| # taz.de -- Nach der UN-Vermittlung: Nun sind die Libyer dran | |
| > Nach zähen Verhandlungen gibt es einen Text für ein Abkommen. Jetzt | |
| > müssen die zerstrittenen Fraktionen in Libyen zustimmen. | |
| Bild: Milizionäre in Bengasi. | |
| Tripolis taz | Die Delegationen der libyschen Konfliktparteien haben sich | |
| in der marokkanischen Stadt Shkirat auf die Modalitäten zur Gründung einer | |
| Einheitsregierung verständigt. UN-Sondergesandter Bernadino Leon sagte am | |
| Montagabend, jetzt müssten die Delegierten gegenüber den rivalisierenden | |
| Parlamenten in Tripolis und im ostlibyschen Tobruk für das Abkommen werben. | |
| Falls die Parlamentarier zustimmen, werde man kommende Woche die künftigen | |
| Minister und den Regierungschef benennen. | |
| Leon möchte die Machtübernahme der Einheitsregierung spätestens am 20. | |
| Oktober mit einer Zeremonie in Libyen begehen, da am nächsten Tag das | |
| Mandat des Repräsentantenhauses in Tokruk abläuft und damit das aus | |
| Tripolis geflohene international anerkannte Parlament sein Mandat verliert. | |
| Zuvor will der stets Optimismus ausstrahlende Leon den möglichen | |
| Friedensvertrag von der UN-Vollversammlung oder dem Sicherheitsrat absegnen | |
| lassen. Ein rein innerlibysches Abkommen könnte wie die Parlamentswahl 2014 | |
| gerichtlich angefochten werden. | |
| Auf einer Pressekonferenz betonte Leon, dass Einheit die einzige Waffe sei, | |
| mit der die Extremisten des Islamischen Staates (IS) besiegt werden | |
| könnten. „Unsere Rolle als Vermittler haben die Vereinten Nationen nun | |
| erfüllt, jetzt müssen die Libyer entscheiden“, sagte Leon. | |
| Der Hauptgrund der Konflikte der vergangenen vier Jahren war das Ringen der | |
| Stämme, Milizen und Parteien um Regierungsposten und Ämter, die von Muammar | |
| al-Gaddafi vier Jahrzehnte lang an ihm loyale Personen vergeben wurden. | |
| Vor allem in Ostlibyen fühlt man sich im Kampf gegen die islamistischen | |
| Milizen der Ansar al-Scharia und den IS im Stich gelassen. Armeegeneral | |
| Khalifa Hafter konnte den größten Teil der Millionenstadt mithilfe der | |
| Bürger und ägyptischen Waffenlieferungen nach einem Jahr von den Islamisten | |
| befreien, doch nur für den Preis einer Fluchtbewegung und weitgehend | |
| zerstörten Innenstadt. Am Wochenende folgte eine weitere Offensive gegen | |
| die meist aus dem Sudan, Tunesien oder Syrien eingereisten Dschihadisten. | |
| Obwohl der Kampf gegen Terrorismus in dem zukünftigen Friedensvertrag | |
| ausdrücklich nicht als Bruch des Abkommens gewertet wird, warfen Leon und | |
| mehrere EU- Botschafter der Armee Hafters vor, die Friedensverhandlungen | |
| verhindern zu wollen. | |
| Daraufhin kam es am Montag in Bengasi zu Demonstrationen mit | |
| Anti-Leon-Plakaten. „Die EU und die UNO kommen den Vertretern des | |
| politischen Islam und den mit ihnen Verbündeten Golfstaaten entgegen, weil | |
| sie um ihre guten Geschäfte mit den Scheichs fürchten“, sagt der Aktivist | |
| Mohamed Buganah. „Wir in Bengasi sind zuerst gegen Gaddafi und dann gegen | |
| die Extremisten auf die Straße gegangen sind, nun stehen wir mit leeren | |
| Händen da.“ | |
| ## Langfristiges Wirtschaftsprogramm gefordert | |
| Das Milizen-Bündnis Al-Fajr (Morgenröte), das sich vergangenes Jahr in | |
| Tripolis an die Macht geputscht hat, unterstützt die Islamisten-Allianz in | |
| Bengasi ganz offen. Jeden Donnerstag legen Schiffe mit Waffen und Munition | |
| aus der Hafenstadt Misurata gen Ostlibyen ab. | |
| Die internationale Gemeinschaft hofft, dass die über 200 Milizen Misuratas | |
| den expandierenden Islamischen Staat zurückdrängen werden. Denn obwohl | |
| IS-Kämpfer in Bengasi von extremistischen Milizen aus Misurata unterstützt | |
| werden, geht der Emir des IS in Zentrallibyen gegen die Verbündeten der | |
| Fajr-Allianz vor, die von Misurata angeführt wird. | |
| Mehrere Selbstmordattentate haben vor allem die Geschäftsleute der | |
| Hafenstadt zu Einlenken bewegt. Ihrem Druck ist es wohl zu verdanken, dass | |
| Leon seinen Posten nach einem Jahr Verhandlungen Ende Oktober | |
| möglicherweise mit einem fertigen Abkommen verlassen kann. | |
| „Man sollte sich über die zukünftige Einheitsregierung keine Illusionen | |
| machen“, sagt dagegen Junis Issa, Kulturminister der Fajr-Bewegung in | |
| Tripolis. „Im Menschenschmuggel und in extremistischen Milizen sehen viele | |
| junge Männern ihre einzige wirtschaftliche Perspektive. Nur ein | |
| langfristiges Wirtschaftsprogramm kann die beiden Probleme lösen.“ | |
| 22 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Mirco Keilberth | |
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