# taz.de -- Strafvollzug: „Frauen aufs Spiel gesetzt“ | |
> In der JVA Billwerder werden Männer und Frauen nicht strikt genug | |
> voneinander getrennt. Es droht sexualisierte Gewalt, kritisiert die FDP. | |
Bild: „Kaum Sichtkontakt“: Blick aus dem Männertrakt in den Innenhof der J… | |
HAMBURG taz | Justizsenator Till Steffen (Grüne) sei „ein Verharmloser“, | |
empört sich FDP-Justizpolitikerin Anna von Treuenfels. In der | |
Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder, in die ab Ostern auch weibliche | |
Gefangene aus der Strafanstalt Hahnöfersand verlegt werden sollen, gebe es | |
„eine Reihe sensibler Orte, an denen Männer und Frauen nicht voneinander | |
getrennt werden“ könnten. Damit seien diese Frauen „Übergriffen von Männ… | |
ausgesetzt“, fürchtet von Treuenfels. Ihr sei völlig rätselhaft, „wie | |
Steffen dieses Risiko, das er bis vor kurzem selbst kritisiert hat, | |
ausschließen will“. | |
Grund für den Unmut sind die aktuellen Antworten des Senats auf eine | |
Anfrage der FDP-Fraktion. Darin räumt die Justizbehörde ein, dass in | |
Billwerder mehrere „Räumlichkeiten von weiblichen oder männlichen | |
Gefangenen genutzt werden“. Dies seien mehrere Besucher- und Warteräume, | |
die Ambulanz mit acht Räumen, der Kaufmann, die Kirche und die | |
Sportstätten. Diese sollten zwar „zu getrennten Zeiten“ genutzt werden, | |
jedoch könne „eine konkrete Verteilung auf Wochentage und Uhrzeiten noch | |
nicht genannt werden“. Das vom Strafvollzugsgesetz geforderte | |
Trennungsgebot sei nicht gewährleistet, rügt von Treuenfels. Damit sei „die | |
Gefahr von Gewalttaten für die weiblichen Gefangenen gegeben“. | |
Mitte Dezember hatte Steffen angekündigt, dass das Frauengefängnis auf der | |
Elbinsel Hahnöfersand geschlossen und die inhaftierten Frauen im Frühjahr | |
in die JVA Billwerder umziehen sollten. Dort sind 548 von 638 Haftplätzen | |
von Männern besetzt. Für Frauen stünden 102 Haftplätze zur Verfügung. Diese | |
sollten von den zur Zeit 42 Strafgefangenen und 35 Untersuchungsgefangenen | |
von Hahnöfersand belegt werden. | |
In Steffens Rahmenkonzept vom 11. Dezember 2015 heißt es wörtlich: „Wir | |
trennen Männer und Frauen so konsequent, dass es keine Begegnungen und kaum | |
Sichtkontakt gibt.“ Dafür würden bauliche Maßnahmen wie Sichtblenden und | |
zusätzliche Zäune erforderlich. Dieses Trennungsgebot will nun die FDP mit | |
einem Antrag in der Bürgerschaft durchsetzen. | |
Der Umzug war lange ein Streitthema. Die Kritiker, zu denen einst auch die | |
Grünen zählten, befürchteten, dass die Unterbringung der weiblichen | |
Häftlinge in einem Hochsicherheitsgefängnis für Männer das bundesweit | |
vorbildliche Resozialisierungskonzept von Hahnöfersand gefährde. Jeder | |
Kontakt von Frauen und Männern, etwa bei gemeinsamen Arbeitsaktivitäten, | |
könnte zu Konflikten, Abhängigkeiten oder gar sexualisierter Gewalt führen. | |
Eine Zumutung zumal für Frauen, die vielfach unter Männergewalt zu leiden | |
hatten, oder etwa von Männern zur Prostitution gezwungen wurden. | |
Auch Steffen selbst hatte noch vor einem Jahr zu Oppositionszeiten die | |
Zusammenlegung im Einklang mit der FDP kritisiert. Nun setzt er dieses | |
Konzept selbst um. Damit würde Steffen, kritisiert FDP-Frau von Treuenfels, | |
mit „seiner Umfallerhaltung die Unversehrtheit der inhaftierten Frauen aufs | |
Spiel setzen“. | |
14 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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