| # taz.de -- Neues Prostituiertenschutzgesetz: Sex mit Anmeldung | |
| > Die Koalition einigt sich auf den Entwurf eines | |
| > Prostituiertenschutzgesetzes. Die Union hat sich bei der strittigen | |
| > Anmeldepflicht durchgesetzt. | |
| Bild: Geht es um Schutz? Oder doch eher um Kontrolle? | |
| BERLIN taz | Mehr Regulierung im Rotlicht: Die Regierungsparteien haben | |
| sich auf einen Gesetzentwurf für ein Prostituiertenschutzgesetz geeinigt. | |
| Nach langen Verhandlungen hat sich die Union damit weitgehend durchgesetzt: | |
| Es wird eine Anmeldepflicht und eine Pflicht zur Gesundheitsberatung für | |
| Prostituierte geben. Familienministerin Manuela Schwesig wollte das am | |
| liebsten vermeiden, jetzt aber sind Neuanmeldungen alle zwei Jahre und eine | |
| jährliche Gesundheitsberatung vorgesehen. | |
| Der unstrittige Teil des Entwurfs wird von beiden Parteien als Fortschritt | |
| gesehen: die Genehmigungspflicht für Bordelle. Es werden Mindeststandards | |
| festgelegt, ausbeuterische Modelle wie der Flatrate-Sex verboten, auch | |
| Gang-Bang-Parties fallen unter das Verbot. Die Regelungen werden mit | |
| Bußgeldern bis zu 50.000 Euro belegt. Kunden, die kein Kondom benutzen, | |
| müssen ebenfalls ein Bußgeld bezahlen. | |
| Strittig aber war die Anmeldepflicht für Prostituierte, die für 18 bis | |
| 21-Jährige noch etwas verschärft gilt. Die Kommunen, die sich im Moment | |
| schon mit den Geflüchteten überfordert sehen, protestierten gegen die | |
| zahlreichen Anmeldungen und Gesundheitsberatungen, die sie durchzuführen | |
| hätten. Ihnen wird leicht entgegen gekommen: Prostituierte müssen sich | |
| nicht in jeder Kommune anmelden, in der sie arbeiten sondern nur in einer – | |
| die Anmeldung gilt in der Regel bundesweit. | |
| Ebenso gemeldet hatten sich Datenschützer, denn Sexualität gehört zur | |
| Intimsphäre eines Menschen. Die Tätigkeit offiziell anmelden zu müssen, | |
| verletzt diese Intimsphäre. Ein Problem, für das das Ministerium gestern | |
| nur eine Antwort hatte: „Dem Datenschutz wird Rechnung getragen.“ | |
| ## Im Frauenministerium ist man nicht glücklich | |
| Die Aufhebung der Anonymität der Prostituierten dürfte aber ein | |
| gravierendes Problem sein: Viele Prostituierte gehen ihrem Beruf heimlich | |
| nach. Bei MigrantInnen wissen die Familien oft nicht, welcher Arbeit ihre | |
| Verwandte nachgeht. Gerät ihre Anmeldebestätigung nun in falsche Hände, so | |
| sind sie erpressbar. | |
| Im Frauenministerium ist man deshalb über die Anmeldepflicht auch nicht | |
| glücklich. „Die Prostituierten können weniger diskret arbeiten als bisher�… | |
| hieß es. Ergebnis könnte nun sein, dass sich ein Teil der Prostitution in | |
| die Illegalität verlagert. | |
| Die Opposition ist enttäuscht: „Die SPD ist mit Ministerin Schwesig | |
| eingeknickt“, so Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen im | |
| Bundestag. „Wir lehnen ein Gesetz, das Zwang und Druck gegen Prostituierte | |
| festschreibt, ab.“ | |
| Auch Prostituiertenverbände und der deutsche Juristinnenbund hatten sich | |
| gegen eine Anmeldepflicht ausgesprochen. Letzterer schrieb vorab in einer | |
| Erklärung: „Die geplante Anmeldepflicht für alle Prostituierten wird den | |
| Schutz dieser Personengruppe vor Ausbeutung, unzumutbaren | |
| Arbeitsbedingungen und Gewalt, sowie den Schutz der Opfer von | |
| Menschenhandel nicht erhöhen.“ | |
| Der Entwurf soll im März ins Kabinett, geplant ist, dass er am 1. 7. 2017 | |
| in Kraft tritt. | |
| 2 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
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