestellt werden und die Beratung jedes Jahr, bei unter 21-Jährigen jedes
halbe Jahr erfolgen soll. Der jüngste ReferentInnenentwurf des
Familienministeriums unter Manuela Schwesig (SPD) sieht dagegen eine
bundesweit gültige Anmeldung und eine Beratung alle vier beziehungsweise
zwei Jahre vor.
In Fachberatungsstellen gibt es grundlegende Bedenken. Andrea Hitzke ist
Leiterin der Dortmunder Mitternachtsmission, einer Beratungsstelle für
SexarbeiterInnen und Opfer von Menschenhandel. Sie zweifelt daran, dass
BehördenmitarbeiterInnen bei einem kurzen Gespräch herausfinden könnten, ob
es sich um einen Fall von Zwangsprostitution handelt. „Die Frauen werden
sich bei einer solchen Zwangsberatung selten bis gar nicht anvertrauen“,
erklärt Hitzke. Dafür sei viel Vertrauen notwendig. Selbst bei ihnen in den
Beratungsstellen würden sich viele Opfer erst nach Monaten offenbaren.
## Wenig hilfreich, um Ausbeutung aufzudecken
Es besteht also die Gefahr, dass auch Opfer von Menschenhandel eine
Anmeldebescheinigung ausgestellt bekommen. So müssen sich in Österreich
SexarbeiterInnen bereits seit Jahren bei der Polizei anmelden und dann jede
Woche einer Gesundheitsuntersuchung unterziehen. Die Anmeldung sei wenig
hilfreich, um Ausbeutung aufzudecken, sagt Christian Knappig. Er ist
Vorstandsvorsitzender der Plattform [1][Sexworker.at] und leitet ein
Notruftelefon für Sexarbeiterinnen. „Ich persönlich kenne keinen einzigen
Fall, in dem ein Ausbeutungsopfer nicht angemeldet war.“
Besonders schwierig ist die Situation für Frauen, die nicht legal in
Deutschland sind. Diese könnten sich gar nicht anmelden, sagt Naile Tanış,
Geschäftsführerin des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen
Menschenhandel (KOK). „Diese Gruppe ist schon jetzt besonders vulnerabel.
Die fehlende Anmeldung macht sie noch erpressbarer und könnte ihre Angst,
sich an Beratungsstellen oder Behörden zu wenden, noch verstärken.“
Tanış und Hitzke ist es wichtig, zwischen Prostitution und Menschenhandel
zu unterscheiden. Wichtig sei ein Gesetz, das auf die Regulierung der
Sexarbeit zielt und die Situation der Prostituierten verbessert, sagt
Tanış. Im Bereich Menschenhandel gebe es aber noch viele andere Fragen, die
berücksichtigt werden müssten – vor allem bei den Opferrechten.
Wer keinen Aufenthaltstitel hat, ist nicht nur von der Anmeldung
ausgeschlossen – im Fall von Menschenhandel ist es auch schwierig für die
Opfer, sich Hilfe bei der Polizei zu holen. Denn bisher ist das
Aufenthaltsrecht bei Betroffenen aus Drittstaaten an ihre Bereitschaft
geknüpft, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Doch viele Betroffene sagen
nicht gegen die TäterInnen aus – aus Angst um sich selbst oder um ihre
Angehörigen. „Hier müssen Änderungen her, die einen Aufenthalt aus
humanitären Gründen ermöglichen“, sagt Tanış. Gleichzeitig müsse die
Finanzierung der spezialisierten Beratungsstellen langfristig abgesichert
werden. Denn diese seien es, die den Betroffenen den anonymen und
niedrigschwelligen Zugang zu Beratungsangeboten ermöglichten.
4 Jan 2016
## LINKS
[1] http://sexworker.at/
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Prostitutionsschutzgesetz
Menschenhandel
Prostituiertenschutzgesetz
Prostitution
Sexarbeit
Prostitution
Prostitution
Zwangsprostitution
Zwangsprostitution
Prostitution
Prostitution
Prostituierte
Prostitution
Prostitutionsgesetz
Prostituiertenschutzgesetz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streitgespräch Prostitution: „Nicht mal genügend Bettwäsche“
Die SPDlerin Leni Breymaier will den Kauf von Sex verbieten, die CDUlerin
Sylvia Pantel die Rechte von Sexarbeiterinnen verbessern. Ein
Streitgespräch.
Protest gegen Großbordell in Bremen: Hells Angels im Hintergrund
Ein Großbordell in der Bremer Duckwitzstraße ist genehmigt worden. Dabei
hat die Geschäftsleiterin familiäre Verbindungen zu den Hells Angels.
Rechte von Sexarbeiterinnen: Versicherte Arbeit – wie jede andere
Haben SexarbeiterInnen die gleichen Rechte wie andere ArbeitnehmerInnen?
Darüber entscheidet jetzt das Hamburger Sozialgericht.
Neues Prostitutionsgesetz in Frankreich: Geldstrafe für Freier
Sexarbeit soll nicht mehr bestraft werden. Dennoch befürchten Kritiker,
dass eine Verdrängung in den Untergrund droht.
Kommentar Zwangsprostitution: Nicht nur eine Frage der Moral
Die neue Gesetzesverschärfung gegen Menschenhandel ist der richtige Weg, um
gegen Zwangsprostitution vorzugehen.
Gesetz gegen Menschenhandel: Strafen für rücksichtslose Freier
Kunden von Zwangsprostituierten sollen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft
werden. Spätere Anzeigen bei der Polizei schützen sie vor Sanktionen.
Gesetzentwurf zur Zwangsprostitution: Freier sollen in den Knast
Bisher müssen nur Zuhälter von Prostituierten mit einer Strafe rechnen,
nicht die Männer, die mit den Frauen Sex haben. Justizminister Maas will
das ändern.
Prostitutionsgesetz in Frankreich: Freier sollen bestraft werden
Die französische Nationalversammlung hat erneut dafür gestimmt, Geldstrafen
gegen Freier zu verhängen. Doch das Prostitutionsgesetz muss nochmals in
den Senat.
Kommentar Prostituiertenschutzgesetz: Ein Punktsieg für die Moralhüter
Die CDU, die von vornherein ein restriktiveres Gesetz wollte, hat sich in
weiten Teilen durchgesetzt. Trotzdem ist das Ergebnis besser als nichts.
Neues Prostituiertenschutzgesetz: Sex mit Anmeldung
Die Koalition einigt sich auf den Entwurf eines
Prostituiertenschutzgesetzes. Die Union hat sich bei der strittigen
Anmeldepflicht durchgesetzt.
Entwurf für neues Prostitutionsgesetz: Der Idiotentest bleibt
Eine Anmeldung als SexarbeiterIn soll zukünftig bundesweit gültig sein. Wer
nach Ansicht der Behörden zu dumm ist, hat schlechte Karten.
Kommentar Prostituiertenschutzgesetz: Keiner denkt an die Frauen
Das Sexgewerbe soll transparenter und die Prostituierten sollen besser
geschützt werden. Tatsächlich verfolgt die Politik eigene Interessen.
Geplantes Prostituiertenschutzgesetz: Geregelter Sex
Koalition will per Gesetz bessere Bedingungen für Prostituierte schaffen.
Lobbyverbände befürchten mehr Kontrolle als Schutz.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.