Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Krise in Libyen: Die Einheitsregierung kommt
> Nach langen Verhandlungen unterzeichnen Vertreter der Konfliktparteien
> den Friedensplan der UNO. Folgt jetzt eine Militärintervention?
Bild: Ein Junge beim Verkaufen von Obst und Gemüse in Bengasi, Libyen.
BERLIN taz | Libyen hat wieder eine gemeinsame Regierung. Nach 18 Monaten
Bürgerkrieg beschlossen Parlamentarier und Bürgermeister aus dem ganzen
Land am Donnerstagnachmittag im marokkanischen Skhirat zudem einen
sofortigen Waffenstillstand und die baldige Rückkehr der Regierung nach
Tripolis.
Bisher gab es in Libyen zwei konkurrierende Regierungen, eine in der
Hauptstadt und eine im ostlibyschen Tobruk. Letztere war international
anerkannt, doch inzwischen ist das Mandat beider Regierungen abgelaufen.
Der UN-Sondergesandte Martin Kobler hatte die ein Jahr andauernden
Verhandlungen Mitte November übernommen und zuletzt den Gegnern des
UN-Friedensplans mit Sanktionen gedroht. „In dem entstandenen Machtvakuum
breitet sich der Islamische Staat täglich weiter aus. Libyen steht vor dem
Kollaps“, warnte der deutsche Diplomat, der zuvor die weltweit größte
UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo geleitet hat.
Der künftige Premierminister Faiz al Faraj hat nun bis Anfang Februar Zeit,
ein Kabinett zu bilden und die Wiederaufnahme der Arbeit der Ministerien
vor zubereiten. Mangels Budget und wegen des Machtkampfes ruht die Arbeit.
Faraj stammt aus Tripolis. Der Unternehmer hatte sich aus dem Konflikt
rivalisierender Milizen heraus gehalten.
## Aufklärungsflugzeuge über den Städten
Doch der in Tripolis bisher herrschende Nationalkongress und dessen Milizen
sehen in dem Plan der UNO eine Gefahr für ihre Macht, die sie sich nach der
verlorenen Wahl 2014 durch einem Putsch zurück geholt hatten.
Die über Libyens Städten kreisenden französischen und amerikanischen
Aufklärungsflugzeuge sind erste Vorzeichen eines baldigen internationalen
Militäreinsatzes gegen den Islamischen Staat (IS), dessen Kämpfer bereits
in Tripolis eingesickert sind. Aber eine ausländische Intervention wie 2011
wollen berüchtigte Milizenkommandeure in Tripolis wie Adb Algani Gneiwa
oder Abdulrauf Kara nun um jeden Preis verhindern.
Nuri Abu Sahmain, Chef des Nationalkongresses in Tripolis, und der Sprecher
des Parlaments in Tobruk, Ageela Saleh, trafen sich überraschend vor zwei
Wochen zum ersten Mal und verkündetenen unabhängig vom Friedensplan der UNO
einen Fahrplan für eine libysch-libysche Einheitsregierung. „Wir haben
keinen einzigem Kongressmitglied die Erlaubnis gegeben, den UN-Plan in
Marokko zu unterzeichnen“, betonte Abu Sahmain noch am Montag.
Mit einer Medienkampgane versuchen die Islamisten in Tripolis daher, die
Öffentlichkeit gegen jegliche ausländische Intervention aufzubringen. In
Tripolis glauben viele Bürger gar, beide Einheitsregierungen wären Teil
desselben Friedensprozesses. „Ich war schockiert, als ich gestern erfuhr,
dass wir nach zwei Regierungen und zwei Parlamenten nun auch zwei
Einheitsregierungen haben könnten“, sagte der Journalist Mohamed Essul.
## Ein gespaltenes Land
Wie gespalten das Land ist, zeigt die Zahl der zur Unterzeichnung nach
Marokko gereisten Parlamentarier. Von jeweils 200 Abgeordneten kamen 72
Vertreter des des Repräsentantenhauses in Tobruk und 27 des
Nationalkongresses in Tripolis. Doch die internationale Libyen-Konferenz am
vergangenen Wochenende in Rom hatte sich offenbar entschieden, nicht länger
auf einen Konsens zu warten.
Denn nach Sirte, Derna und Sabratah hat der IS nun die Küstenstadt
Adschdadabija im Visier, die als das Tor zu den wichtigsten Bohrtürmen und
Lagerstätten in Afrikas ölreichstem Land gilt. Vor allem Italiens Regierung
fordert eine militärische Absicherung des Friedensabkommens und warnt
davor, ass unter den über das Mittelmeer nach Europa kommenden Flüchtlingen
auch Extremisten seien.
## Vorbereitungen für den Einsatz
Britische Militärexperten bereiten bereits eine Schutzzone für Diplomaten
für Tripolis vor, ähnlich der Grünen Zonen in Bagdad. Wie die britische
Times am Donnerstag berichtete, steht das Land bereit, bis zu 1.000
Soldaten und Spezialkräfte nach Libyen zu schicken. Damit könne ein
Militäreinsatz unter der Führung Italiens unterstützt werden, hieß es
weiter.
Unterdessen könnten die ersten US-Soldaten bereits in Libyen gelandet sein.
Ein 20 Mann starkes Spezialkommando habe zusammen mit libyschen Soldaten
den Watyia Flughafen, südlich der neuen Afrika-Zentrale des IS in Sirte,
inspiziert.
Selbst wenn sich diese Meldung als Gerücht heraus stellen sollte, verfehlt
sie bei den Milizen in Tripolis ihre Wirkung nicht. Seit Tagen kommt es zu
heftigen Kämpfen um neuralgische Punkte in der Stadt.
17 Dec 2015
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Milizen in Libyen
Martin Kobler
Libyen
Tripolis
Milizen in Libyen
Libyen
Schwerpunkt Syrien
Libyen
Libyen
Libyen
Milizen in Libyen
Libyen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rivalisierende Regierungen in Libyen: Schattenregierung in Tripolis gibt auf
Die neue Einheitsregierung für Libyen bekommt Rückenwind. Die islamistische
Schattenregierung will sich zum Wohle des Landes zurückziehen.
Libyen ohne Gaddafi: Die Euphorie ist vorbei
Kein Diktator, aber auch keine Sicherheit: Fünf Jahre nach dem Beginn des
Aufstands fürchten Bewohner Bengasis islamistische Extremisten.
Terrormiliz Islamischer Staat: Zehntausende echte Pässe
Laut Medien soll sich der IS in Syrien, Libyen und im Irak Pässe beschafft
haben. Nun fürchten Behörden, dass damit Attentäter nach Europa geschleust
werden.
Kommentar Libyen-Friedensplan: Der Westen muss nachlegen
Das Friedensabkommen sollte der Anfang eines europäischen Umdenkens in
Nordafrika sein. Regionale Industrien müssen unterstützt werden.
Kommentar Einigung in Libyen: Die Hardliner haben sich durchgesetzt
Die konkurrierenden libyschen Parlamente einigen sich überraschend – und
bremsen damit den UN-Plan aus. Es geht um Macht und um viel Geld.
Machtkämpfe in Libyen: Parlament verlängert Mandat
Das Repräsentantenhaus baut vor: Seine Amtsperiode läuft am 20. Oktober ab.
Danach soll es laut UN-Plan eine Einheitsregierung geben.
Nach der UN-Vermittlung: Nun sind die Libyer dran
Nach zähen Verhandlungen gibt es einen Text für ein Abkommen. Jetzt müssen
die zerstrittenen Fraktionen in Libyen zustimmen.
Libysche Mittelmeerküste: Mehr als 200 Flüchtlinge ertrunken
Beim Untergang eines Fischkutters sind vor Libyen mehr als 200 Flüchtlinge
ertrunken. Unweit der Unglücksstelle wurden mehr als 1.000 Menschen
gerettet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.