# taz.de -- Deutsche Nato-Soldaten für die Türkei: Den Bundestag übergehen? | |
> Die Nato will Flugzeuge mit deutschen Soldaten entsenden. Laut | |
> Bundesregierung ist das ungefährlich – deshalb müsse der Bundestag nicht | |
> abstimmen. | |
Bild: Ein Nato-Aufklärungsflugzeug vom Typ Awacs startet in Geilenkirchen – … | |
Die Nato will Awacs-Aufklärungsflugzeuge mit deutschen Soldaten in die | |
Türkei entsenden. Nach Ansicht der Bundesregierung muss der Bundestag | |
hierüber nicht abstimmen. Sarah Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der | |
Linken, kritisierte den Einsatz als „hochgefährlich“. Außerdem müsse „… | |
Bundesregierung den Bundestag über diesen erneuten abenteuerlichen | |
Bundeswehreinsatz abstimmen lassen“. | |
Die Awacs-Einheiten sollen aus dem nordrhein-westfälischen Geilenkirchen in | |
einen Stützpunkt bei Konya im Süden der Türkei verlegt werden. Rund ein | |
Drittel des Awacs-Personals der Nato besteht aus deutschen Soldaten. Mit | |
den Awacs-Flugzeugen soll die Türkei bei der Luftüberwachung unterstützt | |
werden. Sie sollen zur Erstellung des Luftlagebildes beitragen. | |
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Bundestag | |
allen bewaffneten Einsätzen der Bundeswehr im Ausland zustimmen. 2008 | |
entschieden die Richter, dass das Parlament schon dann abstimmen muss, wenn | |
deutsche Soldaten in „bewaffnete Auseinandersetzungen verstrickt“ werden | |
könnten. | |
Es komme nicht darauf an, ob die Bundeswehr selbst die Absicht habe, Waffen | |
einzusetzen. Damals ging es um den Einsatz der Awacs-Aufklärungsflugzeuge, | |
die während des Irakkriegs 2002 in der Türkei stationiert waren. Die | |
Bundesregierung hielt ein Bundestagsmandat für unnötig. Dagegen erhob die | |
FDP eine Organklage – mit Erfolg. | |
## Kein Kampfeinsatz zu befürchten | |
In einem Brief an den Bundestag erklärte die Bundesregierung kurz vor | |
Weihnachten, warum dieses Mal keine Beteiligung des Bundestags erforderlich | |
sei. So seien die Awacs-Maschinen nicht Teil des Militäreinsatzes gegen den | |
IS in Syrien. Für die dort eingesetzten Tornados und Tankflugzeuge hatte | |
der Bundestag Anfang Dezember bereits ein Mandat erteilt. | |
Auch sonst sei nicht mit bewaffneten Auseinandersetzungen zu rechnen, | |
argumentiert die Regierung in dem Schreiben des Staatssekretärs Stephan | |
Steinlein vom Auswärtigen Amt. So verfüge die Dschihadistenmiliz IS über | |
keine Luftstreitkräfte. Außerdem, so wird Steinlein von der | |
Nachrichtenagentur dpa zitiert, sei kein politischer Wille des syrischen | |
Assad-Regimes erkennbar, „die eigene Luftwaffe gegen die Türkei | |
einzusetzen“. Auch gebe es „keine konkreten Hinweise, dass Russland seine | |
Luftstreitkräfte gegen die Türkei einzusetzen beabsichtigt“. | |
Man fragt sich allerdings, warum die Nato überhaupt die Luftüberwachung der | |
Türkei unterstützt, wenn von keiner Seite Gefahr droht. | |
Tatsächlich geht der jetzige Awacs-Einsatz auf Bitten der Türkei vom | |
Oktober zurück. Beim damaligen Treffen der Nato-Verteidigungsminister hatte | |
der türkische Minister Vecdi Gönül um Unterstützung bei der Luftabwehr | |
gebeten, nachdem Russland Ende September mit Luftangriffen in Syrien zur | |
Unterstützung des Assad-Regimes begonnen hatte. Die Türkei sieht sich | |
dagegen als Schutzmacht der Turkmenen, die zur syrischen Opposition | |
gerechnet werden. | |
Die Einschätzung der Regierung, dass in diesem Kontext nicht mit | |
bewaffneten Auseinandersetzungen zu rechnen sei, erstaunt. Immerhin hat die | |
Türkei bereits im Oktober eine Drohne abgeschossen, die dem russischen | |
Militär gehören soll, was Russland allerdings bestreitet. Am 24. November | |
schoss die Türkei dann ein russisches Kampfflugzeug über der syrischen | |
Provinz Latakia ab. Das Flugzeug soll zuvor den türkischen Luftraum | |
verletzt haben. | |
Der Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner forderte weitere | |
Informationen über den geplanten Awacs-Einsatz. | |
27 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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