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# taz.de -- Chefredakteur über neues „Zeit“-Heft: „Magazin für erwachse…
> „Zeit Magazin Mann“ heißt der Lifestyle-Ableger des Blattes. An
> Zielgruppenjournalismus glaubt Chefredakteur Christoph Amend aber nicht.
Bild: Schmökern im Berliner Parlament: Der Linken-Abgeordnete Benjamin-Immanue…
taz: Herr Amend, bisher geht es bei Männermagazinen ausschließlich um
Fitness und Autos. Jetzt gibt die Zeit ein Lifestyle-Magazin für Männer
heraus. Was hat sich verändert?
Christoph Amend: Eine Zeit-Magazin-Geschichte hat sich vor Kurzem damit
beschäftigt, dass Männer anfangen, Therapien zu machen. Das ist eine
gesellschaftliche Veränderung. Es gibt heute mehr Männer, die sich fragen:
Wie will ich eigentlich leben? Der zündende Moment ergab sich durch Zufall
in Portugal, wo ich von einem Deutschen erfuhr, der sich mit 96 Jahren
entschieden hatte, noch ein Weingut aufzumachen. Das wurde zu einem
Leitmotiv für uns: Männer, die Entscheidungen treffen, um ein glücklicherer
Mensch zu werden. Der Neu-Winzer ist heute 104.
Früher hieß es, ein Mann solle drei Dinge tun im Leben: Haus bauen, Baum
pflanzen, Kind zeugen. In Ihrem Heft werden Männer Winzer in Portugal oder
Hollywoodstar. Da liegt die Messlatte schon höher, oder?
Sie sprechen die Titelgeschichte mit Christoph Waltz an, der es in der Tat
zu Großem gebracht hat. Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass auch
er durch schwierige Zeiten gegangen ist: lange arbeitslos, die Angebote
fehlten. Seine Frau schlug ihm bereits vor, die Schauspielerei aufzugeben.
Er aber hat immer an sich geglaubt. Die Lehre ist, und das gilt für alle
Berufe, dass es manchmal eben Zeit braucht, bis man sein Handwerk
beherrscht.
Welche Männer soll das Heft ansprechen?
Wir glauben nicht an Zielgruppenjournalismus. Trotzdem denke ich, muss man
ein bisschen gelebt haben, um sich derartige Lebensfragen zu stellen. Ein
Leser hat am Erscheinungstag gepostet: „Mit 39 kaufe ich jetzt mein erstes
Männermagazin“.
Lebenskrisen sind ein wiederkehrendes Motiv im Heft – und Geschichten von
verunsicherten Männer, weil alte Rollenbilder nicht mehr funktionieren.
Greifen solche Krisen-Männer eher zum Magazin?
Sind Menschen, die anfangen sich Lebensfragen zu stellen, immer gleich
verunsichert? Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: So etwas zeugt von
Selbstbewusstsein.
Rund die Hälfte der Seiten sind entweder Anzeigen oder redaktionelle Texte
über Produkte. Ist das nicht ein bisschen zu viel des Guten mit dem ganzen
Einkaufen?
Schöne Dinge sind ein Thema für den Zeit-Magazin Mann, aber es gibt
andererseits auch viel zu lesen, lange Interviews und Porträts. Die
Titelgeschichte allein hat sechseinhalb Seiten Text. So ausführlich ist
Christoph Waltz noch nicht oft porträtiert worden. Darüber hinaus schreibt
Zeit-Politikchef Bernd Ulrich eine Kolumne, Zeit-Chefredakteur Giovanni di
Lorenzo spricht mit einem Pater über Männerfragen.
Und doch: Selbstfindung funktioniert im Wesentlichen über Konsum?
Das nicht, aber ich sehe keinen Widerspruch zwischen den großen und den
kleinen Fragen des Lebens. In einem Moment denken Sie vielleicht darüber
nach, welche Jeans Sie tragen, und im nächsten fragen Sie sich: Was soll
eigentlich aus mir werden? Wovon träume ich?
Im Magazin schreiben, von zwei Texten abgesehen, nur Männer. Warum haben
Sie nur so wenige Autorinnen in Erwägung gezogen?
Elisabeth Raether ist feste Kolumnistin, außerdem wird in jeder Ausgabe
eine spannende Frau über die Männer ihres Lebens erzählen, diesmal ist es
Gisela Getty. Wie im Zeit-Magazin schauen wir nicht zuallererst darauf, ob
eine Frau oder ein Mann schreibt, sondern ob es eine gute Journalistin oder
ein guter Journalist ist. In der nächsten Ausgabe schreiben vielleicht mehr
Autorinnen.
Die Zeit wird zu 44 Prozent von Frauen gelesen, die LeserInnenschaft ist
damit weiblicher als bei vergleichbaren wöchentlichen Printmedien. Wann
kommt denn das Zeit-Magazin Frau?
Wir starten jetzt den „Mann“. In dem Bereich gibt es unserer Ansicht nach
eine große Lücke auf dem Markt: Ein Magazin für erwachsene Männer.
Tatsächlich haben wir auch einige Reaktionen von Frauen bekommen, die wie
Sie danach gefragt haben. Auf Instagram habe ich gesehen, dass eine Leserin
ihrem Freund ein Zeit-Magazin Mann für die gemeinsame Zugfahrt gekauft hat.
Ich bin sicher, sie wird auch mitlesen.
11 Sep 2016
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Zeit Magazin
Chefredakteur
Männer
Lifestyle
Zeitschriften
EuGH
Lesestück Recherche und Reportage
Stefan Aust
Nachtleben
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