# taz.de -- Die Wahrheit: Im Fell eines Faultieres | |
> Wo findet Matthias Matussek bloß sein neues Zuhause? Jetzt, da der | |
> Krawallkatholik selbst dem Springer-Verlag zu ultra geworden ist. | |
Bild: „Unspektakuläre Beförderung“: Ulf Poschardt löst Stefan Aust ab | |
Vorgestern sagte jemand zu mir: „Ich kannte einen Sittich, der wohnte im | |
Dutt seiner Besitzerin.“ Ich erstarrte ob der Schönheit dieses Satzes. Die | |
Satzproduzentin hob die Hand zum Schwur: „Das ist die reine Wahrheit!“ Sie | |
setzte an, um den Sachverhalt näher zu beschreiben, aber ich ruderte | |
aufgeregt mit den Armen und verbat mir jede weitere realitätsbeglaubigende | |
Erklärung. Weil ich wusste, das sie die Poesie des Bildes gnadenlos | |
zerstören würde. Ich ging augenblicklich nach Hause, setzte mich in einen | |
Sessel und meditierte – mit dem Duttsittich als einer Art optisches Mantra | |
vor meinem geistigen Auge. | |
Klar war, dieser Satz würde meine bisherige Lieblingsformulierung in Bezug | |
auf exzentrische tierische Wohnverhältnisse ablösen. Ich las sie vor Jahren | |
bei einer Recherche über Faultiere. Sie lautete: „Im Fell des Faultieres | |
finden Käfer, Raupen und kleinere Schmetterlingsarten ein Zuhause.“ Jedes | |
Mal, wenn ich seitdem im Zoo ein Faultier sah, dachte ich: Na, ob da | |
vielleicht gerade ein Zimmer frei ist? | |
Bis heute bin ich übrigens froh, dass der Kopf meiner Tochter | |
offensichtlich als Zuhause nichts taugt. Während das Haupthaar | |
vergleichbarer Nachwüchse quasi im Zweiwochenrhythmus von Läusen besiedelt | |
wurde, blieb der Kopf meiner Tochter während ihrer kompletten Kindheit | |
lausfrei. Inzwischen ist sie sechzehn und gilt sowohl unter Ärzten wie im | |
Kindergarten- und Schulmilieu als Naturwunder. Vermutlich wird sie nie | |
arbeiten müssen, sondern sich lukrativ als Forschungsobjekt verdingen | |
können. | |
Apropos „Zuhause“: Wo kommt eigentlich einer wie Matthias Matussek jetzt | |
noch unter? Jemand, der sogar für Springer zu rechts und zu krawallig ist? | |
Wobei man ja fast Mitleid mit ihm hat. Wenn man nicht gerade lachen muss. | |
Vor Kurzem fühlte sich der stellvertretende Welt-Chefredakteur Ulf | |
Poschardt noch in seiner Menschenwürde verletzt, weil ein Autor hier auf | |
dieser Seite – der Autor war ich, aber das tut nichts zur Sache – fragte, | |
ob Pop-Ulf eventuell medikamentös neu eingestellt werden müsse. Wegen | |
akuter Sozialismus-Paranoia. Poschardt twitterte, Andersdenkende als | |
geisteskrank darzustellen, sei „1a Nazisound“. Jetzt aber bezeichnet sein | |
direkter Vorgesetzter, Jan-Eric Peters, Matusseks Posts zum Terroranschlag | |
in Paris öffentlich als „durchgeknallt“, wird dabei von Poschardt | |
unterstützt, um das Ganze dann eskalieren und mit einem Rausschmiss enden | |
zu lassen. | |
Selbstverständlich haben die Springer-Häuptlinge recht, und dennoch muss | |
man fragen, ob so verantwortungsbewusste Mitarbeiterführung aussieht? | |
Matussek erst wegen seines latenten Wahnsinns zu engagieren, ihn monatelang | |
homophob, populistisch und ultrakatholisch herumkrakelen zu lassen und ihn | |
dann – wenn das sich bestätigt fühlende Kleinkind immer hemmungsloser wird | |
– in die Wüste zu schicken. Oder in die Junge Freiheit. Man darf | |
tatsächlich gespannt sein, wo und wie Matussek wieder auftaucht. Ich hoffe, | |
mit einem Sittich im Dutt. | |
25 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Hartmut El Kurdi | |
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