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# taz.de -- Neuer Star-Wars-Film in den Kinos: Puritanisch, protestantisch, pra…
> Alle suchen nach Luke: Neuer Regisseur, neue Figuren, sonst aber fehlen
> „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ die neuen Ideen.
Bild: Wir würden ja sagen, was hier grad passiert, wollen aber nicht spoilern.
Man kann das Rad nicht neu erfinden. Den Tie-Fighter erst recht nicht. Der
Tie-Fighter, die meisten (nämlich viele Millionen) Menschen werden’s
wissen, ist der am weitesten verbreitete Raumjäger der Galaxis. Er hat zwei
Solarflügel und ein kugelförmiges Kommandomodul mit Waffensystemen. Und
wenn er auftaucht, gibt’s Bambule, denn er gehört zum Imperium, und ist
damit der böse Widersacher der guten Rebellen.
Dass man dieses ganze unsinnige Zeug weiß, ist ein Teil des Problems, vor
dem der „Star Wars: Das Erwachen der Macht“-Regisseur J. J. Abrams
gestanden haben muss, als er den Job annahm. Gemeinsam mit dem Star-Wars-V-
und -VI-Autor Lawrence Kasdan (als alten Hasen) und dem „Tribute von
Panem“- und „Little Miss Sunshine“-Verantwortlichen Michael Arndt, den man
als jüngeren, gendersensibleren Part des Schreibtrios betrachten könnte,
hat Adams versucht, das Beste draus zu machen.
Denn was soll man tun, wenn man ein Erbe fortzuführen hat, das nicht nur
beispiellos den amerikanischen Vom-Schrabbelwerk-zum-Blockbuster-Traum
definiert (immer wieder gern erzählen Stars-Wars-Erfinder George Lucas und
die Seinen die Geschichte, wie man einst in der Produktion des ersten Films
ohne Geld und Hoffnung komplett auf Enthusiasmus und Kreativität setzte),
sondern bei dem das Drumherum, das Merchandise, die Fanbasen, die
abgeleiteten Serien, Filmableger, Comics, größer und stärker sind, als es
die teilweise recht mauen Original-Geschichten je sein können? Und wenn
einem dann auch der erzählerisch konservative und familientaugliche
Mediengigant Disney in den Nacken schnauft, an den Lucas seine Firma 2012
für rund vier Milliarden Dollar verkaufte?
Abrams hatte die Fernsehserie „Star Trek“ nach vielen schwachen Versuchen
durch andere im Jahr 2009 zu einem relativ überzeugenden Kinofilm
geprügelt: Er gab den Figuren Backstorys und damit neue Dimensionen, und
rettete die – zumindest im 60er-Jahre-Original – einfachen, stoischen
Charaktere ganz annehmbar in eine moderne Zeit.
## Desertierter Sturmtruppler
Für den neuen Krieg der Sterne haben er und die anderen Autoren neben den
bekannten völlig neue Charaktere erschlossen. Rey (Daisy Ridley) und Finn
(John Boyega) sind die beiden jungen Protagonisten des ersten
Disney-Star-Wars-Spektakels, und ohne spoilern zu wollen (obwohl das heute
bereits obsolet sein wird): Rey ist eine arme Schrotthändlerin und begabte
Pilotin mit geheimnisvoller Familiengeschichte, welche man in dem
Augenblick zu riechen beginnt, in dem man sie das erste Mal in ihrem
Prinzessin-Leia-Outfit und in Luke-Skywalker-Manier eine kaputte
Raumschiffmöhre steuern sieht.
Finn, der interessanteste der Handelnden, ist ein nachdenklicher
Sturmtruppler, der nicht mit dem gehorsamen und emotionslosen Kämpfen und
Töten klarkommt, das das Imperium von ihm verlangt – allein diese Idee, die
allerdings schon des Öfteren in der animierten Serie „Stars Wars – The
Clone Wars“ bearbeitet wurde, ist eine schöne Anlage für eine Figur. Der
ängstliche, unsichere, dunkelhäutige Finn, der seinen Namen zu Anfang von
einem Rebellen-Mitglied erhält, dem er zur Flucht verhilft, baut gar eine
Beziehung zu der weißen Rey auf – eine in Disneyfilmen sonst selten
gesehene Farbkombination.
Und ansonsten? Nun ja, auch das war bereits bekannt und darf deshalb
verraten werden: Han Solo (Harrison Ford) und Prinzessin Leia (Carrie
Fischer) sind ebenfalls dabei. Auf der Suche nach Luke Skywalker 30 Jahre
nach Episode 6 – was dem einen der Ring, ist dem anderen der letzte
offizielle Jediritter – tun sich Solo, Leia, Rey, Finn, der Wookie
Chewbacca und die üblichen für Witze und Niedlichkeit zuständigen
künstlichen Lebensformen (unter anderem der fußballförmige, in seinen
Bewegungen an den Pixar-Schneemann erinnernde Droid „BB-8“) zusammen und
versuchen, das mit der dunklen Seite der Macht wieder in den Griff zu
bekommen.
Gegen sie kämpfen ebenfalls die üblichen Anti-Helden: ein leicht ambivalent
angelegter Darth-Vader-Epigone (der großartige Adam Driver), was
tatsächlich aus Spoiler-Gründen nicht weiter erklärt werden soll, die
imperialen Truppen und ihre Generäle, und das ganz Böse, das von
Gollum-Interpret Andy Serkis wiederum als animiertes Mega-Teufelwesen
namens „Snoke“ gesprochen wird.
Die Kämpfe sind heiß, befriedigen, was das 3-D-Herz erwartet, und bewegen
sich in atemberaubender Geschwindigkeit durch den schwerelosen Weltraum
oder über die Oberflächen verschiedener Planeten: Han Solos alter
Millennium-Falke fliegt auf der Flucht vor Tie-Fightern durch ein
Raumschiffwrack (und produziert dabei erstaunlicherweise einen ähnlichen
Sound wie beim spektakulären Podrennen in „Star Wars – Episode I“). Und
mithilfe der Rebellen und einiger Bomben kann sogar das Vehikel in Staub
aufgehen, gegen das der alte „Todesstern“ (die gefährliche und
waffenstarrende Raumstation aus „Star Wars“ IV bis VI) aussieht wie eine
süße kleine Murmel.
## Angst vor den Fans
Es ist also alles da, was man kennt und liebt. Doch genau das ist Vorteil
und Krux des Films zugleich: Neue Gedanken durften sich Adams und seine
Mitautoren anscheinend kaum machen. Zu groß war die Angst der Produzenten,
nicht das Action-Niveau der heutigen Filme zu treffen, die Millionen
(konservativen) Fans zu enttäuschen oder die übermächtige Produktionsfirma
aus der Komfortzone gezerrt zu sehen. So gibt es im brandneuen Blockbuster
(dessen Vorverkäufe allein bereits genug Geld generierten, um die Kosten
für den Bau eines echten Todessterns zu decken) weder wirklich neue
Settings – ständig erkennt man in einem zweieinhalbstündigen Déjà-vu
Ausstattung, Architektur, Umgebungen und Kostüme – noch wirklich
ungewöhnliche Konstellationen bei den Figuren.
Wiederum darf mit Rey nur eine einzige Frau mitmischen, wenn auch eine
starke. Leia alias Fischer dagegen, der man die unglücklichen Jahre nach
der Star-Wars-Karriere ansieht und -hört (sie klingt wie Ilse Werner
zwischen zwei Schachteln Zigaretten), steht zusammengenommen rund fünf
tragische Filmminuten auf der Bildfläche, nicht mal bewegen darf (oder
kann) die Schauspielerin sich.
Die Raumschiffdecks sind ansonsten weitgehend frauenfrei, bis auf die
typischen Alibiantworterinnen. Nicht mal ein paar echte Nicht-Humanoide hat
man dem Film gegönnt: Fast die gesamte galaktische Diversität lastet auf
den haarigen Schultern des Wookies. Andere Rassen, Wesen, Ideen springen
zwar in einer kurzen Restaurant-Szene durch das Bild, die an eine ähnliche
im klassischen „Star Wars“ erinnert. Aber zu sagen haben sie – bis auf
einen Satz des „Mon Calamari“-Generals Ackbar – nüschte. Und weil Disney
echte Fallhöhen vermeidet, darf zudem keiner wirklich leiden.
Nicht mal der Regisseur selbst, sagte Abrams kürzlich übrigens in einem
Interview, erwarte, es den Fans recht zu machen. Vielleicht denkt er aber
auch in die Zukunft: Einige Zeichen deuten daraufhin, dass der nächste
Star-Wars-Film sich mehr trauen wird. Eventuell tastet sich „Das Erwachen
der Macht“ einfach nur langsam ran. Bis dahin zeigt sich der lang
herbeigesehnte siebte Teil der Saga jedenfalls als ein
puritanisch-protestantisch-prachtvoll unterhaltendes
State-of-the-Art-Spektakel, das die unendlichen Weiten des Weltraums (man
möge das „Star Trek“-Zitat verzeihen) ganz schön eng absteckt.
16 Dec 2015
## AUTOREN
Jenni Zylka
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