| # taz.de -- Aktivistin für ein post-fossiles Ecuador: „Die Umstellung lohnt … | |
| > Die Gruppe Yasunidos will, dass kein weiteres Erdöl in Ecuador gefördert | |
| > wird. Auf der Klimakonferenz hat sie eine neue Strategie vorgestellt. | |
| Bild: Protest gegen die Ölförderung im Yasuní-Nationalpark, Quito 2013. | |
| taz: Frau Vallejo, eine Delegation der [1][Yasunídos] aus Ecuador und | |
| Deutschland ist gerade in Paris bei den Klimaverhandlungen. Wie ist die | |
| Stimmung kurz nach der Halbzeit? | |
| Carolina Vallejo: Wir haben ganz schön viel Arbeit - trotz des | |
| Demonstrationsverbots. Wir müssen den Ausnahmezustand, den die französische | |
| Regierung ausgerufen hat, nun mal hinnehmen. Wir treffen aber auf den | |
| Side-Events viele Leute und erzählen ihnen von unseren Plänen. | |
| Um welche Pläne geht es da? | |
| Wir wollen nicht zulassen, dass die Idee der [2][Yasuní-ITT-Initiative] | |
| stirbt. Als die Regierung in Ecuador 2007 die Initiative gestartet hat, war | |
| sie abhängig von den Interessen der Politiker. Und sie ist gescheitert, | |
| weil die Politiker mit den großen Förderunternehmen kooperiert haben. | |
| Die Idee, Erdöl gegen Ausgleichszahlungen im Boden zu lassen, finden Sie | |
| aber gut? | |
| Ja und Nein. Die Idee hat auch auf internationaler Ebene viel Unterstützung | |
| gefunden. Die ITT-Initiative ist immer noch die einzige konkrete Idee etwas | |
| gegen den Klimawandel zu tun, nämlich die Ölreserven gar nicht auszubeuten. | |
| Wissenschaftliche Studien belegen, dass wir zwei Drittel der noch | |
| bestehenden fossilen Rohstoffe gar nicht antasten dürfen, um das | |
| zwei-Grad-Ziel zu erreichen. | |
| Und warum nein? | |
| Das Ziel ist das gleiche, aber es gibt einen großen Unterschied. Diesmal | |
| werden wir uns nicht auf die Regierungen verlassen, sondern die neue | |
| Initiative als globale Zivilgesellschaft selbst organisieren. Wir wollen | |
| zusammen mit den indigenen Gemeinden in Ecuador, die sich gegen die | |
| Ressourcenausbeutung in ihren Gebieten wehren, Alternativen vor Ort | |
| etablieren, die neue Förderpläne obsolet machen. Wir streben nicht weniger | |
| als die Transformation hin zu einer post-fossilen Gesellschaft an. | |
| Das hört sich erst mal gut an, aber wie soll das konkret gehen? | |
| Vor allem durch die Umstellung der Energieversorgung auf 100 Prozent | |
| Erneuerbare. Wir wollen die Energiewende in Ecuador schaffen. Das Land | |
| hängt nach wie vor stark vom Erdöl ab, aber die Vorräte sind begrenzt. Sie | |
| reichen maximal bis 2050. Aber spätestens 2040 wird Ecuador Erdöl | |
| importieren müssen, verliert also nicht nur Einnahmen aus dem Export, | |
| sondern muss beispielsweise für das Transportwesen oder die Stromproduktion | |
| draufzahlen. Das Land verfügt über hervorragende natürliche Bedingungen für | |
| Erneuerbare. | |
| Aber das kostet Geld. Wo soll das herkommen? | |
| Wir wollen einen neuen internationalen Fond aufsetzen, in den | |
| Einzelpersonen, aber auch Unternehmen und natürlich auch Staaten einzahlen | |
| können. Das Geld geht direkt an die Kommunen vor Ort. Aber Geld ist nur ein | |
| Mittel, möglich ist auch der Transfer von Technologie und Arbeitskraft - | |
| z.B. durch Freiwillige, von Nord nach Süd und umgekehrt. Ein Austausch also | |
| auf Augenhöhe. Was wir klar ausschließen ist Emissionshandel oder andere | |
| marktförmige Mechanismen. | |
| Die Staaten tun sich ja schwer, sich überhaupt auf verbindliche CO2-Ziele | |
| zu einigen. Wer hört Ihnen denn zu? | |
| Gestern war die offizielle Vorstellung unserer neuen Initiative beim | |
| Climate Forum. Da waren VertreterInnen von Nichtregierungsorganisationen, | |
| aber auch WissenschaftlerInnen, aus Großbritannien, Norwegen oder | |
| Frankreich zum Beispiel. Unsere Ideen kamen gut an, wir haben viele | |
| Gemeinsamkeiten erkannt. | |
| Die da wären? | |
| In Norwegen gibt es zum Beispiel ähnliche Probleme. Das Eis schmilzt und | |
| die Gebiete, die nicht mehr von Eis bedeckt sind, weist die Regierung als | |
| Förderflächen für Erdöl aus. | |
| Gehen wir zurück nach Ecuador. Zivilgesellschaftliches Engagement ist | |
| wichtig, aber am Ende entscheidet die Regierung über die Nutzung der | |
| Ressourcen. Und Präsident Correa steht bekanntlich nicht auf Ihrer Seite... | |
| Wir müssen der Regierung zeigen, dass die Energiewende auch wirtschaftlich | |
| rentabel ist. Das Öl, das in Ecuador im Amazonasgebiet bereits gefördert | |
| wird, reicht aus, um Schritt für Schritt auf Erneuerbare umzustellen. Wir | |
| müssen keine neuen Quellen erschließen. Und wir müssen die Ausgaben für die | |
| künftigen Erdölimporte einrechnen. Dann lohnt sich die Umstellung. | |
| Correa sagt, dass das Geld aus dem Erdöl für Sozialprogramme notwendig ist. | |
| Den Yasunidos begegnet er mit Repression. | |
| Nach dem unterdrückten Referendum über die Ölförderung im Yasuní 2014 hat | |
| der Präsident viel an Glaubwürdigkeit verloren. Der Betrug war | |
| offensichtlich, viele Menschen in Ecuador haben gesehen, wie korrupt die | |
| Regierung ist. Und sie sind auf die Straßen gegangen, nicht nur für den | |
| Yasuni-Nationalpark, auch in Arbeits-, Gesundheits- und Bildungsfragen. | |
| Und sie wurden dort niedergeknüppelt. | |
| Die Regierung will sich nicht verwundbar machen. Der Präsident ist zum | |
| Beispiel nicht in Quito, wenn es Demonstrationen gibt. Er reist ins Ausland | |
| oder in andere Teile Ecuadors, damit der Protest sprichwörtlich nicht zu | |
| ihm gelangt. Bei Demonstrationen blockieren Polizei und manchmal sogar das | |
| Militär ganze Straßenzüge rund um das Regierungsviertel. Das funktioniert | |
| leider ganz gut, die Leute sind zunehmend frustriert. Trotzdem gehen die | |
| Proteste seit 2014 unverändert weiter. | |
| Wie ist die Situation im Yasuní-Nationalpark? Fließt das Öl schon? | |
| Die Regierung legt nicht offen, was sie dort genau macht. Im letzten Jahr | |
| hat das Militär uns sogar daran gehindert, den Nationalpark zu betreten. | |
| Wir wissen, dass Zugangsstraßen angelegt wurden, aber momentan wird nicht | |
| gefördert. Die Ölpreise sind ganz einfach zu niedrig. Die Förderung lohnt | |
| sich für den Staatskonzern PetroAmazonas nicht, da die Arbeiten zur | |
| Erschließung so aufwendig sind. Das verschafft uns wertvolle Zeit. | |
| 9 Dec 2015 | |
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| [1] http://sitio.yasunidos.org/en/ | |
| [2] /!5111245/ | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Seufert | |
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