# taz.de -- Neuer Chefredakteur bei der „Welt“: Der junge Wilde übernimmt | |
> Erst im Januar hatte Aust den Posten des Chefredakteurs kommissarisch | |
> übernommen. Jetzt gibt er ihn an Poschardt ab, bleibt aber Herausgeber. | |
Bild: „Unspektakuläre Beförderung“: Ulf Poschardt löst Stefan Aust ab | |
Berlin taz | Mit Applaus fallen die Welt-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter | |
ihrem Chef Mathias Döpfner ins Wort. Der hatte gerade verkündet, dass Ulf | |
Poschardt neuer Chefredakteur würde. | |
Stefan Aust steht daneben. | |
Vermutlich weiß er, warum wohl so viele RedakteurInnen klatschen: | |
Poschardts Aufstieg bedeutet, dass Austs Zeit als | |
Redaktionsverantwortlicher ab sofort vorbei ist. | |
Aust lächelt. | |
So berichten es Teilnehmer der großen Runde im Newsroom. | |
Döpfner nennt Poschardts Beförderung selbst „unspektakulär“, aber genau | |
deswegen sei sie so gut und er so froh. | |
## Knallhartes Sparprogramm | |
Poschardt, der doch eigentlich der junge, wilde Technotyp in der | |
Altherrenrunde namens Welt war und ist, hätte wohl auch nicht gedacht, dass | |
er mal die „vernünftige“ Lösung für eine leitende Position sein würde. … | |
der als Chef beim SZ Magazin über die (erste) Tom-Kummer-Affäre um | |
gefälschte Interviews gestolpert war, der den deutschen Ableger der Vanity | |
Fair nicht hat zum Fliegen bringen können, der trotzdem immer wieder auf | |
den Füßen landete, ist nun nicht die große Lösung, sondern der kleinste | |
gemeinsame Nenner. | |
Die Frage ist, warum Döpfner diese gute, aber unspektakuläre Entscheidung | |
nicht schon vor gut einem Jahr verkündete, als an gleicher Stelle der | |
Abgang des damaligen Chefredakteurs Jan-Eric Peters bekannt gegeben worden | |
war – und Döpfner einen Atemzug später Aust als neuen Interimschef | |
vorstellte. Warum wurde Poschardt, immerhin schon seit 2001 (abgesehen von | |
einem kurzen Gastspiel bei der Vanity Fair) bei Springers Welt, damals | |
nicht zum Chefredakteur? | |
Vielleicht weil Aust als der geeignetere Mann erschien, um die Drecksarbeit | |
zu erledigen: Der ehemalige Spiegel-Chef, der weiterhin Herausgeber von | |
„WeltN24“ bleibt, zog in seinen acht Monaten als Chefredakteur ein | |
knallhartes Sparprogramm durch, strich mehrere Dutzend Stellen, machte aus | |
zwölf Ressorts acht. Langgediente Mitarbeiter sprachen von einem | |
Stimmungstiefpunkt. | |
## Logische Wahl | |
Jetzt muss Poschardt versuchen, den Druck vom Kessel zu nehmen. Ihm zur | |
Seite steht dabei Oliver Michalsky, der bisher schon in der Chefredaktion | |
saß und (neben Arne Teetz) den Posten einnimmt, den zuvor Poschardt | |
innehatte: „Stellvertreter des Chefredakteurs“. Poschardt, 49 Jahre alt, | |
und Michalsky, 52, sind eine logische Wahl, um den Frieden | |
wiederherzustellen. Sie sind die aus der alten und neuen Chefredaktion, die | |
stets im Newsroom saßen, die die negativen Schwingungen wahrgenommen haben | |
müssen. | |
Es ist deshalb wohl auch kein Zufall, dass Poschardt in seiner kurzen | |
Antrittsrede von „Spaß“ gesprochen haben soll, den alle doch möglichst | |
haben sollten, wenn sie zur Arbeit gingen. | |
Aufgestiegen sind neben Poschardt auch der bisherige | |
Wirtschaftsressortleiter Thomas Exner, der künftig Geschäftsführender | |
Redakteur ist; Ileana Grabitz, die Exners Posten bei der Wirtschaft | |
übernimmt; Feuilleton-Blattmacher Jan Küveler, der Creative Director der | |
WamS wird; und Dagmar Rosenfeld, zuletzt im Politikressort der Zeit – und | |
ab spätestens 2017 neue Stellvertretende Chefredakteurin bei WeltN24. | |
Doch wo Aufsteiger sind, sind auch Absteiger: Beat Balzli, der zwar | |
weiterhin als Stellvertretender Chefredakteur für die WamS zuständig ist, | |
muss wohl einiges an Küveler abgeben. Und: Marius Schneider, bislang | |
Geschäftsführender Redakteur, wird „Managing Integration Officer von | |
WeltN24“. Er soll quasi den Umzug von Fernsehsender und Zeitungs- und | |
Onlineredaktion in gemeinsame Räume organisieren. | |
6 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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